Frage an Mark Helfrich von Klaus J. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Helfrich,
warum sperrt sich die CDU gegen die Abschaffung der Doppelverbeitragung von Direktversicherungen, Betriebsrenten? 2004 wurde die, mit unterstützung der Unionsparteien, eingeführt. Bei der betrieblichen Riester-Rente wurde sie abgeschafft, warum nicht bei den Pensionskassen und Pensionsfonds. Was ist das für eine Logik? Die betriebliche Altersvorsorge wird damit zur Farce, wenn Betriebsrentner annähernd 20 Prozent an die Krankenkasse abführen müssen.
Sehr geehrter Herr J.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das Thema der sog. Doppelverbeitragung Krankenversicherung auf Betriebsrenten war in der vergangenen Legislaturperiode und auch erst in diesem Sommer in den parlamentarischen Gremien des Deutschen Bundestages sehr präsent.
So haben sich die Arbeitsgruppen Gesundheit sowie Arbeit und Soziales der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag sowie die Bundesfachausschüsse Gesundheit und Pflege sowie Arbeit und Soziales der CDU Deutschlands im letzten Jahr intensiv des Themas angenommen. Eine Expertenanhörung des Ausschusses für Gesundheit im Deutschen Bundestag hat sich am 27. Januar 2016 ausführlich mit der Problematik der vollen Krankenversicherungsbeiträge (KV-Beiträge) auf Versorgungsbezüge, wie z. B. Betriebsrenten, und auf Direktversicherungen befasst. Eine entsprechende Petition ist auch im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages anhängig (PET 2-18-15-8272-003156). Eine Entscheidung des Ausschusses steht noch aus, eine Terminierung liegt nach meinem Kenntnisstand noch nicht vor. Darüber hinaus hat der 29. CDU-Parteitag im Jahr 2016 in Essen beschlossen: „Beschluss C 159: Keine doppelte Belastung bei der Auszahlung der privaten Lebens- und Rentenversicherungen. Die Belegung von Lebens- und Rentenversicherungsleistungen mit Steuern und Sozialabgaben ist einer erneuten Prüfung zu unterziehen, soweit die Lebens- und Rentenversicherungsbeiträge aus dem Netto-Einkommen der Versicherten gezahlt wurden, mit dem Ziel, eine Doppelbelastung zu unterbinden.“ Auch auf dem Parteitag in diesem Jahr in Hamburg gab es mehrere Beschlüsse C 37, C 45, C 132, C 168, mit denen gegen doppelte Sozialabgaben auf private Altersvorsorge votiert wurde.
Die Prüfung einer Abschaffung der KV-Beiträge, insbesondere wegen der großen finanziellen Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung, dauert noch an.
Es gibt eine Reihe von Kollegen aus meiner Fraktion, die ebenso wie ich für Unmut der Betroffenen großes Verständnis haben. Dies zeigt nicht zuletzt der o.g. Parteitagsbeschluss.
Seitens der Fachpolitiker und es Gesundheitsministeriums werden folgende Argumente angeführt, die tatsächlich nicht ganz von der Hand zu weisen sind.
Vor dem GKV-Modernisierungsgesetz haben die eigenen Beitragszahlungen der Rentner im Jahr 2003 gerade einmal 43 Prozent ihrer Leistungsausgaben in der Krankenversicherung abgedeckt, hingegen waren es im Jahr 1973 noch gut 70 Prozent. Zu berücksichtigen ist, dass die Anzahl der Altersrentner und deren Ausgaben in der Krankenversicherung stetig steigen. Bei einer Abschaffung oder Minderung der Beitragspflicht für diesen Bereich müssten die damit verbundenen Mindereinnahmen durch einen größeren Solidarbeitrag der übrigen Beitragszahler aufgefangen werden. Mit Blick auf das Gebot der Solidarität und die Generationsgerechtigkeit ist dies den erwerbstätigen Beitragszahlern schwer zu vermitteln. Dies gilt auch in Hinblick darauf, dass die jüngeren Beitragszahler bereits jetzt schon einen wesentlich größeren Solidarbeitrag für ältere Beitragszahler leisten als vorangegangene Generationen.
Die Politik sieht sich oft mit dem Vorwurf konfrontiert, es sei gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen worden. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit allerdings sinngemäß festgestellt: Mit dem GMG wurden Veränderungen mit Wirkung für die Zukunft vorgenommen. Da das System der gesetzlichen Krankenversicherung bereits seit langem unter erheblichem Kostendruck steht und es daher auch immer wieder Bemühungen des Gesetzgebers auf Einnahmen- und Ausgabenseite gibt, auf diese Entwicklung zu reagieren, konnten und können Versicherte nicht auf den Fortbestand privilegierender Vorschriften vertrauen. So mussten und müssen auch Rentner ihren Beitrag zur Erhaltung der Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung leisten und damit jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die Rentner entlasten. Dazu werden sie entsprechend ihres Einkommens zur Finanzierung herangezogen. Vor diesem Hintergrund hat auch das Bundesverfassungsgericht keinen Verstoß gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes erkennen können. Vielmehr hat es zum Ausdruck gebracht, dass die Versicherten, nachdem der Gesetzgeber bereits mit dem Rentenanpassungsgesetz 1982 die laufenden Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht einbezogen hatte, dem Fortbestand der Rechtslage nicht uneingeschränkt vertrauen konnten.
Dies erschwert die Bemühungen zusätzlich, die geltende Rechtslage zu ändern.
Mit freundlichen Grüßen
Mark Helfrich