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Marie-Luise Dött
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Frage von Dr. Stefan J. •

Frage an Marie-Luise Dött von Dr. Stefan J. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Dött,

mit Interesse habe ich Ihre Antwort auf die Frage von Herrn Landgraf gelesen. Als ehemaliger NRW-Landeskoordinator schwuler Seniorenarbeit und jetziger Koordinator für Köln kann ich nur die Frage von Herrn Landgraf erneut stellen, die Sie leider nicht beantwortet haben.
Wie gehen Sie persönlich mit der Ungerechtigkeit der Erbschaftsregelung für Menschen um, die Jahrzehnte füreinander Sorge getragen haben?

Aus meiner Arbeit ist mir das Schicksal einiger Senioren bekannt , die nach 40 Jahren Partnerschaft durch den Tod getrennt wurden. Die Überlebenden mussten das gemeinsam erworbene Haus/ bzw. die Wohnung verkaufen.

Diese Folgen struktureller Diskriminierung empfinde ich an sich schon entwürdigend und unerträglich - zudem homosexuelle Männer aufgrund iher Lebensgeschichte häufiger psychische und soziale Einschränkungen als heterosexuelle haben (3 1/2 fach höhere Depressionsrate, 5 fach höhere Suizidrate und 25 % leben sehr isoliert) und im Todesfall dann auch noch zusätzlich belastet werden durch den Verlust des jahrzehntelangen Heimes.
Für mich als Christ ist eine unterlassene Angleichung der Erbschaftsregelung schlicht und einfach eine Versündigung vor Gott - und auf keinen Fall getragen von Liebe und Respekt dieser Menschengruppe gegenüber.

Angesichts des Schicksals vieler Schwuler, die vor 1969 ihr Coming-Out hatten und der Verfolgung durch Behörden ausgesetzt waren (und damals reichte ja schon der Verdacht von H. zur Vernichtung der bürgerlichen Existenz) kann ich als Christ auch einfach nicht verstehen, dass man diesen Männern nicht die Würde zurückgibt, die sie verdienen. Ich kenne/ kannte persönlich zwei Männer, die sowohl im KZ waren, als auch später wiederholt ins Gefängnis kamen - im Namen der jungen Bundesrepublik.

Ich kann nur an Ihre Menschlichkeit und Ihr christliches Gewissen appellieren, sich doch für eine Angleichung der Erbschaftsregelung einzusetzen - dies wäre wirkliche Wiedergutmachung & Gerechtigkeit

Ihr Dr. Stefan Jüngst

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Antwort von
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Sehr geehrter Her Dr. Jüngst,

aus Ihrem Arbeitsbereich wissen Sie dann vielleicht auch, daß für nichteheliche Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Partner, die nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz eine Lebenspartnerschaft wirksam begründet haben, inzwischen in nahezu allen Sozialleistungsbereichen und insbesondere auch im Recht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung eine weitgehende Annäherung an die Stellung von Ehegatten eingetreten ist.

Aufgrund des Gesetzes zu eingetragenen Lebenspartnerschaften sind – als wohl wichtigste Änderung gegenüber dem früheren Rechtszustand im Sozialrecht – eingetragene Lebenspartner, die selbst nicht versichert sind, nunmehr in die beitragsfreie Familienversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung einbezogen und damit den Ehegatten gleichgestellt worden, soweit sie die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SGB V bzw. § 25 Abs. 1 SGB XI erfüllen.

Die Partner sonstiger nichtehelicher Lebensgemeinschaften, d. h. Partner heterosexueller oder auch nicht eingetragener gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, werden dagegen im Recht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bis heute auch dann nicht wie Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner behandelt, wenn sie mit dem Mitglied in eheähnlicher Gemeinschaft leben. Sie zählen mithin auch dann nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis, wenn der Versicherte ihnen Unterhalt gewährt.

Ich kann nicht nachvollziehen, dass Sie es für unchristlich und unmenschlich halten, wenn die eingetragene homo-sexuelle Lebenspartnerschaft vom Staat nicht privilegiert wird (z.B. durch eine geringere Erbschaftssteuer). Aus dieser Tatsache eine Diskriminierung zu machen, halte ich für übertrieben.

Mit freundlichem Gruß

Marie-Luise Dött, MdB