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Marie-Luise Dött
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Frage von Dr. Lienhard W. •

Frage an Marie-Luise Dött von Dr. Lienhard W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Liebe Frau Dött,

nachdem jetzt die Groko ihren Klimapakt vorgestellt hat, bin ich schockiert. Denn dieses Abkommen wird der Krise nicht gerecht. Vielmehr ist es der übliche kleinste gemeinschaftlich Nenner, der zur Routine des Politikbetriebes gehört. Der umfassenden globalen Bedrohung unserer Lebensgrundlagen wird dieser eingefahrene Politikstil nicht gerecht.

In diesem Zusammenhang habe ich einige Fragen an Sie:

Meines Wissens kostet in der Schweiz eine Tonne CO2 90 Euro. Warum nicht auch bei uns? Warum verhindern Sie mit dem Klimapakt der Groko, daß klimaschädliches Verhalten teuer wird und klimafreundliches Verhalten sich lohnt? Warum bauen Sie nicht umweltschädliche Subventionen ab, z. B. das Dieselprivileg und die skandalöse Steuerbefreiung für Kerosin oder die Pendlerpauschale? Damit würden auch Mittel freiwerden, um die Klimaschutz-Wende zu finanzieren. Warum setzt die Groko nicht auch beim Freihandelsabkommen mit den Mercosourstaaten klimapolitische Akzente? Warum wird der Freihandel nicht an eine Aufforstung des Regenwaldes geknüpft?

Was nützt uns eine Groko, wenn Sie gegenüber kurzfristigen Lobbyinteressen einknicken?

Beste Grüße
Lienhard W.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Nachricht über abgeordnetenwatch vom 21. September 2019. Darin kritisieren Sie die aktuellen Beschlüsse der Großen Koalition und des Klimakabinetts.

Ihre Einschätzung, dass das nun vorliegende Gesamtpaket nicht den globalen Herausforderungen beim Klimaschutz entspricht, akzeptiere ich – wenngleich ich sie nicht teile. Ich finde, wir haben mit den Beschlüssen gezeigt, dass wir unser Klimaziel für 2030, nämlich den CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um 55 Prozent zu reduzieren, erreichen können. Damit halten wir auch gleichzeitig die europäischen Vorgaben sowie den Beitrag der EU im Rahmen des UN-Klimaabkommens von Paris ein.

Das von Ihnen angesprochene Gesamtpaket enthält neben den rund 60 Einzelmaßnahmen auch die Einführung der CO2-Bepreisung in den Sektoren Wärme und Verkehr sowie Entlastungen für besonders betroffene Bürgerinnen und Bürger vor. Nun kann man kritisieren, dass der Einstiegspreis in Höhe von 10 Euro im Jahr 2021 zu niedrig ausfällt. Andere Länder haben hier bereits höhere Sätze, wie Sie mit Hinweis auf die Schweiz richtig festgestellt haben. Entscheidender als die Höhe des Einstiegspreises ist jedoch der aufgezeigte Entwicklungspfad. Wir haben nun einen transparenten Fahrplan wo die Reise hingeht. Jede und jeder kann sich nun darauf einstellen, dass Heizen und Autofahren auf Basis von konventionellen Energieträgern teurer werden. Klimafreundliches Verhalten wird sich also lohnen und auch in den Preisen niederschlagen. Und die Menschen werden das schon heute in ihre Investitionsentscheidungen miteinbeziehen. Diese Empfehlung haben uns auch die in die Beratungen involvierten Wissenschaftler gegeben. Übrigens: Frankreich startete 2014 mit einem CO2-Preis in Höhe von 7 Euro. Insofern stellt das deutsche Vorgehen jetzt keine Besonderheit dar.

Ein weiterer Grund rechtfertigt aus meiner Sicht einen moderaten Einstieg in die CO2-Bepreisung für konventionelle Energieträger im Verkehrs- und Gebäudebereich. Die Union steht für eine Klimaschutzpolitik, die nicht eindimensional, sondern am Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Das heißt, Klimaschutzmaßnahmen müssen ökologisch wirkungsvoll, sozial gerecht und ökonomisch vertretbar sein. Viele Menschen in den ländlichen Räumen haben derzeit noch nicht die Möglichkeit, den Umstieg auf emissionsärmere Fahrzeuge oder den öffentlichen Nahverkehr zu vollziehen. Daher starten wir mit den im Klimapaket beschlossenen Einzel- und Fördermaßnahmen. Erst dadurch werden die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt, andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Ein zu hoher Einstiegspreis würde diese Menschen schlichtweg überfordern. Effektive Klimaschutzpolitik lebt von ihrer breiten Akzeptanz in der gesamten Bevölkerung. Daher ist es richtig und vernünftig, dass die Union alle gesellschaftlichen Gruppen in den Blick nimmt. Dadurch halten wir unsere Gesellschaft zusammen.

Abschließend noch zwei kurze Bemerkungen zu Ihren Forderungen nach einer Kerosinsteuer sowie der Verknüpfung von klimapolitischen Akzenten in Freihandelsabkommen. Im internationalen Luftverkehr gibt es internationale Regelungen, die ein nationales Handeln (in diesem Fall die Besteuerung von Kerosin) erschweren. So ist beispielsweise im Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer Abkommen) festgelegt, dass es zu keiner Besteuerung von Kerosin für internationale Flüge kommen darf. Eine nationale Besteuerung von Kerosin auf Inlandsflüge ist vor dem Hintergrund der Klimaschutzwirkung mehr als fraglich. Meiner Ansicht nach würden Kunden auf andere Drehkreuzflughäfen im nahen europäischen Ausland ausweichen und damit den CO2-Ausstoß lediglich verschieben. Die Große Koalition hat sich daher für einen anderen Weg entschieden. Dumpingpreise für Flugtickets sollen in Zukunft verhindert werden, indem diese nicht zu einem Preis unterhalb der anwendbaren Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren verkauft werden dürfen.

Das EU-Mercosur-Abkommen beinhaltet ein ehrgeiziges Nachhaltigkeitskapitel mit verbindlichen Regelungen zu Arbeit, Umwelt und Klima. Darin ist auch verankert, die nachhaltige Waldwirtschaft zu fördern und illegalen Holzeinschlag zu unterbinden. Zudem verpflichten sich die Vertragsparteien, Arbeits- und Umweltstandards nicht zur Förderung von Handel oder Investitionen zu senken. Im Nachhaltigkeitskapitel wird ausdrücklich die effektive Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens festgelegt. Somit besteht mit diesem Kapitel ein zusätzlicher Hebel, um die Partnerländer und insbesondere Brasilien an das Pariser Klimaschutzübereinkommen zu binden. Für die Mercosur-Staaten gehören dazu auch Bestimmungen gegen Entwaldung. Insofern ist Ihre Forderung bereits umgesetzt.

Mit freundlichen Grüßen
Marie-Luise Dött