Frage an Marie-Luise Dött von Erik L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dött,
im Internet habe ich von einer geplanten Novellierung des Melderechts gelesen ( http://www.campact.de/melderecht/info/5min ).
Darin wird berichtet, daß neben einer Modernisierung des bisherigen Gesetzes von 1980 eine Neuerung dahingehend enthalten sein soll, daß Auskünfte über jede im Melderegister gespeichterte Person mit allen Daten an Anfragende zu Werbezwecken VERKAUFT werden dürfen. Auch erweist sich offensichtlich, dass Einsprüche der Einwohner bei Meldebehörden nicht gelten, da die anfragenden Adresshändler die Meldedaten zur "Aktualisierung" ihrer bestehenden Datensätze trotzdem bekommen dürfen.
Dieses stellt aus meiner Sicht eine grobe Verletzung der Bürgerrechte auf Datenschutz dar, sollte diese Gesetzesvorlage, die u.a. auch von Ihrer Partei (!!!) eingebracht wurde, so durch den Bundesrat beschlossen werden.
Ich bitte Sie, mir Ihren Standpunkt als Bürgerin und vor allem auch als CDU-MdB dazu darzulegen, da ich einen solchen Eingriff als einer Demokratie unwürdig empfinde. Auch ist es aus meiner Sicht äußerst fragwürdig, welche Einflußnahme von seiten der Lobbyverbände der Werbewirtschaft hier auf die einzelnen Budestagsabgeordneten und Mitglieder des Innenausschusses (u.a. auf Ihren Parteikollegen Wolfgang Bosbach) erfolgte. Bitte erklären Sie mir, aus welchen Motiven dieser Passus seitens CDU/FDP NACHTRÄGLICH in den Entwurf zum neuen Gesetz aufgenommen wurde.
Wie werden Sie abstimmen, wenn dieser Gesetzentwurf im Bundestag verabschiedet wird?
Beste Grüße aus Dinslaken
Erik Lachmann
Sehr geehrter Herr Lachmann,
zunächst einmal danke ich Ihnen für Ihre Fragestellung zur aktuellen Diskussion um den Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Meldewesens, der vom Deutschen Bundestag bereits am 28. Juni 2012 in 2. und 3. Lesung abschließend beraten wurde. Die Zustimmung des Bundesrates steht noch aus.
Die Kritik und Presseberichterstattung richtet ihr Augenmerk vornehmlich auf § 44 Bundesmeldegesetz (BMG). In diesem ist vorgesehen, daß die einfache Melderegisterauskunft für Zwecke der Werbung und des Adreßhandels ausgeschlossen ist, wenn der Bürger dagegen Widerspruch einlegt. Heute gibt es lediglich die Möglichkeit, der automatisierten Auskunft über das Internet zu widersprechen; die Auskunft im manuellen, schriftlichen Verfahren bleibt bislang von einem Widerspruch unberührt. Im Gegensatz zum noch geltenden Melderecht, das für die sog. einfache Melderegisterauskunft keine speziellen Voraussetzungen vorsieht, soll künftig die Erteilung der einfachen Melderegisterauskunft für Zwecke der Werbung und des Adreßhandels auch an enge Voraussetzungen und Rechtsfolgen geknüpft werden. So sieht der Gesetzentwurf die Notwendigkeit der Angabe der Zwecke „Werbung“ bzw. „Adreßhandel“, soweit dieser Zweck verfolgt wird, vor. Zudem steht jedem Bürger ein Widerspruchsrecht zu, und die Meldebehörde hat die Pflicht, bei Anmeldung sowie jährlich durch ortsübliche Bekanntmachung auf das Widerspruchsrecht hinzuweisen.
Die im Gesetzentwurf formulierte Lösung sieht also vor, daß bei der einfachen Melderegisterauskunft für Zwecke der Werbung oder des Adreßhandels eine wirksame Widerspruchsregelung geschaffen wird, dennoch kann ich Ihre Kritik nachvollziehen und Ihren Ärger verstehen. Auch ich bin der Meinung, daß die Verantwortung über die eigenen Daten bei jedem einzelnen selbst liegen sollte. Ich würde daher eine Zustimmungslösung der Widerspruchslösung vorziehen. Letztlich bleibt das weitere Verfahren, und zwar die Behandlung des Gesetzentwurfs im Bundesrat, abzuwarten. Ich denke, daß es da einigen Gesprächsbedarf geben wird. Es ist nicht auszuschließen, daß es noch Änderungen geben wird.
Mit freundlichen Grüßen
Marie-Luise Dött