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Marie-Luise Dött
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Frage von Rüdiger F. •

Frage an Marie-Luise Dött von Rüdiger F. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Dött,

soeben habe ich mir die „Tagesthemen“ angesehen.
Demnach wird eine „Brennelemente-Steuer“ eingeführt.
Zudem noch andere Abgaben.
Allerdings vermisse ich folgenden Satz:
„Diese Steuern und Abgaben dürfen nicht weitergegeben werden“.
Wenn Sie denken, diese Kosten werden nicht auf die Stromrechnung draufgeschlagen, dann sind Sie Blauäugig.
Wer soll diese horrenden Stromkosten noch bezahlen?
Wenn Atomstrom so billig ist, warum werden dann die Strompreise nicht gesenkt?
Man muss schon im Besitz von RWE oder Eon-Aktien sein, denn von der Rendite läst sich sehr gut die nächste Stromrechnung bezahlen.
Was aber ist mit dem normalen Bürgern?
Die Raffgier der Stromhersteller ist einfach beispiellos.
Wir bezahlen schon heute mit die Höchsten Strompreise in Europa!
Und das mit dem Atommüll bezahlt auch noch der Steuerzahler, statt wie üblich der Verursacher.
Wenn die Koalition so weitermacht, dann wird sie die nächsten Wahlen nicht Überleben.
Denn der Bürger hat ein gutes Gedächtnis.

Rüdiger Fäcks

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Fäcks,

in Ihrer Mail teilen Sie mir Ihre Befürchtung über steigende Stromkosten mit und bitten mich um Stellungnahme.
Wie bei Ihrer Fragestellung auch, konzentriert sich die öffentliche Diskussion über das Energiekonzept bisher fast ausschließlich auf den Bereich Strom und dabei vornehmlich auf die Kernenergie. Unser größter Handlungsbedarf liegt dagegen in der Gebäudesanierung und im Verkehr. Heute entfallen z. B. auf Gebäude etwa 40 % unseres Energieverbrauchs. Ohne eine deutliche Reduzierung des Energieverbrauchs in diesen Bereichen wird Deutschland seine Klimaziele und seine energiepolitischen Absichten nicht erreichen.
Das Energiekonzept formuliert jedoch nicht nur Ziele und Strategien, sondern enthält für alle Sektoren (Industrie, Gebäude, Verkehr und Haushalte) insgesamt mehr als 60 konkrete Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind über ein neu zu errichtendes Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ finanziert! Beginnend mit 300 Mio. € im nächsten Jahr wächst der vereinbarte Finanzrahmen ab dem Jahr 2017 auf voraussichtlich rund 3 Mrd. € jährlich an. Darüber hinaus werden wir alle 3 Jahre von einer unabhängigen Stelle überprüfen lassen, ob wir noch auf dem Zielpfad sind und – wenn nicht – woran dies liegt. Das erlaubt ein schnelles Eingreifen der Politik, falls uns dieses Monitoring einen falschen Kurs signalisiert.
Die wichtigsten fünf Handlungsfelder des Energiekonzepts sind:
1. Der Ausbau der erneuerbaren Energien
2. Der Ausbau der Stromnetze und Speicher
3. Energieeffizienz als Schlüsselfrage
4. Die energetische Gebäudesanierung
5. Die Nutzung der Kernenergie als Brücke

In Zukunft sollen die erneuerbaren Energien den Hauptanteil der Energieversorgung übernehmen. Ziel ist, die Erneuerbaren Energien dynamisch auszubauen, so dass ihr Anteil am Energieverbrauch 30 % bis 2030 und 60 % bis 2050 beträgt. An der Strom-versorgung soll der Anteil sogar auf 50 % bis 2030 und 80 % bis 2050 steigen. Erneu-erbare Energien entwickeln sich damit zunehmend zur zentralen Säule der Energiever-sorgung und zu einem Treiber für Innovationen und Modernisierung der Energiewirt-schaft.
Wir wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben und zugleich den Druck auf Innovationen und Kostensenkungen weiter verstärken. Nur so bleiben die entsprechenden Branchen international wettbewerbsfähig und die Kosten für die Verbraucher im Rahmen. Wir werden den Einspeisevorrang erhalten und zugleich die Förderung wirtschaftlicher und die Einspeisung effizienter gestalten. Das bedeutet insbesondere eine schrittweise, aber zügige Heranführung an den Markt und damit eine stärker bedarfsgerechte Erzeugung und Nutzung der erneuerbaren Energien. Künftig soll das EEG stärker am Markt orientiert werden und der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien in stärkerem Maße marktgetrieben erfolgen. Wir werden dazu u. a. eine optionale Marktprämie und auch einen Stetigkeitsbonus prüfen, die Anreize zu einer stärker bedarfsgerechten Erzeugung und Nutzung der erneuerbaren Energien setzen.
Ein modernes und leistungsfähiges Stromnetz ist die entscheidende Voraussetzung für eine Stromversorgung, die weitgehend auf erneuerbaren Energien beruht. Besonders wichtig ist der Ausbau der Nord-Süd-Trassen. Zukünftig wird viel Strom in Offshore-Windparks im Norden produziert, der über „Stromautobahnen“ in die Verbrauchszentren im Süden und Westen transportiert werden muss. Wir werden deshalb ein umfassendes „Zielnetz 2050“ schaffen, das das Bestandsnetz weiterentwickelt sowie Planungen für den Ausbau der Nord-Süd-Trassen enthält. Eine schnelle Netzanbindung der Offshore-Windparks mit einer so genannten Cluster-Anbindung ist die Voraussetzung dafür, dass zügig investiert wird. Ergänzt wird dies durch den Ausbau von Grenzkuppelstellen zu unseren Nachbarländern.
Im Verkehrsbereich liegt der Schwerpunkt sowohl in der Erhöhung des Biokraftstoff-anteils als auch im Ausbau der Elektromobilität.
Das Energiekonzept wird u. a. mit dem Argument kritisiert, dass die Verlängerung der Laufzeiten für die Kernkraftwerke den Ausbau der erneuerbaren Energien behindern oder gar verhindern würde. Dies ist nicht richtig:
Es bleibt beim Einspeisevorrang der Erneuerbaren Energien. Wenn Strom aus Erneuerbaren Energien eingespeist wird, haben andere Erzeugungsformen zurückzustehen. Es bleibt bei den garantierten Vergütungen des EEG. Die Laufzeitverlängerung sieht zudem in Fünf-Jahres-Schritten abnehmende Auslastungen der Kernkraftwerke vor. Während das geltende Atomgesetz noch eine Auslastung von 95 % unterstellt, wird diese ab 2017 auf 90 % und ab 2022 auf 85 % absinken. Daraus ergeben sich auch größere Spielräume für die erneuerbaren Energien.
In Deutschland bestehen weiterhin erhebliche Potentiale zur Energie- und Stromeinsparung. Ökonomische Anreize sowie verbesserte Information und Beratung sollen dazu beitragen, dass Wirtschaft und Bürger in Eigenverantwortung die ungenutzten Potentiale der Energieeffizienz aus eigenem Antrieb erschließen und dadurch Energiekosten sparen und die Umwelt entlasten.
Wir werden aus dem Sondervermögen ab 2011 beim BMWi einen Energieeffizienzfonds nach Maßgabe des Wirtschaftsplans des Energie- und Klimafonds auflegen, und damit Anreize für umfassende Energieeffizienzmaßnahmen für Verbraucher, Mittelstand und vor allem in Kommunen setzen. Die erfolgreiche Nationale Klimaschutzinitiative des BMU wird ab 2011 mit zusätzlichen finanziellen Mitteln aus dem Sondervermögen nach Maßgabe des Wirtschaftsplans des Energie- und Klimafonds ausgestattet. Ab 2013 wollen wir den Spitzenausgleich der Industrie bei Energie- und Stromsteuer nur noch gewähren, wenn die Betriebe einen Beitrag zu Energieeinsparungen leisten. Der Nachweis der Einsparung kann durch die zertifizierte Protokollierung in Energiemanagementsystemen oder durch andere gleichwertige Maßnahmen erfolgen. Damit bleibt die Umsetzung der Maßnahmen den Unternehmen vorbehalten.
Mittelfristig wird auch die hoch effiziente Nutzung von Kohle eine Rolle spielen. Das ist notwendig, um ausreichend Ausgleichskapazitäten für erneuerbare Energien bereitzustellen und gleichzeitig CO2 im Kraftwerkspark einzusparen. Zur Modernisierung des fossilen Kraftwerkparks wird die im europäischen Energie- und Klimapaket vereinbarte Möglichkeit genutzt, ab 2013 den Neubau von CCS-fähigen hoch effizienten Kraftwerken mit bis zu 15 % der Investitionskosten zu unterstützen. Um den Wettbewerb auf dem Strommarkt zu stärken, wird diese Förderung nur für Kraftwerksbetreiber mit einem Anteil von weniger als 5 % an den deutschen Erzeugungskapazitäten gewährt. Investitionen von kommunalen Energieerzeugern werden somit unterstützt sofern es sich um CCS-fähige Kraftwerke, vorrangig Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung, handelt.
Zu den Bedenken der Kommunen und der kommunalen Energieversorger, dass das Energiekonzept die Monopolsituation der vier großen Energieversorger deutlich stärken würde, ist auf folgendes hinzuweisen:
Die Kernbrennstoffsteuer wird die Gewinne von E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW um insgesamt 2,3 Mrd. € jährlich bis 2016 schmälern. Zwischen 2011 und 2016 werden die vier großen Energieversorger weitere 1,4 Mrd. € in ein Sondervermögen des Bundes abführen. Ab 2017 werden von jeder Kilowattstunde Kernenergiestrom, der aus der Laufzeitverlängerung stammt, 0,9 Cent in dieses Sondervermögen gezahlt. Hierdurch werden die Bilanzen der vier großen Energieversorger um insgesamt mehr als 16 Mrd. € belastet.
Wir werden darüber hinaus im Rahmen des Effizienzfonds und der Nationalen Klimaschutzinitiative Mittel in dreistelliger Millionenhöhe u.a. auch für die Kommunen bereit stellen. Zudem wird auch hier die bereits oben dargestellte reduzierte Auslastung der Kernkraftwerke ab 2017 und ab 2022 zunehmende Spielräume für die kommunale Stromerzeugung eröffnen.
Große Energiemengen werden bisher in alten Gebäuden mit einem schlechten energetischen Standard verschwendet. Mit einem ambitionierten Programm zur Gebäudesanierung werden wir die Heizkosten senken, die Importe von Öl und Gas vermindern und die Voraussetzung dafür schaffen, dass Deutschland seine Klimaziele erreicht. Die heutige jährliche Sanierungsquote von 1 % wollen wir deshalb verdoppeln.
Die Bundesregierung wird einen langfristigen Sanierungsfahrplan mit dem Ziel einer Reduktion des Primärenergiebedarfs der Gebäude auf 80 % einführen. Dieses Ziel ist nur mit einer Fülle von Maßnahmen zu erreichen. Dabei ist besonders wichtig, Anreizsysteme und Planungssicherheit für die Eigentümer zu schaffen. Daher setzen wir ganz auf Eigenverantwortung und Vernunft von Wirtschaft und Bürgern - und nicht auf Zwang und Bürokratie. Die Devise "Fördern" hat klaren Vorrang gegenüber dem "Fordern". Zwangsmaßnahmen sowie unwirtschaftliche Sanierungen lehnen wir ab. So werden wir u.a. das erfolgreiche CO2-Gebäudesanierungsprogramm finanziell besser ausstatten, das Marktanreizprogramm zur Förderung erneuerbarer Energien wird mit zusätzlichen Mitteln fortgeführt und ein kommunales Förderprogramm „Energetische Städtebausanierung“ wird bei der KfW geschaffen. Auch wird das Mietrecht novelliert, um stärkere Anreize zur energetischen Gebäudesanierung zu schaffen und die Möglichkeiten des Energie-Contracting werden erweitert, damit vor allem auch im Mietwohnungsbereich bestehende Einsparpotentiale effizient realisiert werden können. Wir werden das Erneuerbaren-Energien-Wärmegesetz technologieoffener ausgestalten. Außerdem wird die Bundesregierung selbstverpflichtend bei künftigen Neubauten und bei bestehenden Liegenschaften eine Vorbildfunktion bei der Reduzierung des Energiever-brauchs einnehmen.
Die Verlängerung der Laufzeiten der 17 Kernkraftwerke im Durchschnitt um 12 Jahre erlaubt einen stabilen technischen und kosteneffizienten Übergang zu den erneuerbaren Energien. Dieser Übergang ist nicht zum Nulltarif zu bekommen. Das erfordert erhebliche Anstrengungen, Zeit und auch Geld. Die Laufzeitverlängerung für die Brückentechnologie-Kernenergie verbunden mit dem Energie- und Klimafonds geben uns die Zeit und das Geld um den Umbau des Energiesystems leisten zu können.
Für die ältesten 7 Kraftwerke mit Betriebsbeginn vor 1980 wird die Laufzeit um 8 Jahre verlängert, für die jüngeren Kraftwerke um 14 Jahre. Basis für unsere politische Entscheidung sind der Aufbau der notwendigen Infrastruktur, die Sicherheit der Kernkraftwerke und verfassungsrechtliche Aspekte. Zukünftig wird der Betrieb der Kernkraftwerke an die Einhaltung eines dynamischen Sicherheitsstandards, der sich aus dem fortschreitenden Stand von Wissenschaft und Technik ableitet, geknüpft. Im Gegensatz dazu wurde im Rahmen der rot-grünen Atomvereinbarung auf verschärfte Sicherheits-anforderungen gegenüber dem geltenden Recht verzichtet, obwohl auch nach der damaligen Vereinbarung die Kernkraftwerke noch mehr als 20 Jahre am Netz bleiben sollten.
Für die Jahre 2011 bis 2016 wird eine Brennelementesteuer eingeführt, die zu Einnahmen von 2,3 Mrd. € im Jahr führen wird. Ergänzend dazu leisten die Kraftwerksbetreiber Sonderzahlungen für diesen Zeitraum. Ab 2017 werden die vier großen Energieversorger 9 € je MWh Kernenergiestrom, der aus der Laufzeitverlängerung resultiert, als Gewinnabschöpfung an ein Sondervermögen des Bundes abführen. Aus diesem Fonds werden Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz und Investitionen in erneuerbare Energien gefördert.
Die weltweit steigende Energienachfrage und der Klimawandel sind die ökonomischen und ökologischen Treiber unserer ambitionierten Energie- und Klimaschutzpolitik. Innovative Produkte und Dienstleistungen zur Senkung der Energiekosten und Nutzung erneuerbarer Energien werden wichtige Märkte des 21. Jahrhunderts sein. Deutschland ist für diese Technologien heute Weltmarktführer. Angesichts des sich verschärfenden globalen Wettbewerbs um effiziente und ressourcenschonende Wirtschaftsweisen werden wir unsere Technologieführerschaft und Innovationskraft nur dauerhaft sichern,
wenn diese Branchen ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit über Forschung und Innovation herstellen. Das Zusammenwirken der neuen Hochtechnologien und der Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer hocheffizienten Industrie ist darum auch die wichtigste Wachstumsstrategie, um Beschäftigung und Wohlstand in unserem Land nachhaltig zu sichern.
Unser Energiekonzept gibt Sicherheit für langfristige Planungen und Investitionen, es setzt unsere Ziele um, wie wir sie im Koalitionsvertrag vereinbart haben.
Wir sagen verlässlich, welchen Weg wir gehen werden – das unterscheidet uns von den anderen!

Mit freundlichem Gruß

Marie-Luise Dött