Frage an Marie-Luise Dött von Sandra B. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Dött,
ich habe folgende Situation: Ich habe von 1985 bis 2006 (einschließlich Lehre) als Vollzeitkraft gearbeitet. Dann kam unsere Tochter zu Welt und ich habe knapp elf Monate nicht gearbeitet. Da es ja heute sehr schwierig ist , mit einem Gehalt auszukommen, habe ich eine Arbeit auf 400 € angenommen. Von Januar 2009 bis April 2009 habe ich die Stundenzahl erhöht und auf Steuerkarte gearbeitet. Jetzt wurde ich zum 01.05.09 völlig überraschend gekündigt und musste bei der Arbeitsagentur erfahren, das der Rahmen für die Anrechnung 2 Jahre sind, somit steht mir kein ALGE I zu. Heute habe ich mir die Unterlagen für ALGE II abgeholt, wobei wir nicht mal wissen, ob uns etwas zusteht, und muss diesen Antrag einreichen. Alternativ gäbe es Wohngeld und Kindergeldzuschuß. Ich weiß von der Mitarbeiterin heute morgen, das es wohl ein Anrechnungszeit von drei Jahren gegeben hat, in die wäre ich dann rein gekommen, weil meine Elternzeit angerechnet würde.
Das heißt für mich und meine Familie, einen finanziellen Einbruch um knapp fünfhundert Euro pro Monat, unverschuldet. Mich interessiert, warum z. B Frau von der Leyen ständig mehr Kinder fordert, aber Leute wie mich bestrafen und nicht absichern, weil ich aufgrund meiner Tochter "nur" 12 Stunden gearbeitet habe? Unter welcher Regierung wurde diese Anwartzeit geändert und mit welchen Sinn ?
Vielen Dank für Ihre Mühe,
mit freundlichen Grüßen
Sandra Barkowski
Sehr geehrte Frau Barkowski,
ich danke Ihnen recht herzlich für Ihre Anfrage per Abgeordnetenwatch. Ihre Frage betrifft das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, welches in der 15. Legislaturperiode, genauer am 17. Oktober 2003 in 2./3. Lesung mit der Mehrheit der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen verabschiedet wurde. Die detaillierten Abstimmungsergebnisse lassen sich im Protokoll der 67. Sitzung des Deutschen Bundestages in der 15. Wahlperiode (Plenarprotokoll 15/67) nachlesen.
Der Gesetzentwurf und damit die Verkürzung der für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld maßgeblichen Rahmenfrist von drei auf zwei Jahre stammt aus der Feder der SPD-Fraktion sowie der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und der Zeit ihrer Koalitionsregierung auf Bundesebene. Zunächst ging es Rot/ Grün um eine Vereinfachung im Recht der Arbeitslosenversicherung und damit zusammenhängend um einen verminderten Personalaufwand bei der Administration des Arbeitslosengeldes. Zur Begründung der Verkürzung der Rahmenfrist von drei auf zwei Jahre heißt es im Gesetzentwurf weiterhin:
„Zu Nummer 66 (§ 124)
Mit den Neuregelungen werden die Bemühungen fortgesetzt, die Arbeitslosenversicherung wieder stärker an den Grundprinzipien einer (Risiko-)Versicherung auszurichten und das Leistungsrecht um tendenziell versicherungsfremde Elemente zu bereinigen, die der Versichertengemeinschaft einseitig Lasten übertragen, die von der gesamten Gesellschaft oder einzelnen Personengruppen getragen werden müssen. Zu Buchstabe a
Mit der Erweiterung der Regelungen zur Versicherungspflicht durch das Job-AQTIV-Gesetz (vgl. Buchstabe b) und der künftig eingeräumten Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung für bestimmte Sachverhalte (vgl. Einfügung eines § 28a) ist eine dreijährige Rahmenfrist für die Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht mehr geboten. Die Frist wird deshalb von drei auf zwei Jahre verkürzt. Die Regelung führt zudem zu erheblichen Verwaltungsvereinfachungen.“
Nachlesen läßt sich dies in der Bundestagsdrucksache 15/1515, die Sie auf der Homepage www.bundestag.de bzw. genauer unter http://drucksachen.bundestag.de/drucksachen/index.php finden können.
Ich hoffe Ihre Frage damit ausreichend beantwortet zu haben und sende
Ihnen freundliche Grüße
Marie-Luise Dött