Frage an Maria Michalk von Matthias S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Michalk,
im Artikel 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist zu lesen:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Wie ist dieser Artikel mit der Tatsache in Übereinklang zu bringen, dass es nach dem Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung dem Staat erlaubt ist zum Beispiel elektronische Kommunikationsdaten aus Arztpraxen zu speichern, die von Geistlichen oder von Abgeordneten nicht?
Ich persönlich lehne jede Speicherung von Kommunikationsdaten auf Vorrat zum späteren Gebrauch ab.
Ich bin der Auffassung, dass allein schon die Tatsache, dass man sich zukünftig nicht mehr sicher sein kann, wer was wann protokolliert einen erheblichen Eingriff in meine persönliche Freiheit darstellt - unabhängig davon, dass man als Arzt schon seine Schweigepflicht nicht mehr garantieren kann.
Mit bestem Dank im Voraus für Ihre Antwort
Matthias Schreiber
Sehr geehrter Herr Schreiber,
vielen Dank für Ihre Frage zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung und zur Telekommunikationsüberwachung.
In der Vorbemerkung zu ihrer Frage nehmen Sie Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz, der von den beiden Regelungen betroffen sei. Dies ist jedoch weder bei der Speicherung von Daten von Telekommunikationsanschlüssen nach dem neu eingeführten § 113 a des Telekommunikationsgesetzes, noch bei der in § 100 g der Strafprozessordnung geregelten Herausgabe von bei Telekommunikationsunternehmen gespeicherten Daten der Fall. Schon nach geltendem Recht dürfen Telekommunikationsunternehmen Verbindungsdaten (nur die reinen Verkehrsdaten) zu Abrechnungszwecken speichern, diese Speicherung bezieht sich nicht auf Gesprächsinhalte. Davon betroffen sind alle Telekommunikationsbenutzer, also auch Ärzte oder Geistliche. Mit dieser Regelung werden europarechtliche Vorgaben umgesetzt, zu deren Umsetzung Deutschland nach dem EG-Vertrag verpflichtet ist. Eine Pflicht zur Auskunftserteilung den Strafverfolgungsbehörden gegenüber besteht für die Telekommunikationsunternehmen immer dann, wenn es um die Verfolgung schwerer Straftaten oder Straftaten, die mittels Telekommunikation begangen werden geht. Die Auskunftserteilung ist an strenge rechtsstaatliche Voraussetzungen, wie einen ganz konkreten durch Tatsachen unterlegten Verdacht, das Versagen anderweitiger Fahndungs- und Aufklärungsmöglichkeiten sowie den Richtervorbehalt gebunden.
Mit dem neuen § 160a StPO sind Ausnahmen von dieser allgemeinen für alle geltenden Regelung zum Schutz von Berufsgeheimnisträgern vor Ermittlungsmaßnahmen, wie z.B. einer Telefonüberwachung, ausdrücklich normiert worden. Geistliche, Verteidiger und Mandatsträger genießen einen absoluten Schutz bezüglich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist. Die übrigen Berufsgeheimnisträger, darunter auch Ärzte, sollen nach § 53 b Abs. 2 StPO einen relativen Schutz genießen. Soweit sich aus einer Ermittlungsmaßnahme ihnen gegenüber Erkenntnisse ergeben, über die ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht zustünde, ist die Zulässigkeit der Maßnahme nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Voraussetzungen für diese Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nochmals verschärft worden. Der Gesetzgeber hat sich in der vorgenommenen Differenzierung von den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts leiten lassen, das Arztgespräche im Einzelfall dem unantastbaren Kernbereich der privaten Lebensführung zuordnet. Eine generelle Herausnahme von Arztgesprächen aus dem Anwendungsbereich von Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung ist danach nicht geboten. Die geltenden gesetzlichen Schutzregelungen zum Arzt-Patienten-Verhältnis, wie das Zeugnisverweigerungsrecht über Inhalte des Arzt-Patienten-Gesprächs, das Verbot der Beschlagnahme ärztlicher Aufzeichnungen sowie das Verbot der akustischen Wohnraum- und Praxisüberwachung bleiben uneingeschränkt bestehen.
Ich hoffe Ihnen die Sorge um die Rechte der Bürger und die der Berufsgeheimnisträger ein wenig nehmen zu können und verbleibe
mit freundlichen Grüßen,
Maria Michalk