Frage an Maria Michalk von Irina G. bezüglich Gesundheit
Werte Frau Michalk,
als junge und engagierte Frauenärztin wende ich mich an Sie, um Sie auf die gravierenden Missstände in unserem Gesundheitssystem, aufmerksam zu machen, die sich durch die geplanten Maßnahmen nur weiter verschlimmern werden.
Es bestehen dramatische Widersprüche zum Grundgesetz.
Der 1. Verstoß erfolgte gegen Artikel 3:
"Niemand darf wegen seiner Rasse, Religionszugehörigkeit oder Berufswahl benachteiligt werden."
Das SGB V entrechtet ALLE Kassenärzte(Inn)en(außer
bestimmten Funktionären) und treibt sie in den Ruin
denn ANGEMESSENE Honorare gibt es schon lange NICHT
mehr. Nach SGB V hat ein Kassenarzt keinen Anspruch auf ein kostendeckendes Honorar! Bloß...sollen wir von Luft und Liebe leben?
Als Kassenärzte sind wir in diesem Zusammenhang Scheinselbstständige, da auf Gedeih und Verderb den Kassen ausgeliefert und nicht in der Lage, durch Fleiß oder Engagement einen höheren Umsatz zu erzielen. Ist Scheinselbständigkeit nicht verfassungswidrig?
Als Kassenarzt bin ich im ständigen Konflikt zwischen meinem ärztlichen Gewissen und dem Würgegriff der rigiden Sparvorschriften der gesetzlichen Krankenkassen. Ich will nur der medizinischen Wissenschaft und der ärztlichen Ethik verpflichtet sein!
Die Einführung der E-Card widerspricht nicht nur dem hippokratischen Eid und den ärztlichen Berufsordnungen, in denen die ärztliche Schweigepflicht festgeschrieben ist. Sie untergräbt in dramatischer Weise das vertrauensvolle Arzt-Patientenverhältnis!
Oder würden Sie es begrüßen, wenn jemand in Ihrer "Karte" lesen könnte, dass Sie beim Arzt Ihres Vertrauens über Ihre beruflichen Probleme und Sorgen gesprochen haben und der Arzt logischerweise die "verbale Intervention bei Anpassungsstörung" kodiert hat, weil er sonst für die halbe Stunde intensives Zuhören und seelisches "Auffangen" überhaupt kein Honorar erhalten hätte, Sie aber von bösen Zungen als ein bisschen verrückt dargestellt werden könnten?
Viele Grüße
Irina Gotzmann
Sehr geehrte Frau Gotzmann,
vielen Dank für Ihre E-Mail an Abgeordnetenwatch, die am 18. Januar an mich weitergeleitet wurde.
Am 2. Februar hat der Deutsche Bundestag nach intensiver Beratung mit großer Mehrheit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz beschlossen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gesundheitsreform ein Kompromiss ist. Wir haben nicht alles durchsetzen können, was notwenig gewesen wäre. Dennoch kann sich das Ergebnis sehen lassen. Für die neuen Bundesländer überwiegen die Vorteile. Der Forderung von Ihnen sowie von Ihren Kollegen nach angemessener Honorierung der ärztlichen Leistungen sind wir nachgekommen. So werden die Unterschiede bei den Arzthonoraren zwischen Ost- und Westdeutschland zum 1.1.2009 ausgeglichen. In der Übergangszeit sollen Honorarzuschläge vereinbart werden. Das wirkt der bestehenden bzw. drohenden ärztlichen Unterversorgung in den neuen Bundesländern entgegen. Zudem ist die Einführung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs vorteilhaft, weil die Einnahmenseite erhöht wird. Auch profitiert der Osten von der Aufstockung des Steuerzuschusses für die gesetzliche Krankenversicherung.
Die Beitragserhöhungen der Krankenkassen zum Jahresbeginn sind kein vorgezogenes Ergebnis der Gesundheitsreform. Es ist die Aufarbeitung der Vergangenheit, in der mehr ausgegeben als eingenommen wurde. Die unterschiedlichen Anstrengungen der Krankenkassen in der Vergangenheit, wirtschaftlich zu arbeiten, den Beitragssatz niedrig zu halten und keine Schulden aufzubauen, hätten bei der Gesundheitsreform aber stärker berücksichtigt werden müssen.
Dennoch überwiegen letztlich die Verbesserungen. Es gibt einen Versicherungsschutz für alle. Die Versicherten haben künftig die Wahl zwischen verschiedenen Tarifen. Impfungen, Mutter-Kind-Kuren, medizinische Rehabilitationen und weiteres sind künftig verpflichtende Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Die Gesundheitsreform ist zudem ein Schritt in die richtige Richtung, weil sie mit der Entkopplung der Kosten des sozialen Sicherungssystems von den Arbeitskosten beginnt.
Die elektronische Gesundheitskarte wurde bereits vor drei Jahren im so genannten GMG beschlossen. Derzeit laufen noch Modellprojekte. Dennoch ist bereits heute klar, dass die elektronische Gesundheitskarte sowohl für die Patienten als auch für unser Krankenversicherungssystem von Vorteil ist, nicht zuletzt durch chronologisches Festhalten des Krankheitsverlaufes und durch Vermeidung von Doppeluntersuchungen.
Dem Datenschutz wird Rechnung getragen.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Michalk