Frage an Maria Flachsbarth von Horst S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Dr. Flachsbarth,
besten Dank für Ihre Antwort vom 11.06.2008 auf meine Frage vom 09.05.2006.
Auch wenn die Diätenerhöhung durch öffentlichen Druck nun nicht so hoch ausfällt wie ursprünglich angestrebt, bleiben Fragen offen, wie z.B. die immer noch üppigen Pensionen der Abgeordneten...trotz der von Ihnen angesprochenen Reduzierung. Denn diese wird durch die Koppelung an die Bezüge der aktiven Abgeordneten wieder erhöht, aus Steuergeldern, versteht sich.
Hier ist eine Gesetzesänderung dringend erforderlich, denn die künftige Pensionswelle (Abgeordnete+Beamte) die auf den Steuerzahler zurollt ist schlicht nicht mehr bezahlbar.
Das Beispiel in NRW sollte hier als Vorlage dienen.
Die Privilegien der Abgeordneten des Bundestages sind nicht mehr zeitgemäß und sorgen mit für die Volksverdrossenheit.
Ich möchte betonen, dass ich mir durchaus über die Arbeitsbelastung der aktiven Abgeordneten bewusst bin und diese Leistung keinesfalls in Frage stelle.
Sehr geehrter Herr Schuberth,
für Ihr erneutes Schreiben vom 11. Juni 2008 zum Thema Diätenerhöhung, insbesondere zur Altersversorgung der Abgeordneten, danke ich Ihnen.
Die seit dem 1. Januar 2008 geltenden Regelungen für die Altersvorsorge der Abgeordneten des Deutschen Bundestages entsprechen dem Vorschlag der überparteilichen sog. Kissel- Kommission aus dem Jahr 1993 unter Vorsitz des damaligen Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, Professor Dr. Otto Rudolf Kissel. Die neue Versorgungslösung für die Abgeordneten ist bewusst so angelegt, dass sich jemand zu einem beliebigen Zeitpunkt während seiner Erwerbstätigkeit dafür entscheiden kann, ein Abgeordnetenmandat anzunehmen. Für diese Zeit wird ein Anspruch auf eine eben nur „lückenfüllende“ Teilversorgung erworben, so dass anschließend eine Rückkehr in den ursprünglich ausgeübten Beruf möglich ist. Schließlich war auch der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Abgeordneten zumeist in einem Alter dem Bundestag angehören, das allgemein zu den entscheidenden im Berufsleben gehört und in dem die Grundlage für den weiteren Aufstieg und das berufliche Fortkommen geschaffen werden. Das Abgeordnetenmandat bietet in dieser Zeit keine dem Erwerbsberufen vergleichbaren „gehaltsmäßigen Aufstiegs- und Steigerungschancen“, die auf die Höhe der Versorgungsanwartschaften durchschlagen.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass anders als bei sonstigen Versorgungssystemen teilweise vorgesehen – ausschließlich die Mitgliedszeiten berücksichtigt werden und Vordienst- oder Ausfallzeiten keine Rolle spielen. In Abwägung all dieser Gesichtspunkte hielt die Kommission eine Versorgungszusage in Höhe von 2,5 Prozent der Entschädigung je Jahr der Mitgliedschaft für angemessen. Auch damals gab es schon Überlegungen, die Altersversorgung auf Versicherungsbasis umzustellen. Davon hat die Kommission aber Abstand genommen, weil die zu dieser Frage eingeholten Gutachten ergaben, dass eine Altersversorgung auf Versicherungsbasis nicht kostengünstiger als die die jetzige Regelung wäre.
Auch bei der Altersversorgung der Landtagsabgeordneten in Nordrhein-Westfalen, auf die Sie sich beziehen, zeichnet sich zur Zeit noch überhaupt nicht ab, ob diese 2005 eingeführte Regelung tatsächlich zu einer Entlastung des Haushalts führen wird, weil die Altersstruktur der Mitglieder des Landtags nicht vorhersehbar ist bzw. keine feststehende Größe ist. Bei dieser Regelung erhalten die Abgeordneten einen Gesamtbetrag von 9.500 Euro, der steuerpflichtig ist. In diesem Betrag ist ein Betrag von 1.500 Euro enthalten, der an ein Versorgungswerk abzuführen ist.
Schon mehrfach wurde ernsthaft überlegt, ein solches Modell, auf den Bundestag oder andere Landesparlamente zu übertragen. Dieser Systemwechsel stieß aber immer wieder auf erhebliche Bedenken, denn die Übertragung des NRW-Modells auf den Deutschen Bundestag würde eine Abkehr von dem in § 11 Abs. 1 AbgG vorgesehenen Maßstab für die Bestimmung der Angemessenheit der Abgeordnetenentschädigung (Orientierung an den Bezügen eines Richters an einem obersten Gerichtshof des Bundes oder dem eines kommunalen Wahlbeamten) bedeuten. Gleichzeitig würde der Übergang zu diesem Modell dazu führen, dass die Entschädigung brutto so zu erhöhen wäre, dass der mandatsbedingte Aufwand, wie er jetzt mit der Kostenpauschale abgedeckt wird, den Bruttobeträgen zugeschlagen werden müsste, so dass die erwünschten Einsparungen wieder in Frage gestellt würden. Außerdem würde der Verzicht auf eine staatsfinanzierte Versorgung bedeuten, dass die bisherigen staatsfinanzierten Anwartschaften über Jahrzehnte bestehen blieben und neben der neuen Versorgungskasse durch die Bundestagsverwaltung bearbeitet werden müssten.
Alle diese Bedenken haben dazu geführt, dass die Entwicklung und Praxis der neuen
Regelung in NRW zwar sorgfältig beobachtet werden, man sich zur einer Übertragung auf
den Deutschen Bundestag noch nicht entschließen konnte.
Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass man im Europäischen Parlament nach einem nicht sehr erfolgreichen Versuch, die Altersversorgung auf Versicherungsbasis zu organisieren, wieder zur staatsfinanzierten Versorgung der Abgeordneten zurückgekehrt ist.
Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. M. Flachsbarth