Frage an Maria Flachsbarth von Harald S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Dr. Flachsbart,
ich habe kürzlich erfahren,dass es in Italien so etwas wie eine "Kultur-Steuer" gibt, in der Größenordnung unserer Kirchensteuer. Jeder Steuerpflichtige kann bestimmen welche anerkannte Organisation (Kirche oder andere) seinen Beitrag erhalten soll. Bei uns entziehen viele durch Kirchenaustritte der Allgemeinheit ihren Anteil zur Förderung und Stützung kultureller und sozialer Aufgaben.
Wäre das italienische Vorgehen nicht auch bei uns anwendbar?
Sehr geehrter Herr Simonsen,
für Ihr Schreiben vom 26. Januar 2008, in dem Sie anregen, eine Kultursteuer nach
italienischem Vorbild in Deutschland einzuführen, danke ich Ihnen.
Auf Ihre Frage möchte ich Ihnen folgendermaßen antworten:
Die Bundesrepublik Deutschland versteht sich als Kulturnation. Dies drückt sich in der Kulturverantwortung der Kommunen, den Verfassungen der Bundesländer und der Praxis des Bundes in seinem Kompetenzbereich aus. Die Kultur ist Teil unserer Gesellschaft, die ihre demokratische Qualität aus der öffentlichen Diskussion gewinnt und die Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenhalts ist.
Durch das Grundgesetz hat die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 die Zuständigkeit für die Kultur- und Bildungspolitik im Wesentlichen den Ländern zugeschrieben, ohne den Bund aus seiner kulturpolitischen Verantwortung zu entlassen. Eine föderalistisch organisierte, an den Prinzipien der Subsidiarität und Kooperation orientierte Kulturpolitik ist am ehesten geeignet, ein facettenreiches und vielfältiges kulturelles Leben zu sichern und zu fördern.
Dem hohen Stellenwert der Kultur entspricht die Kulturförderung der öffentlichen Hand. Anders als beispielsweise im angloamerikanischen Raum sichert die öffentlichen Förderung von Kunst und Kultur die Grundausstattung der kulturellen Institutionen. Grundlage der öffentlichen Förderung sind dabei die augenblicklichen steuerrechtlichen Regelungelungen, aus denen die Mittel für die Förderung bereitgestellt werden. Der Deutsche Bundestag hat mit den Stimmen der CDU/CSU einer Erhöhung des Kulturetats um 1,3 % auf 1,12 Milliarden Euro für 2008 zugestimmt. Seit dem Regierungswechsel wurden die Ausgaben des Bundes für die Kultur in Deutschland von 2005 bis 2008 um insgesamt 6,4 Prozent gesteigert. Diese Zahlen belegen, welche Bedeutung die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen der Kultur beimessen.
Mit Fragen der Finanzierung der Kultur hatte sich auch ausführlich die Enquete- Kommission „Kultur in Deutschland“ beschäftigt. Hierbei handelte es sich um eine in der 15 .Legislaturperiode vom Bundestag eingesetzte überfraktionelle Arbeitsgruppe, die die Aufgabe hatte, nach Lösungen zu langfristigen kulturpolitischen Fragen zu suchen. Das Ergebnis der Arbeit dieser Kommission ist in einem inzwischen vorliegenden Bericht dokumentiert. Zu Fragen der Kulturfinanzierung hat sie Empfehlungen ausgesprochen. Zum Beispiel empfiehlt sie Bund, Ländern, Gemeinden und anderen Trägern öffentlicher Kulturförderung verstärkt Fördermodelle zu entwickeln und zu realisieren, nach denen Fördergelder an Träger unter der Voraussetzung gegeben werden können, dass weitere Mittel aus anderen Quellen zur Finanzierung gewonnen werden.
An die Kommission ist - in der Tat - auch die Frage herangetragen worden, ob eine
Steuer, wie Sie sie vorschlagen, rechtlich möglich und politisch sinnvoll ist. Die
Kommission ist zu dem Ergebnis gekommen, eine solche Empfehlung nicht
auszusprechen:
Gegen eine Kultursteuer des Bundes sprechen vor allem kompetenzrechtliche
Gesichtpunkte. Die Gesetzgebungskompetenz für die Kultur liegt grundsätzlich bei
den Bundesländern, vgl. Art. 30 des Grundgesetzes (GG). Eine Kultursteuer des
Bundes oder auch der Länder wäre zwar grundsätzlich gemäß Art. 105 GG zulässig.
Durch eine Kultursteuer des Bundes bestünde allerdings die Gefahr einer
Aushöhlung der Kulturhoheit der Länder.
Aber auch politische Gründe sprechen gegen eine solche Kultursteuer: zum einen sieht unser Steuersystem keine Steuern vor, auf deren Bestimmung und tatsächlichen Verwendung der Steuerzahler Einfluss hat. Ausnahme ist hier nur die Kirchensteuer.
Zum anderen würde die Steuer für einen bestimmten Zweck oder eine bestimmte Organisation zu einem Eingriff in die Kulturpolitik im Sinn einer „Entmündigung“ des Staates und letztendlich zu einem Eingriff in die Finanzhoheit des Parlaments führen, selbst über die konkrete Förderung einer kulturellen Zwecks oder einer bestimmten Organisation zu bestimmen.
Der Steuerzahler hat jedoch mit einer Spende oder Stiftung die Möglichkeit, einer von
ihm selbst bestimmten Organisation finanzielle Beiträge zu gewähren. Beide Formen
der Zuwendung werden steuerlich begünstigt. Durch den Erlass des „Gesetzes zur
weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ im vergangenen Jahr wird
diese Anzugsfähigkeit sogar noch erweitert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Maria Flachsbarth