Frage an Maria Flachsbarth von Thomas L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Dr. Flachsbarth,
als Tierärztin sind Sie dem Leben verpflichtet. Als Ärztin sowieso. Die in Ihrer Stadt ansässige STIFTUNG TIERÄRZTLICHE HOCHSCHULE HANNOVER führt unzählige Tierversuche durch. Nach meinen Recherchen ist diese Hochschule in der Argumentation der Geflügelindustrie zugewandt. Wie stehen Sie zu dieser, aus meiner Sicht nicht mehr freien Lehre, an einer Hochschule? Sollten sich nicht Abgeordnete - gerade auch aus Ihrer Berufssparte - mehr für den Tierschutz und den Verbot von Tierversuchen einsetzen?
Vielen Dank.
Thomas List
Sehr geehrter Herr List,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema „Tierversuche“, die Sie mir über dieses Portal stellen.
Der Tierschutz hat für mich als Tierärztin und auch für meine Partei, die CDU, einen hohen Stellenwert. Dem Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz fühlen wir uns als Christdemokraten verpflichtet. Konkret tritt die Union für die Beschränkung der Tierversuche auf das notwendige Maß und für Verbesserungen in der Tierhaltung und beim Tierschutz auf nationaler, europäischer und globaler Ebene ein.
Lassen Sie mich daher kurz die Gelegenheit nutzen, Ihnen die wichtigsten Ziele meiner Fraktion in Bezug auf den Tierschutz darzulegen:
1. Die Beschränkung der Tierversuche auf das absolut notwendige Maß. Dabei setzen wir vor allem auf die Weiterentwicklung von Alternativmethoden und deren internationale Anerkennung und Validierung.
2. Die Fortentwicklung artgerechter Tierhaltungsformen und Verbesserungen beim Tiertransport. Dabei orientieren wir uns an wissenschaftlichen Empfehlungen. Tierschutzstandards müssen EU-weit durchgesetzt werden. Nationale Alleingänge führen zur Verlagerung von Tierhaltung und Tierschutzproblemen ins Ausland, bieten aber keine Lösung. Zudem wollen wir, dass der Tierschutz auch Thema bei den WTO Verhandlungen wird.
3. Neue Strategien in der Tierseuchenbekämpfung, die durch verbessertes Management, internationale Zusammenarbeit - schließlich machen Tierseuchenerreger, wie die der Vogelgrippe, nicht an nationalen Grenzen halt – und die Entwicklung von (Marker-)Impfstoffen, die die Ausbreitung der Krankheiten verhindern und die Tötung von tausenden von Tieren vermeiden.
4. Mehr Tierschutz beim Schlachten. Dabei muss auch in Zukunft sehr restriktiv mit Ausnahmegenehmigungen für das Schächten umgegangen werden.
5. Handel und Zucht von Heimtieren müssen weiterhin gut kontrolliert werden. Es gilt, Fehlentwicklungen, wie z. B. Qual- und Aggressionszucht, wirksam zu verhindern.
6. Mehr Tierschutzbewusstsein bei allen Bürgerinnen und Bürgern. Tierschutz ist dann am wirkungsvollsten, wenn Politik und verantwortungsvolles Handeln des Einzelnen zusammenkommen.
Aber auch persönlich habe ich mich als Abgeordnete bereits mehrfach besonders für die Reduzierung von Tierversuchen eingesetzt. Ich halte es für sehr wichtig, die Forschungsintensität auf dem Gebiet der Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen zu erhöhen. Die Entwicklung und Validierung alternativer Methoden zu Tierversuchen muss meiner Meinung noch intensiver als bisher vorangetrieben werden. Verschiedene Anträge, die ich in Zusammenhang mit den Beratungen der EU-Chemikalienverordnung REACH erarbeitet und in der letzten Legislaturperiode zu diesem Thema in den Deutschen Bundestag eingebracht habe, können Sie auf meiner Homepage nachlesen.
In Bezug auf die Tierärztliche Hochschule kann ich Ihnen mitteilen, dass z.B. am Institut für Lebensmitteltoxikologie und Chemische Analytik ein von der EU gefördertes Projekt zur Entwicklung von Methoden, mit denen Tierversuche minimiert oder ersetzt werden können, realisiert wird. Ziel des Projektes unter der Leitung von Professor Dr. Dr. h.c. Heinz Nau ist es, neue Methoden zur Risikoabschätzung von potentiell toxischen Substanzen in der Umwelt sowie in Lebensmitteln (Lebensmittelinhalts- und Zusatzstoffe, Verunreinigungen, Rückstände) zu entwickeln, die vor allem auf tierversuchsfreien Zellkulturen beruhen.
In Ihrer Frage sprechen Sie auch die Zusammenarbeit der TiHo mit der Geflügelwirtschaft an. Ein besonderer Schwerpunkt der Forschungstätigkeit der Tierärztlichen Hochschule ist die Entwicklung und Evaluierung tierartgerechter Haltungsformen; eine Kooperation mit der Geflügelwirtschaft ist in diesem Zusammenhang in hohem Maße sinnvoll. Es gilt, die zum Teil gegensätzlichen Anforderungen von Tierschutz, Arbeitsplatzsicherheit, Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen. Ziel dieser Zusammenarbeit ist die Erarbeitung tierartgerechter, arbeitsplatzgerechter und ökonomisch sinnvollen Haltungsbedingungen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung
Mit freundlichen Grüßen
Dr. M. Flachsbarth