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Maria Flachsbarth
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Frage von Karl-Heinz L. •

Frage an Maria Flachsbarth von Karl-Heinz L. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Dr. Flachsbarth,

im Dezember 2009 veröffentlichte das Handelsblatt einen Artikel zu dem Thema "Europarat sieht schwere Mängel bei Korruptionsbekämpfung". Darin wird Deutschland vom Europarat nachdrücklich aufgefordert, das vom Europarat initierte Strafrechtsübereinkommen über Korruption zu ratifizieren, um vorhandene Gesetzeslücken zu schließen.
Ich habe 2 Fragen an Sie:
1. Was tun Sie bzw. haben Sie getan
2. Was tut Ihre Partei bzw. hat sie getan
um diese eklatanten Mängel zu beheben und dem Abkommen Gültigkeit zu verschaffen?

Mit freundlichen Grüßen
Karl-Heinz Lottmann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Lottmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de vom 23.10.2010, zu der ich gerne Stellung nehme.

Die Frage der Ratifizierung des Europaratsübereinkommens vom 27.01.1999 und des UN-Abkommens vom 31.10.2003 zur Korruptionsbekämpfung sowie einer Anpassung der Strafrechtsvorschriften über die Abgeordnetenbestechung ist bereits seit längerem Gegenstand der rechtspolitischen Diskussion.

Die Überlegungen hierzu sind jedoch in der CDU/CSU-Fraktion noch nicht abgeschlossen. CDU und CSU wollen einen Weg finden, der es ermöglicht, Transparenzvorschriften zu verbessern, gleichzeitig jedoch die Funktionsfähigkeit des Parlamentes zu erhalten. Missbrauchsmöglichkeiten strafrechtlicher Instrumentarien für politische Zwecke darf es nicht geben (z. B. massenhafter Anstoß unbegründeter Ermittlungsverfahren in demagogischer Absicht).

Zutreffend ist, dass die Vorgaben, die die Übereinkommen zur Abgeordnetenbestechung machen, im deutschen Recht noch nicht umgesetzt sind. Das entscheidende Problem liegt in der Gleichsetzung von Abgeordneten mit Beamten. Amtsausübung ist etwas anderes als Mandatsausübung, was bereits auch der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 deutlich gemacht hat. Zwischen typischem Verwaltungshandeln in behördlichen oder behördenähnlichen Strukturen und dem politischen Handeln in Volksvertretungen aufgrund eines freien Mandats gibt es strukturelle Unterschiede, die eine differenzierte Behandlung beider Handlungsformen öffentlicher Gewalt rechtfertigen.

Die von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Modifizierung des Tatbestands der Abgeordnetenbestechung referierte „große Lösung“ setzt eine fundierte rechtswissenschaftliche und rechtspolitische Diskussion voraus, die bislang noch nicht abgeschlossen ist.

Eine Dokumentationspflicht für jede vermeintlich unmittelbare oder mittelbare Beeinflussung von Vorlagen der Exekutive durch Lobbyisten lehnen CDU und CSU im Übrigen ab. Eine solche Verpflichtung würde zu einem unübersehbaren Verwaltungsaufwand führen. Jedes Zusammentreffen mit Externen müsste dann von der Verwaltung vorsorglich dokumentiert werden, da dieses unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt als jedenfalls mittelbare Beeinflussung einer Vorlage der Exekutive an das Parlament durch Lobbyisten gewertet werden könnte. Praxistauglich wäre dies nicht.

Im Übrigen führt bereits seit 1972 der Präsident des Deutschen Bundestages eine öffentliche Liste, in der Verbände eingetragen werden können, die Interessen gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung vertreten. Zu den Angaben, die für die Registrierung erforderlich sind, gehören der Name und Sitz des Verbandes, die Zusammensetzung von Vorstand und Geschäftsführung, sein Interessenbereich, die Mitgliederzahl, die Anzahl der angeschlossenen Organisationen, die Namen der Verbandsvertreter und die Anschrift der Geschäftsstelle am Sitz von Bundestag und Bundesregierung. Die Eintragung in die Liste ist Voraussetzung für eine Anhörung ihrer Vertreter und die Ausstellung von Hausausweisen. Die Liste wird auf der Internetseite des Bundestages und im Bundesanzeiger veröffentlicht. Derzeit sind über 2000 Verbände registriert.

Das Herantragen von Interessen an Abgeordnete - in ihren Wahlkreisen wie am Sitz des Bundestages - gehört zu unserer parlamentarischen Demokratie. Parlamentarische Entscheidungen, in denen es um diese Interessen geht, sind nachvollziehbar. Dafür sorgt die Vielfalt der Beteiligten an den politischen Entscheidungsprozessen: Fraktionen und Koalitionskreise, Parlament und Fachausschüsse, öffentliche Anhörungen, Beiräte, Sachverständige sowie unterschiedlichste – auch gegensätzliche – Interessenvertreter bis hin zum Bundesrat und dem Vermittlungsausschuss. Sie verhindern die Durchsetzung einseitiger Interessen zu Lasten des Gemeinwohls.

CDU und CSU unterstützen eine Weiterentwicklung der Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages, die dem Ziel der Transparenz dient und zugleich die Funktionsfähigkeit des Parlaments erhält. Die Verhaltensregeln sollten ihren Anwendungsbereich auf solche Tätigkeiten und Einkünfte fokussieren, die auf für die Ausübung des Mandats bedeutsame Interessenverknüpfungen hinweisen können. Eine Fortentwicklung der Verhaltensregeln sollte innerhalb eines Beratungsverfahrens mit allen Fraktionen erfolgen, wenn sich konkreter Änderungsbedarf zeigt. Die bislang von den Fraktionen Bündnis90/ Die Grüne und Die Linke eingebrachten Gesetzentwürfe sind in der Fachwelt auf strikte Ablehnung gestoßen und haben sich damit als ungeeignet erwiesen.

Sehr geehrter Herr Lottmann, ich hoffe Ihnen hiermit habe darlegen können, dass unserer Fraktion sehr daran gelegen ist, die genannten Abkommen zur Korruptionsbekämpfung adäquat umzusetzen. Dies muss jedoch mit Augenmaß und ohne unnötigen Zeitdruck geschehen.

Mit freundlichen Grüßen
Maria Flachsbarth