Frage an Maria Flachsbarth von Florian H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Flachsbarth,
der Sachverständigenrat der Bundesregierung hat sich dafür ausgesprochen, den alten Atomkompromiss beizubehalten. Warum missachtet Ihre Partei diese Empfehlung - wozu dann überhaupt ein Sachverständigenrat?
Ich hoffe im Übrigen inständig, dass Sie selber, die Sie das C im Namen Ihrer Partei sicherlich auch im Sinne einer "Bewahrung der Schöpfung" interpretieren (kon-servativ = bewahren), es nicht mit Ihrem Gewissen werden vereinbaren können, für eine Technik zu stimmen, für deren strahlende Abfälle wir keine Lösung haben und auch keine finden werden, denn die Erde stellt einen dynamischen Prozess dar - ein sicheres Endlagers für 1.000.000 Jahre, das ist zu riskant! Wer würde in ein Flugzeug steigen, für das es keine Landebahn gibt? Wer würde x-weiteren Generationen zigtausend Tonnen weiteren strahlenden Atommüll hinterlassen? Kommt es zu dem angestrebten Gesetz können Sie auf meine Stimme und die Stimmen in meinem Freundes- und Kollegenkreis in Zukunft nicht hoffen.
Mit freundlichem Gruß
Florian Hobert
Sehr geehrter Herr Hobert,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Endlagerung radioaktiver Abfälle. Der Schwerpunkt der deutschen Energieversorgung wird langfristig im Bereich der Erneuerbaren Energien liegen. Deshalb wurden unter der Federführung von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf nationaler und internationaler Ebene ehrgeizige Klimaschutzziele der Bundesregierung vereinbart.
Allerdings sind heute klimafreundliche und kostengünstige Alternativen zur Kernenergie noch nicht in ausreichendem Maße verfügbar. Deshalb verstehen wir den Beitrag der Kernenergie zur Stromversorgung als Brückentechnologie in einem ausgewogenen Energiemix. Wir streben eine Laufzeitverlängerung der sicheren deutschen Anlagen an. Einen Neubau von Kernkraftwerken lehnen wir ab. Die Union hat dieses Konzept in ihrem Wahlprogramm niedergelegt, es ist im Wahlkampf intensiv und kontrovers diskutiert worden und hat Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden.
Bezüglich der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle halte ich es für eine Frage der Zukunftsgerechtigkeit, dass die heutige Generation, die die Kernkraft nutzt und unmittelbar von ihr profitiert, die Beseitigung der dadurch entstehenden hoch giftigen Abfälle nicht den kommenden Generationen überlässt. Eine sichere Endlagerung ist unbedingt geboten. Derzeit werden alle radioaktiven Abfälle in oberirdischen Zwischenlagern gesammelt – unter Inkaufnahme entsprechender Kosten sowie möglicher Gefährdungen. Für mich ist es eine Frage nationaler Verantwortung, deutsche Abfälle aus Kernenergie in Deutschland endzulagern – und sie nicht ins Ausland zu verbringen, wo nicht unsere Sicherheitsstandards gelten. Dies steht auch Forderungen nach einer ‚europäischen Lösung’ der Endlagerfrage entgegen.
Sehr geehrter Herr Hobert, der Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP sieht vor, dass die Bundesregierung in einem offenen und transparenten Verfahren die Erkundung des Salzstocks in Gorleben fortsetzt. Bei der weiteren Erkundung ist wichtig, dass die Beteiligung der Bevölkerung gewährleistet ist. Die Akzeptanz der Bürger ist für uns entscheidend. Erst die Bewertung aller notwendigen Untersuchungsergebnisse wird erweisen, ob Gorleben als Endlager für hoch radioaktive Abfälle geeignet ist oder nicht. Eine internationale Expertenkommission der OECD soll zudem alle Befunde mit Bezug auf die Untersuchungen zu Gorleben sichten und nach internationalem Sicherheitsstandard, dem Stand von Wissenschaft und Technik bewerten. Dabei wird sicher auch die Frage alternativer Wirtsgesteine diskutiert werden. Erst wenn diese Stufen des Auswahlverfahrens positiv durchlaufen wurden, schließt sich ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren mit den entsprechenden Möglichkeiten der formalen Öffentlichkeitsbeteiligung und der Beschreitung des Rechtswegs an.
Und auch dieses Konzept hat die Union in ihrem Wahlprogramm niedergelegt, es ist ebenfalls im Wahlkampf intensiv und kontrovers diskutiert worden und hat Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden.
Mit dem Energiekonzept formuliert die Bundesregierung auf Basis des Koalitionsvertrages Leitlinien für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung und beschreibt erstmalig den Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien. Der aktuelle Entwurf dieses Konzeptes wurde und wird auf der Grundlage wissenschaftlicher Expertise breit diskutiert. Dazu gehören sicherlich der Sachverständigenrat für Umweltfragen, aber auch andere kompetente Forschungseinrichtungen. Das Ergebnis wird vom Bundeskabinett Ende September 2010 verabschiedet. Sie finden einen Entwurf dieses Konzeptes unter folgendem Link:
http://www.bmu.de/energieeffizienz/downloads/doc/46394.php
Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Maria Flachsbarth MdB