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Maria Eichhorn
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Frage von Fabian G. •

Frage an Maria Eichhorn von Fabian G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Eichhorn,

bitte erläutern Sie mir, warum Sie am 09.11.2007 in der 124. Sitzung des dt. Bundestages FÜR die Vorratsdatenspeicherung gestimmt haben und somit mit schwerwiegenden Eingriffen in die Privatsphäre vieler unbescholtenen Bürger einverstanden sind.

Mit freundlichen Grüßen
Fabian Gareis

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Gareis,

vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch. Ich habe am 9. November für das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie für die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung u.a. aus folgenden Gründen gestimmt:

Die Erhebung und Speicherung von Kommunikationsdaten ist ein wichtiges Instrument zur Aufklärung terroristischer und anderer schwerer Straftaten. Ohne einen Zugriff der Ermittler auf solche gespeicherten Daten hätten die verheerenden Terroranschläge von Madrid aus dem Jahr 2004 nicht so rasch aufgeklärt werden können. Auch die Aufklärung schwerer Straftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität, die sich sehr häufig durch komplexe Täterstrukturen auszeichnen, wäre ohne einen Zugriff auf Telekommunikationsverkehrsdaten kaum auf effektive Art und Weise möglich.

Beim Thema Vorratsdatenspeicherung haben mich vor allem folgende Argumente überzeugt:

Schon heute dürfen Telekommunikationsunternehmen Verbindungsdaten (Verkehrsdaten) zu Abrechnungszwecken speichern. Gesprächsinhalte dürfen insoweit nicht gespeichert werden. Über diese Daten haben die Telekommunikationsunternehmen nach den Vorschriften der Strafprozessordnung den Strafverfolgungsbehörden Auskunft zu erteilen, wenn es um die Verfolgung schwerer Straftaten oder von Straftaten, die mittels Telekommunikation begangen wurden, geht (§§ 100g u. h StPO). Die Anordnung der Erteilung einer Auskunft ist an strenge rechtsstaatliche Voraussetzungen (u. a. konkreter, durch bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht, keine anderweitige Möglichkeit der Aufklärung, Richtervorbehalt) geknüpft. Dieses Instrument der Verbindungsdatenabfrage hat sich in der Vergangenheit als unverzichtbar bei der Bekämpfung und Aufdeckung schwerer Kriminalität erwiesen. Mit der stetigen Zunahme sogenannter „Flatratetarife“, bei denen eine Speicherung von Verbindungsdaten zu Abrechnungszwecken durch die Telekommunikationsunternehmen nicht mehr erforderlich ist, drohte es mehr und mehr seine Wirksamkeit zu verlieren. Die Möglichkeit, alleine durch Nutzung solcher Flatratetarife, Strafverfolgungsmaßnahmen zu erschweren oder zu vereiteln, dürfte insbesondere der organisierten Kriminalität nicht verborgen geblieben sein. Bereits deshalb war es erforderlich, eine entsprechende Speicherungsverpflichtung der Telekommunikationsunternehmen, unabhängig davon, ob diese Daten zu Abrechnungszwecken benötigt werden, gesetzlich festzulegen. Die bisherigen Schutzvorkehrungen sind dabei uneingeschränkt beibehalten worden.

Die Maßnahmen zur Vorratsdatenspeicherung werden mit Augenmaß umgesetzt. Dabei wird dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung als auch dem Schutz der Grundrechte in ausgewogener Weise Rechnung getragen. Von den Telekommunikationsunternehmen dürfen nur die Verkehrsdaten gespeichert werden. Die Speicherungsfrist ist auf sechs Monate begrenzt. Die Anordnung der Erteilung einer Auskunft über diese Daten ist nach wie vor an strenge rechtsstaatliche Voraussetzungen (u. a. konkreter, durch bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat, die mittels Telekommunikation begangen wurde; keine anderweitige Möglichkeit der Aufklärung; Richtervorbehalt) geknüpft. Eine anderweitige Verwendung dieser Daten ist nur zu Zwecken der Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit möglich, wenn dies gesetzlich unter Beachtung der Verwendungsbeschränkungen im Telekommunikationsgesetz festgelegt ist. Eine Verwendung beispielsweise zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ist nicht zulässig.

Ihre Bedenken nehmen wir ernst. Allerdings bewegt sich die Rechtspolitik im Bereich der Telekommunikationsüberwachung in einem Spannungsfeld. Dem Grundrechtsschutz der Bürger steht die ebenfalls verfassungsrechtlich gebotene Pflicht des Staates zu einer effektiven Strafverfolgung gegenüber. Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag des staatlichen Gemeinwesens hervorgehoben (BVerfGE 107, 299, 316 m. w. N.), weil ein solches Gemeinwesen anders gar nicht funktionieren kann. Grundrechtsschutz der Bürger und Strafverfolgungsinteresse des Staates müssen deshalb in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden. Ermittlungsinstrumente sollten deshalb nicht weiter beschränkt werden, als dies verfassungsrechtlich geboten ist.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Maria Eichhorn MdB