Frage an Maria Eichhorn von Hans W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Eichhorn,
bitte erläutern Sie mir Ihre Haltung zum Tornado-Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Sie haben zwar nicht mit abgestimmt, dennoch würde mich als Bürger Ihres Wahlkreises Ihre Haltung zu dieser Frage interessieren.
Danke für Ihre Mühe,
Hans Wallnerf
Sehr geehrter Herr Wallner,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf www.abgeordnetenwatch.de vom 23.03.2007.
In der Debatte über die Tornados war immer wieder die Rede von einer neuen Qualität des ISAF-Einsatzes, welche die Bundeswehr zur „aktiven Kriegspartei“ werden lasse. Tatsache ist, dass die Bundeswehr schon vor Jahren gefährliche Aufgaben in Afghanistan übernommen hat und dementsprechend mit einem robusten Mandat ausgestattet ist. Ihrem Auftrag liegt die politische Grundüberzeugung „ohne Sicherheit keine Entwicklung“ zugrunde.
Nach eigenen Angaben haben die Taliban bis zu 10.000 Kämpfer zusammengezogen, um in den kommenden Monaten die Lage in Afghanistan zu destabilisieren, die Autorität der afghanischen Regierung zu unterminieren und erneut ein fundamentalistisches Regime zu errichten.
Die deutsche Bundesregierung verfolgt deswegen einen vernetzten, zivil-militärischen Ansatz um gegen den Terror der Taliban vorzugehen und hat bereits eine Diskussion angestoßen, wie die Strategie zur Stabilisierung der Lage in Afghanistan weiter entwickelt werden sollte. Dabei muss es um einen politischen Gesamtansatz gehen, der den zivilen Wiederaufbau und die zivil-militärische Kooperation verstärkt. Für diese Absicht hat die Bundesregierung viel Zustimmung von den Verbündeten erhalten.
Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt. Mehr als die Hälfte der Menschen sind unterernährt, weit mehr als die Hälfte lebt unterhalb der Armutsgrenze, sehr viele in extremer Armut. Besonders Frauen und die ländliche Bevölkerung sind betroffen. Noch immer ist die Analphabetenrate sehr hoch. Mohnanbau und Opiumhandel machen 35 bis 40 Prozent der afghanischen Wirtschaft aus. Die staatlichen Institutionen und Strukturen funktionieren bisher kaum und der Staat verfügt über viel zu wenig eigene Einnahmen, um seinen Aufgaben gerecht werden zu können.
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zielt deshalb auf den Aufbau und die Stärkung der staatlichen Strukturen und der Leistungsfähigkeit der Zivilgesellschaft. Die Bundesrepublik hat Afghanistan daher für den Zeitraum von 2002 bis 2007 pro Jahr 80 Millionen Euro zugesagt. Davon entfallen mehr als 50 Millionen Euro jährlich speziell auf den Bereich der Entwicklungshilfe. Einschließlich weiterer Mittel wird Afghanistan von der Bundesregierung Leistungen im Wert von mehr als 725 Millionen Euro erhalten. Ferner hat Deutschland Afghanistan Schulden im Wert von 34,38 Millionen Euro erlassen.
Schwerpunkte bei der Entwicklungsarbeit liegen hierbei im Bereich der Energieversorgung, der städtischen Wasserversorgung, der Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und ganz besonders bei der Verbesserung der Grundbildung.
Das afghanische Bildungssystem wurde in mehr als 20 Jahren Taliban-Herrschaft regelrecht zerstört. So sind heute etwa 57% der Männer und 86% der Frauen Analphabeten. Deshalb ist für die deutsch-afghanische Entwicklungsarbeit die Förderung der Grundbildung mit 12 Millionen Euro unerlässlich.
Politisch setzt sich Deutschland in der internationalen Politik weiterhin für den Aufbau von Afghanistan ein. So hat die Bundesregierung 2001 in Petersberg eine große Konferenz initiiert, auf der mit den bedeutendsten politischen Gruppen, mit Ausnahme der Taliban, über die Zukunft des Landes beraten wurde. Auf den beiden Geberkonferenzen, die 2002 in Tokio und 2004 in Berlin stattgefunden haben, wurden von der internationalen Gemeinschaft etwa 13 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau bereitgestellt.
Diese Entwicklungspolitik will die Bundesregierung weiterhin fördern. Um der Bevölkerung Sicherheit zu gewährleisten, ist auch eine militärische Unterstützung notwendig. Beim Besuch des afghanischen Staatspräsidenten Hamid Karzai hat sich dieser ausdrücklich für den Tornado-Einsatz der deutschen Bundeswehr ausgesprochen. Deswegen kann ich den Tornado-Einsatz der Bundeswehr guten Gewissens vertreten, auch wenn ich bei der Abstimmung leider nicht teilnehmen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Maria Eichhorn, MdB