Frage an Margrit Wetzel von Uwe L. bezüglich Jugend
Warum kann man bei ALG II / Sozialgeldempfängern / ergänzende Hilfe bei Arbeit nicht einführen, dass das Kindergeld nicht mehr als Einkommen angerechnet wird?
Im Moment Praxis: Hausvorstand 347,- plus Kind bis18 €288,- minus Kindergeld154,- plus Miete.
Wenn die €154,- nicht mehr angerechnet werden, würde ein großer Teil der Kinderarmut gemildert werden.
Mit freundlichem Gruß
U. Lorenzen
Sehr geehrte Frau Lorenzen,
vielen Dank für Ihre Anfrage und den Vorschlag, Kindergeld nicht mehr auf ALG-II-Leistungen (Hartz IV) anzurechnen. Für Ihr Anliegen habe ich vollstes Verständnis und Ihre Idee, „Hartz-IV“-Empfängern das volle Kindergeld zu belassen – bzw. die Höhe des Kindergeldes nicht von den ALG II-Leistungen abzuziehen - , um der Kinderarmut etwas entgegenzusetzen, scheint auf den ersten Blick durchaus naheliegend.
Die Sache ist leider etwas komplizierter: Kindergeld kann sowohl Teil des steuerlichen Familienleistungsausgleichs als auch Sozialleistung sein. Kindergeld erhalten alle in Deutschland lebenden Familien, entsprechend der Anzahl ihrer Kinder. Für Familien mit hohem Einkommen und entsprechend hoher Steuerpflicht ist das Kindergeld eine Anzahlung auf die Steuerrückzahlung, die zu erwarten ist, wenn beim Jahreslohnsteuerausgleich der Kinderfreibetrag (das steuerfreie Existenzminimum eines Kindes) geltend gemacht wird. In den meisten Fällen ist, bzw. wäre die Steuerrückzahlung, die sich aus der Berücksichtigung des Kinderfreibetrages ergibt, kleiner als die Gesamthöhe des über das Jahr hinweg gezahlten Kindergeldes. Der Teil des Kindergeldes, der über den Betrag der Steuerrückzahlung hinausgeht, ist eine Sozialleistung und gilt als Einkommen. Familien, die ein so niedriges Einkommen oder gar kein eigenes Einkommen haben, dass sie nicht steuerpflichtig sind, erhalten den Kindergeldbetrag in voller Höhe als Sozialleistung – die als Einkommen gilt.
Die ALG II-Leistungen sollen das Existenzminimum sichern. Es ist konsequent, dass vorhandenes Einkommen gegen gerechnet wird. Da Kindergeld als Einkommen gilt, wird der ALG II-Betrag um die Höhe des Kindergeldes gekürzt.
Soweit die Theorie. Die Realität sieht jedoch alles andere als zufrieden stellend aus. Es zeigt sich nur zu deutlich, dass die Beträge, die nach ALG II für Kinder vorgesehen sind, für eine angemessene Versorgung, die Chancengleichheit sichert, nicht ausreicht. Ich stimme mit Ihnen also völlig darin überein, dass Handlungsbedarf besteht. Die SPD hat erst kürzlich ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen Kinderarmut erarbeitet – nachzulesen unter http://www.spd.de/menu/1750002/. Neben zahlreichen anderen Punkten ist darin vorgesehen, den Regelsatz für Kinder nach SGB II (= ALG II = „Hartz IV“) neu und dem tatsächlichen Bedarf entsprechend zu gestalten.
Ich hoffe, dass auch unser Koalitionspartner die Notwendigkeit hierfür
einsehen wird.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Margrit Wetzel MdB