Frage an Margrit Wetzel von Bernd M. bezüglich Soziale Sicherung
Als Rot-Grün 1998 die Bundesregierung übernommen hat, lag die Rentenreserve noch bei vier Monaten. Jetzt liegt die Rentenreserve noch bei zwei Tagen. Wie erklären Sie sich das?
Sehr geehrter Herr Müller,
bei dem Umlageverfahren, nach dem die Rente funktioniert, müssen die Einnahmen genau so hoch sein wie die notwendigen Ausgaben. Die Einnahmen bestehen aus Bundeszuschuss und den Beiträgen der Versicherten. Im jeweiligen Vorjahr wird ein Beitragssatz festgelegt, der unter den Annahmen der Lohnentwicklung und der Zahl der Beitragszahler im nächsten Jahr die notwendigen Einnahmen erbringen wird.
Nachdem sich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten schlechter entwickelt hat, als erwartet, und die Unternehmen übertarifliche Leistungen wie z. B. das Urlaubsgeld vielfach abgebaut haben, ist die beitragspflichtige Bruttolohn- und -gehaltssumme geringer, so dass auch die Beitragseinnahmen geringer ausgefallen sind. Bei der Frage, die sogen. Schwankungsreserve zu reduzieren oder den Beitragssatz anzuheben, hat sich die Bundesregierung in den letzten Jahren eher für das erstere entschieden.
Denn eine Beitragssatzanhebung - und damit Lohnnebenkostensteigerung - wäre in dem Bemühen, die Einnahmeseite zu stabilisieren, kontraproduktiv und somit die schlechtere Lösung gewesen. Die ungehemmte Anhebung der Sozialversicherungsbeiträge, wie sie unter der Kohlregierung praktiziert wurde, haben wir von Anfang an für gefährlich und falsch gehalten und uns daher um eine Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge bemüht. Ich möchte daran erinnern, dass zum Zeitpunkt des Regierungsantritts der SPD im Jahr 1998 der Beitragssatz nicht bei 19,5% lag, sondern bei 20,3%.
Die Reduzierung der Schwankungsreserve, die zum Jahresende wieder bei 0,2 Monatsausgaben wie gesetzlich vorgeschrieben liegen wird, ist dabei sowohl für die Rentnerinnen und Rentner als auch die Beitragszahler ohne Konsequenzen: Die Renten werden in jedem Fall pünktlich und in voller Höhe ausgezahlt, und auch die Rentenanwartschaften der jetzigen Beitragszahler werden hiervon nicht berührt.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Margrit Wetzel