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Margrit Wetzel
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Frage von Uwe S. •

Frage an Margrit Wetzel von Uwe S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Wetzel,

ich bin Schwerbehinderter Arbeitnehmer und versuche seit Jahren Verzweifelt eine Berufsunfähigkeitsversicherung zur Absicherung meiner Familie und meines Kreditfinanzierten Hauses zu bekommen. Wie viele andere Schwerbehinderte Arbeitnehmer habe auch ich auf das neue Gleichstellungsgesetz gehofft, da ich im Widerspruch der Werbung der Versicherer (unverzichtbar) und der faktischen Ablehnung Schwerbehinderter Antragsteller eine Rechtsbeugung sehe. Wird das Gleichstellungsgesetz gemäß dem Gesetzestext bezüglich dieses Auschlusses in Ihrem Sinne richtig interpretiert?

Muss der Staat die Menschen in dieser Situation nicht vor der Marktwirtschaft schützen? Auf bestreben der SPD wurde der Hinterbliebenenschutz für nach 61-geborene getilgt. Das hat für die Menschen mehr relevanz als die Profitgier der Versicherungskonzerne.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schneider,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.

Sie fühlen sich als potentieller Kunde durch das Verhalten privater Versicherungen Ihnen gegenüber im Vergleich mit anderen Kunden diskriminiert, da Ihnen aufgrund einer Schwerbehinderung regelmäßig der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung verweigert wird. Ich verstehe natürlich Ihr Bedürfnis, sich für den Fall, dass Ihr bislang übliches Arbeitseinkommen gesundheitsbedingt ausfällt, finanziell abzusichern und ich nehme an, dass Sie durch Ihre Behinderung eine konkretere Vorstellung von einer entsprechenden Situation haben als manch andere Person, die ohne die Erfahrung gesundheitlicher Einschränkungen sorgloser in die Zukunft schaut. Dennoch muss ich Ihnen bestätigen, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) privaten Versicherungen zugesteht, im zivilrechtlichen Verkehr eine Behinderung zum Anlass für eine Ungleichbehandlung zu nehmen, „wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen.“ (§ 20, 2) Eine Risikokalkulation, mit der ein Versicherungsunternehmen nach Wahrscheinlichkeitsgesichtpunkten mehr Beiträge von den Kunden einnimmt als es für Leistungsfälle insgesamt ausbezahlt, ist die legitime Geschäftsgrundlage eines privaten Unternehmens. Aus Sicht des Gesetzgebers wäre der Eingriff in die Privatautonomie zu gravierend, wenn Privatversicherungen gezwungen würden, Verträge mit Kunden unabhängig vom jeweils mitbringenden Risiko abzuschließen. Vermutlich würde eine dann betriebswirtschaftlich notwendige Umlage des Risikos den Abschluss der Versicherung für die Mehrheit der potentiellen Kunden unattraktiv und überflüssig (man kann auch sagen „verzichtbar“) machen.

Denn was darf man von einer Berufsunfähigkeitsversicherung erwarten? Die Berufsfähigkeit kann auch Sie leider nicht absichern, allein den damit verbundenen finanziellen Schaden durch Einkommensausfall kann sie abfangen. Unverzichtbar ist hierbei, dass jemand, der sein Einkommen verliert, finanzielle Leistungen erhält, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies wird vom Staat durch Leistungen der Grundsicherung gewährleistet. Darüber hinaus erhalten Menschen, die während ihrer Berufsfähig- und -tätigkeit gesetzlich rentenversichert waren, eine Erwerbsminderungsrente, wenn ihre Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt bzw. gar nicht mehr möglich ist. Mit dieser Leistung den bisherigen Lebensstandard, soweit er aus einer besonders qualifizierten Tätigkeit und einem entsprechend überdurchschnittlichen Arbeitseinkommen resultiert, zu garantieren, ginge über das hinaus, was von der Solidargemeinschaft erwartet werden kann und liegt damit auch nicht im Verantwortungsbereich des Gesetzgebers. Private Berufsunfähigkeitsversicherungen versprechen hier, die Lücke zwischen den gesetzlich garantierten Leistungen und dem gewohnten Lebensstandard zu schließen (oder zumindest zu verkleinern). Dies gelingt – wie oben bereits erwähnt – nur, wenn das Geschäftsprinzip beiden Seiten, der des Unternehmens sowie der des Kunden, eine akzeptable Ausgewogenheit zwischen Verlustrisiko und Gewinnerwartung bietet und die ergibt sich aus der versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung.

Es tut mir leid, Ihnen somit keine Ihnen angenehmere Information hierzu geben zu können, ich hoffe dennoch, mit den Informationen zu einem besseren Verständnis beitragen zu können.

Mit freundlichem Gruß
Dr. Margrit Wetzel MdB