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Margrit Wetzel
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Frage von Hans-Georg W. •

Frage an Margrit Wetzel von Hans-Georg W. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Dr. Wetzel,
habe mit großem interesse Ihre Antwort auf die Frage von Herrn Jakobsen gelesen und Ihre Antwort hat mich in erstaunen versetzt. Ist es in unserem Rechtssystem nicht so das Urteile eines Höheren Gerichts in die allgemeine Rechtssprechung eingehen? Ihre Aussage "der Rentenverischerunggsträger.." natürlich behauptet dieser nicht zahlen zu müssen-aus verständlichen Gründen, oder? und da das der "Gesetzgeber", also auch SIe so wollten, ist das Rechtens? Warum hat das Gericht so entschieden? Wenn Sie als Abgeorndete es zulassen das jeder Einzelne klagen muss - bis zum höchtsten Gericht - haben die kaum etwas anderes zu tun- ist das der Sinn?

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Georg Waschk

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Waschk,

Sie fragen, ob es denn nicht so sei, dass Urteile eines Höheren Gerichts in die allgemeine Rechtsprechung eingingen? Nun, sicher mögen sie in die allgemeine Rechtsprechung „eingehen“. Ein einzelnes Urteil kann aber nicht die allgemeine Rechtsprechung verbindlich vorgeben. Die Annahme, dass jede Entscheidung des Bundessozialgerichts automatisch auch in allen anderen vergleichbaren Fällen umgesetzt werden muss, ist ein Irrtum. Das deutsche Recht kennt keine Allgemeinverbindlichkeit von Urteilen von Fachgerichten, anders als beispielsweise der angelsächsische Kulturkreis. In Deutschland fällen Fachgerichte Einzelurteile, die nur die Prozessparteien untereinander binden.

Nun ist es aber beileibe nicht so, dass Verwaltungen höchstrichterliche Urteile, die von ihrer bisherigen Rechtsauslegung und Verwaltungspraxis abweichen, generell ignorieren und weitermachen wie bisher. Ganz im Gegenteil. Dass die Rentenversicherung in dieser Frage so verfährt ist eine seltene Ausnahme, die in der Besonderheit des Falles liegt. Denn die Rechtsauslegung des 4. Senats des Bundessozialgerichtes deckt sich nicht mit dem vom Gesetzgeber gewollten Erwerbsminderungsrecht und es ist zu erwarten, dass künftige Entscheidungen (von anderen Senaten) des Bundessozialgereichtes zu dieser Frage die Praxis der Deutschen Rentenversicherung bestätigen.

Der Rentenversicherungsträger kann es sich nämlich nicht leisten, so wie Sie es andeuten „aus verständlichen Gründen“, einfach zu „behaupten“, nicht zahlen zu müssen. Er ist an das Gesetz gebunden, das den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringt.

Ja, es ist Rechtens, dass der Gesetzgeber – also die Volksvertretung per Mehrheitsbeschluss im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens – seinem Willen folgend festlegt, dass die Erwerbsminderungsrente durch Abschläge gemindert wird. Auch wenn betroffene Rentenempfänger aus verständlichen Gründen lieber davon verschont blieben, hielt der Bundestag es bei seiner Entscheidung für angebracht, eine Angleichung der Höhe der Erwerbsminderungsrenten an die Höhe der (vorzeitig in Anspruch genommenen) Altersrenten an Schwerbehinderte, die schon vorher abschlaggemindert waren, herbeizuführen – im Sinne des Gesamtwohls. In meiner Antwort an Herrn Jakobsen hatte ich bereits erklärt, dass diese Belastung durch die Verlängerung der Zurechnungszeit in den meisten Fällen kompensiert wird.

Mit freundlichem Gruß
Dr. Margrit Wetzel MdB