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Margrit Wetzel
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Frage von Jens Peter J. •

Frage an Margrit Wetzel von Jens Peter J. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Dr. Wetzel,

mich beschäftigt ein Anliegen zu den Rentenabschlägen bei Erwerbsminderungsrenten.

Das Bundesozialgericht hat in seinem - B 4 RA 22/05 R - vom 16.5.2006 höchstrichterlich entschieden, dass es bei Erwerbsminderungsrenten die vor dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen werden müssen, keine Rentenabschläge geben darf. Dieses von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) angewandte Verfahren ist verfassungswidrig und steht im Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere § 77, Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Rechtsmittel gegen diese
höchstrichterliche Entscheidung gibt es nicht. Entscheidungen des BSG sind für die Deutsche Rentenversicherung verbindlich.
Trotzdem weigert sich die DRV, dieses Urteil umzusetzen und das offensichtlich mit voller Rückendeckung durch das zuständige Ministerium Ihres Parteifreundes Müntefering.

Viele tausend Rentner, die von diesem Urteil und seiner Nichtausführung betroffen sind, empfinden das Verhalten der Behörde und des zuständigen Ministeriums als einen Affront!

Wie beurteilen Sie diesen Umgang mit Bürgern, denen man ihr Recht verwehrt?
Und wie ist das Verhalten der DRV mit den Grundsätzen eines Rechtsstaats vereinbar?

Mit freundlichen Grüßen von der Nordsee-Küste!

Jens Peter Jacobsen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Jakobsen,
das von Ihnen erwähnte Urteil ist tatsächlich höchstrichterlich und insofern für den Rentenversicherungsträger bindend – allerdings nur bezogen auf diesen konkret verhandelten Einzelfall. Bundessozialgerichtsurteile sind generell Einzelfallentscheidungen, die daher nicht automatisch Eingang in die allgemeine Rechtspraxis finden. Die Übertragbarkeit dieses konkreten Urteils auf andere ähnlich oder gleich gelagerte Fälle wird von der Deutschen Rentenversicherung Bund verneint. Damit bewegt sich der Versicherungsträger auf der Linie dessen, was der Gesetzgeber mit der Erwerbsminderungsrentenreform 2001 beabsichtigt hat. Wer aus dem Berufsleben vorzeitig – und sei es auch gezwungenermaßen – ausscheidet, muss Abschläge von der Vollrente in Kauf nehmen. Nur mit einer Erwerbsbiografie, die bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter reicht, kann man volle Rentenansprüche erwerben. In vielen Fällen werden die Abschläge dadurch kompensiert, dass seit 2001 die Jahre zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr - auch wenn keinerlei Beiträge eingezahlt werden (können) – bei der Rentenberechnung als Rentenaufbauzeit voll, statt wie bisher nur zu 33 % angerechnet werden.

Mit freundlichem Gruß
Dr. Margrit Wetzel