Portrait von Marcus Weinberg
Marcus Weinberg
parteilos
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Marcus Weinberg zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Markus W. •

Frage an Marcus Weinberg von Markus W. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Weinberg,

Sie haben heute in der Hamburger Morgenpost folgende Aussage gemacht:

"Ich finde es unglücklich, dass von den Initiatoren (einer Demonstration von weit über 5000 Teilnehmern) auch falsche Informationen veröffentlicht wurden. Es stimmt eben nicht, dass die Klassenverbände abgeschafft werden sollen. Es stimmt auch nicht, dass wir eine Quote fürs Gymnasium schaffen."

Fragen, die Sie mit ja oder nein beantworten könnten:

Komplex "Klassenverband"

1.) Ist es richtig, dass im Referentenentwurf der Schulbehörde und ihres Kolitionspartners § 11 Abs. 3 Satz 1 "Der Unterricht wird im Klassenverband oder in Kursen erteilt." nicht mehr enthalten ist?
2.) Ist es richtig, dass in § 11 (neu) künftig klargestellt ist: "Die Organisation des Unterrichts und sonstiger schulischer Pflichtveranstaltungen orientiert sich am individuellen Bildungsweg der Schülerin oder des Schülers. Sie kann unabhängig von ihrer oder seiner Zugehörigkeit zu einer Lerngruppe oder Klasse erfolgen" ?
3.) Verfügen sie über die nötige Portion Chuzpe, nunmehr einfach zu behaupten, der am Klassenverband orientierte Unterricht sei folglich nicht in Frage gestellt?

Fragenkomplex "Quote fürs Gymnasium"

1.) Ist es richtig, dass 52 % der Schüler gegenwärtig auf das Gymnasium streben?
2.) Ist es richtig, dass Sie, Ihre Partei und Bürgermeister v. Beust die (allerdings falsche) Behauptung äußern, die Abiturientenzahl entspreche am Ende weniger als 35 % der Hamburger Schülerschaft?
3.) Ist es richtig, dass die Schulformwechsel künftig nach der 6. Klasse zur weiterführenden Schule gem. § 42 von den "Prognosen einer erfolgreichen Mitarbeit" und nicht mehr vom Elternwahlrecht abhängen?
4.) Besitzen Sie auch hier die Chuzpe behaupten zu wollen, das Ziel bleibt besteht weiterhin, Größenordnungen von 50 % und mehr der Hamburger Schüler zu den Gymnasien zu zulassen?

Mit mir sind viele Hamburger Eltern, Lehrer und Schüler gespannt auf Ihre Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

Portrait von Marcus Weinberg
Antwort von
parteilos

Sehr geehrter Herr Wegner,
vielen Dank für Ihre Fragen über abgeordnetenwatch.de.

Zum Klassenverband:

Sie haben einen Teil aus der Schulgesetznovelle zitiert. Ich ergänze diesen um den Satz zuvor im Text (Schulgesetznovelle §11 (3)):

"Jede Schülerin und jeder Schüler gehört einer Lerngruppe oder Klasse an, die von einer für ihren bzw. seinen schulischen Werdegang verantwortlichen Lehrkraft geleitet wird."

Für uns ist es selbstverständlich, dass es auch in Zukunft weiterhin die uns so vertraute Klasse als sozialer Lernort der Klassengemeinschaft geben wird. Auch die Klassenlehrer wird es weiterhin
geben. Dazu kommt aber ein sog. Jahrgangsteam. Ergänzung in der Einzelbegründung:

"Das Prinzip der Klassenlehrerin bzw. des Klassenlehrers als feste Bezugsperson bleibt damit trotz der angestrebten Bildung von Jahrgangsteams erhalten."

Es ist doch vernünftig, wenn die Personen, die das Kind im Unterricht oder in der sozialen Gemeinschaft der Klasse erleben, dann auch gemeinsam unter Hinzuziehung verschiedener Professionen (Erzieher, Sozialpädagogen, Sonderpädagogen) die Eltern beraten. Dieses ist eine elementare Unterstützung der Klassenlehrer. Außerdem hat die Schulsenatorin diese Frage auch in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt am 27. April klar gestellt.

Zu den Quoten für das Gymnasium:

Es wird keine Übergangsquote geben! Eine große Hamburger Tageszeitung hatte Kalkulationsgrößen auf Basis vergangener Übergangszahlen der Behörde als "feste Quoten" interpretiert. Auch dieses „Missverständnis“ ist mehrfach klargestellt worden!
Zu den Übergängen auf das Gymnasium lassen Sie mich einige Daten aus der Drucksache 19/1226 der Hamburgischen Bürgerschaft darstellen:
Von 14.951 Kindern in der Klasse 5 im Schuljahr 2006/2007 besuchten 7.272 Schülerinnen und Schüler erstmals das Gymnasium, das entspricht einem Anteil von 48,6 % Gymnasiasten am Jahrgang.
Die Zahl der vom Gymnasium abgehenden Kinder und Jugendlichen lag im Schuljahrwechsel 2006/2007 auf 2007/2008

nach Klasse 5: 158 (2.2%)
nach Klasse 6: 271 (4,4%)
nach Klasse 7: 76 (1,2%)
nach Klasse 8: 111 (1,9%)
nach Klasse 9: 149 (2,7%)
nach Klasse 10: 117 (2,1%)

Der Anteil der wiederholenden Gymnasiasten aus der genannten Drucksache für das Schuljahr 2007/2008 liegt für die jeweiligen Klassenstufen bei
Klasse 5: 92 (1,2%)
Klasse 6: 78 (1,2%)
Klasse 7: 90 (1,5%)
Klasse 8: 135 (2,2%)
Klasse 9: 138 (2,4%)
Klasse 10: 153 (2,7%)

Dies sind alleine 882 Schülerinnen und Schüler, die nach dem Schuljahr 2006/2007 das Gymnasium im Sekundarbereich I verlassen haben, und 686 Kinder und Jugendlichen, die im Schuljahr 2007/2008 ihre Klasse wiederholen mussten.

Diese hohen Zahlen wird es in Zukunft nicht mehr geben.

Es ist richtig, dass nach Klasse 6 der Übergang zum Gymnasium nur noch durch eine Übergangsberechtigung erfolgt. Jedoch kann dann kein Kind mehr vom Gymnasium "abgeschult" werden, da wir die Prognosefähigkeit stärken und die Eltern in einem intensiven und transparenten Beteiligungsprozess einbinden.

Es wird auch kein Kind mehr eine Klassenstufe wiederholen müssen, da ein konsequent individualisierter Unterricht dazu führen wird, dass jedes Kind ideal nach seinen persönlichen Erfordernissen gefördert wird. Ich bin froh, dass solche für viele Kinder frustrierende Momente einer Schullaufbahn durch eine Modernisierung des Schulsystems zukünftig ausgeschlossen werden.

Ich bin dankbar für die letzte Frage: Natürlich ist und bleibt es das Ziel der Schwarz-Grünen Koalition, eine möglichst große Zahl von Schülerinnen und Schülern zum Abitur entweder nach zwölf Jahren auf dem Gymnasium (gerne 50% und mehr) oder nach 13 Jahren auf der Stadtteilschule zu führen. Auch deswegen wird diese Schulstrukturreform durchgeführt!

Dabei gilt es aber die Standards für das Abitur einzuhalten - keine Quoten zu erfüllen!

Mit besten Grüßen
Marcus Weinberg