Sehen Sie einen Reformbedarf für die Arbeitsbedingungen in wissenschaftlichen Einrichtungen? Wie stehen Sie zur Diskussion um das WissZeitVG #IchbinHanna? Sind Sie zufrieden mit Frau Anja Karliczek?
Sehr geehrter Herr Marcus Otto,
Sie kandidieren in einem Bezirk, in dem sich nicht nur die Freie Universität, sondern auch viele Forschungsinstitute befinden. Viele wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Freien Universität bzw. der zahlreichen Forschungsinstitute leben in ihrem Wahlbezirk.
Wie stehen Sie zur Diskussion um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), die in den letzten Monaten unter dem #IchbinHanna durch die sozialen und herkömmlichen Medien lief.
Sind Sie zufrieden mit der Leistung des Bundesministerium für Bildung und Forschung und deren Ministerin Frau Anja Karliczek?
Sehen Sie einen Reformbedarf für die Arbeitsbedingungen in wissenschaftlichen Einrichtungen?
Haben Sie Ideen, wie die prekären Arbeitsbedingungen (kurze befristete Vertragslaufzeiten auf Teilzeitbasis (trotz geleisteter Vollzeitarbeit) ohne Entfristungsperspektive) von wiss. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessert werden kann?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Gerloff
Sehr geehrter Herr Gerloff,
eigentlich ist die Frage ja eine Steilvorsorge für Kandidat*innen von die LINKE. Unsere Fraktion steht hinter der Kampagne "ich bin Hanna". Hier hat sich z.B. Nicole Gohlke auch klar bekannt:
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"Wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung über die wissenschaftlichen Beschäftigten spricht, ist völlig respektlos. Wer meint, dass Lehrende und Forschende die Hochschulen verstopfen und Innovation behindern würden, hat jedes Vertrauen verspielt. Frau Karliczek ist keine Lobby, sondern eine Bürde für die Wissenschaft. Sie trägt die politische Verantwortung dafür, dass immer noch über 90 Prozent des Personals in Lehre und Forschung befristet sind. Das ist ein sozial- und arbeitspolitisches Desaster. Den Ländern ohne durchsetzbare Entfristungsverpflichtungen Milliarden zu zahlen und dann die Verantwortung an die jeweiligen Ministerien und Hochschulen abzugeben, ist ein Taschenspielertrick", erklärt Nicole Gohlke, hochschul- und wissenschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, und versichert den Beschäftigten an den Hochschulen und Forschungsinstituten ihre volle Unterstützung. Gohlke weiter:
"Eine zukunftsfähige Wissenschaft gibt es nicht mit noch mehr Konkurrenz und Exzellenzwettbewerben, sondern mit sicheren Jobs und einer soliden Finanzierung. Hinter Innovationen und Grundlagenforschung stehen gestandene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Respekt und sichere Jobs verdient haben. Der Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden und langfristig seine Mittel für mehr Personal und entfristete Stellen aufstocken.
Unser Antrag für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes liegt zur Abstimmung auf dem Tisch. Die anderen demokratischen Bundestagsfraktionen können nun unter Beweis stellen, ob sie es ernst meinen mit ihren Reformversprechen. Fest steht: DIE LINKE steht an der Seite der Beschäftigten für bessere Arbeitsbedingungen und berufliche Perspektiven."
Auch in ihrem Wahlprogramm bekennt sich die LINKE klar zur Verantwortung zum Unter- und MIttelbau:
Dazu muss der wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Unter- und Mittelbau
gestärkt werden. Daueraufgaben müssen auf Dauerstellen bearbeitet werden.
Prekäre Arbeit, Lehre zu Dumpingvergütung und die Ausbeutung von Lehrbeauftragten
und nichtwissenschaftlichen Beschäftigten lehnen wir ab. Die Honorare für Lehraufträge
wollen wir erhöhen, sie müssen auch die Vor- und Nachbereitung abdecken. Zentrale
Lehraufgaben müssen auf festen, unbefristeten Stellen geleistet werden.
- Frist ist Frust. Rund 90 Prozent der Beschäftig Sonderbefristungsrecht für wissenschaftliches Personal wollen wir abschaffen: Unbefristete Arbeitsverhältnisse müssen die Norm werden.
- Statt von einzelnen Professor*innen abhängig zu sein, soll der wissenschaftliche Nachwuchs Abteilungen (Departments)
Qualifikationsstellen von Doktorand*innen müssen mit 100 Prozent vergütet werden. - Wir brauchen einen flächendeckenden Tarifvertrag für studentische Beschäftigte sowie deren Vertretung im Personalrat.
Studentische Beschäftigte müssen mittelfristig in den TV-L eingegliedert werden. Wir unterstützen die TVStud-Initiativen in ihrem Anliegen nach kurzfristig eigenen Tarifverträgen. - Frauen stärken: Wir wollen eine 50-prozentige Frauenquote auf jeder Karrierestufe durchsetzen und das Professorinnenprogramm zu einem Programm für die Förderung von Frauen auf allen Karrierestufen weiterentwickeln.
- Die Hochschulen werden zu einem wesentlichen Teil durch nicht wissenschaftliches Personal in der Verwaltung,dem Gebäudemanagement und dem Forschungsbetrieb mitgetragen. Wer von Arbeitsbedingungen an Universitäten spricht, darf diesen Teil der Beschäftigten nicht Personalaufbaupakt für die Hochschulverwaltungbraucht. Auch in der Hochschulverwaltung gilt für uns: Dauerstellen für Daueraufgaben.
- Steuermittel zur Forschungsförderung dürfen nur an tarifgebundene Einrichtungen gehen. Das schafft auch Anreize, dass die Institute der Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft und Leibniz-Gemeinschaft Mitglied in einem Arbeitgeberverband werden.
Das Programm gilt natürlich auch für mich -zumal ich aus meinem Leben auch selbst Erfahrungen aus befristeten Projekttätigkeiten mitbringe.
Die Frage nach Anja Karliczek ist Spaß, oder? Im Prinzip war wohl zu Beginn der Legislatur klar, dass hier keine Zufriedenheit hergestellt werden konnte . Auch wenn manche das anders sehen, denke ich weiterhin, dass es einen Unterschied macht, wen man wählt, da auch die Zielgruppe der eigenen Politik eine andere ist. Die CDU, für die Anja Karlicek ja ihr Ministerium führt, hat seit den Kohl Jahren im Wesentlichen die Wirtschaft im Fokus, die Verschlankung der staatlichen Strukturen, der Öffnung von Möglichkeiten für Co-Finanzierung und der Flexibilisierung, die letztendlich meist auch Abbau sozialer Sicherheit, fairer Bezahlung etc. ist. Die LINKE hat ein Steuermodell entwickelt, das die sich seit Jahrzehnten öffnende Einkommensschere wieder weiter schließen möchte; eine Grundlage dafür, dass auch wieder Geld in die Bildung und Wissenschaft fließen kann.