Welche Auswirkungen hat der Antrag auf Rheinland-Pfalz als Grenzregion? Sehen Sie Konflikte mit Europarecht und Grundrechten? Welchen Stellenwert hat das Europarecht für Sie?
Sehr geehrter Herr Weber,
am 29. Januar 2025 wurde im Bundestag ein Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Unterstützung der AfD knapp angenommen. Dies hat eine breite Debatte ausgelöst, da es das erste Mal war, dass ein Antrag mit AfD-Stimmen eine Mehrheit fand. Zudem gibt es Bedenken zur Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und europäischem Recht.
Als Bürger von Rheinland-Pfalz und der Grenzregion, einem Bundesland mit mehreren europäischen Nachbarn, interessieren mich besonders die Auswirkungen auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und den Umgang mit grundlegenden Rechten. Wie bewerten Sie diesen Beschluss im Hinblick auf unsere Nachbarländer und den Stellenwert des Europarechts? Welche Bedeutung messen Sie europäischer Rechtsprechung und Grundrechten bei, insbesondere im Kontext der Migration?
![Marco Weber Portrait von Marco Weber](/sites/default/files/styles/politician_teaser_xsmall/public/politicians-profile-pictures/marcoweber.jpg?itok=GC0wWsnj)
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Auch mich und meine Fraktion haben die Ereignisse der letzten Woche sehr nachdenklich gestimmt.
Aus meiner Sicht befindet sich Deutschland aktuell in einem Spannungsverhältnis zwischen notwendigen Änderungen in der (deutschen und europäischen) Migrationspolitik und der Aufrechterhaltung des offenen europäischen Binnenmarktes, des Schengen-Raums. Denn dieser ist die große Stärke der Europäischen Union.
Wir Freie Demokraten bekennen uns zum Europäischen Projekt. Als Garant für Frieden, Freiheit, Fortschritt, Wohlstand und Sicherheit prägt Europa unser Leben in Deutschland und Rheinland-Pfalz seit nun 80 Jahren. Wir setzen uns vehement dafür ein, dass Europa diese Errungenschaften auch in Zukunft gewährleisten kann.
Als ein exportorientiertes Bundesland profitiert Rheinland-Pfalz von seiner Position im Herzen Europas. Mit unseren Nachbarn in Belgien, Luxemburg und Frankreich pflegen wir nicht nur breitgefächerte Kooperationen, sondern auch langjährige und intensive Freundschaften. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wird in diesen Regionen tagtäglich gelebt: Pendlerinnen und Pendler überqueren die Grenze, um ihrer Arbeit nachzugehen, Schulen und Universitäten empfangen Austauschschüler und -studierende, Unternehmen transportieren ihre Waren störungsfrei, Menschen genießen Kulturveranstaltungen, Konzerte oder einfache Wochenmärkte im Nachbarland.
Mir und meiner Fraktion, den Freien Demokraten im Landtag Rheinland-Pfalz, ist es deshalb ein zentrales Anliegen, die grenzüberschreitende Kooperation mit unseren Nachbarn zu erhalten und zu vertiefen. So ist es unter liberaler Mitwirkung gelungen, die Gültigkeit des Deutschlandtickets in der Grenzregion zu Luxemburg auszudehnen. Ab dem 1. Januar 2025 können alle Busverbindungen im Nahverkehr zwischen Rheinland-Pfalz und Luxemburg mit dem D-Ticket genutzt werden. Ein großer Schritt für mehr Freiheit und Mobilität über Grenzen hinweg.
Gleichzeitig sehen wir die Problematik einer unkontrollierten, irregulären Migration nach Europa und nach Deutschland. Aschaffenburg, Solingen, Mannheim haben uns jüngst schmerzhaft vor Augen geführt, dass die bisherige Migrationspolitik einer Kurskorrektur bedarf. Die Lösung dafür muss auf der dafür zuständigen Ebene, im Bund, gefunden werden.
Für die Freien Demokraten ist klar: Wir brauchen eine deutsche und europäische Migrationspolitik, die Humanität und Ordnung zusammendenkt. Dafür sollten wir innerhalb Deutschlands und innerhalb Europas gemeinsam an einem Strang ziehen.
Die EU hat sich 2024 nach Jahren der Blockade auf den Weg gemacht, mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) die Migrationspolitik neu zu ordnen. Damit sollten das Europa der offenen Grenzen erhalten, rechtsstaatliche Asylverfahren gefestigt und gleichzeitig Migration besser kontrolliert und gesteuert werden. Eine zügige Umsetzung der Reform muss nun kommen. So kann es uns gelingen, geltendes (Europa-)Recht zu wahren und den offenen europäischen Binnenmarkt, den Schengen-Raum aufrechtzuerhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Weber, MdL