Frage an Marco Tullner von Peter W. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Tullner,
in Wahlprogramm der CDU findet sich folgender Satz: "Der Finanzausgleich Sachsen-Anhalt hat ab 2012 aufgabenbezogen zu erfolgen."
Laut Ergebnissen einer Kommission des Landes müsste Halle ca. 30 Mio € mehr Mittel aus dem Finanzausgleich zur Verfügung gestellt bekommen, um die vom Land zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen.
Ich habe dazu folgende Fragen:
Warum hat die Regierungskoalition nicht entsprechend den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag die Zuweisungen nicht schon längst aufgabenbezogen verteilt (spätestens bei der Novelle Ende 2009 als die Berechnungen schon vorlagen)?
Warum haben sie dem geltenden Gesetz zugestimmt, obwohl klar ist, dass die Stadt Halle nicht die Gelder erhält, die für die Erledigung der Ausgaben notwendig sind?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Werner
Sehr geehrter Herr Werner,
vielen Dank für die spannende Frage. Unser Landesetat hat bekanntlich ein Volumen von ca. 10 Mrd. €. Knapp die Hälfte davon bekommen wir von EU, Bund und den wirtschaftsstarken Bundesländern. Diese Einnahmen werden sich bis 2019 deutlich verringern, weil der Solidarpakt 2 ausläuft, der Länderfinanzausgleich neu verhandelt werden muss und die Einnahmen der EU nach 2013 auch zurückgehen werden. Hinzu kommen die sinkenden Einwohnerzahlen, die sich bei den Berechnungen negativ auswirken. Das bedeutet, das die Masse der zu verteilenden Finanzen begrenzt und insgesamt sinkend ist. Soweit zu den Rahmenbedingungen.
Die Novellierung des FAG (Finanzausgleichgesetz) war dringend geboten, weil spätestens nach den Urteilen des Thüringer Verfassungsgerichtes klar war, dass eine Festlegung der Finanzausstattung nach "Kassenlage" den Maßstäben nicht mehr standhalten würde. Daher haben wir ein aufgabenbezogenes FAG angestrebt. Im Verlauf der Beratungen stellte sich heraus, dass unser Innenministerium die komplizierten Berechnungsmodi nicht wirklich beherrscht hat. Es gab Referentenentwürfe, die sich über die Pfingstfeiertage 2008 deutlich verändert hatten, ohne dass die kommunale Spitzenverbände oder gar der Landtag dies wirklich nachvollziehen konnte.
Sei es drum, am Ende wurde ein Entwurf verabschiedet, der aufgabenbezogene Komponenten enthält. Daher die Zielformulierung, die komplette Umstellung mit dem neuen FAG, das alte ist in seiner Gültigkeit bis 2011 befristet, zu erreichen.
Diese Stufenlösung ist u.a. in zwei Fakten begründet. Durch die parallel laufende Reform der Gemeindengebiete war die Berechnung der Aufgaben in den neuen Strukturen nur sehr schwer möglich und zweitens waren die Veränderungen in der Ausstattung der Kommunen z.T. so gravierend, dass die Koalition eine Stufenlösung favorisiert hat.
Für Halle bedeutet dies, dass die Erwartungshaltung, ein neues FAG würde alle Probleme unserer Stadt lösen, eine Illusion wäre. Natürlich haben Oberzentren eine "Leuchtturmfunktion", bekommen aber dafür neben dem FAG eben auch z.T. zusätzliche Einnahmen.
Als Hallescher Abgeordneter werde ich mich immer für unsere Stadt einsetzen. Es wäre aber unredlich zu verkünden, dass das neue FAG die Probleme von Halle dadurch lösen kann, die Zuweisungen millionenschwer zu erhöhen, ohne zu sagen, woher diese Umschichtung kommen soll.
Auch unsere Stadt Halle muss Ihren Beitrag zu wirklichen Konsolidierungen, gerade auch hinsichtlich der beschriebenen mittelfristigen Entwicklung, leisten. Mit Blick auf die kommunalpolitischen Diskurse der jüngsten Vergangenheit scheint mir eine rein nach außen gerichtete Erwartungshaltung nicht ganz schlüssig.
Herzliche Grüße
Marco Tullner