Was steckt dahinter, dass im §6 des geplanten SBGG nur noch von einer Änderung des Geschlechtseintrags, statt der Geschlechtszugehörigkeit (TSG §10) die Rede ist?
Im TSG §10 (1) steht: "Von der Rechtskraft der Entscheidung an, daß der Antragsteller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, richten sich seine vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten nach dem neuen Geschlecht, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist."
Hier ist die Rede von der Anerkennung der Zugehörigkeit des Geschlechts, auch der Titel des TSG richtet sich nach dieser ("Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit").
Im SBGG hingegen ist überall nur noch die Rede von der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen (SBGG §6). Nirgends wird erwähnt, dass wir dem Geschlecht als zugehörig angesehen zu sind und da das SBGG das TSG ablöst, wird damit auch TSG Opfern die erkämpfte Zugehörigkeit abgesprochen.
Wie rechtfertigen Sie dies?
Sehr geehrte Frau H.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wir Freie Demokraten wollen allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Die geschlechtliche Identität gehört zur individuellen Persönlichkeit und muss deswegen durch das Persönlichkeitsrecht geschützt werden. Das geltende Gesetzesrecht trägt diesem Selbstbestimmungsrecht bislang nicht hinreichend Rechnung. Deswegen haben wir uns als Fortschrittskoalition darauf verständigt, das Transsexuellengesetz abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen.
Das medizinische und gesellschaftliche Verständnis von Geschlechtsidentität hat sich in
den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2017 entschieden, dass die Zuordnung eines Menschen zu einem Geschlecht nicht allein nach seinen physischen Geschlechtsmerkmalen beurteilt werden kann, sondern wesentlich auch von seiner psychischen Konstitution und seiner nachhaltig selbst empfundenen Geschlechtlichkeit abhängt. Diesen veränderten rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen trägt das Selbstbestimmungsgesetz inhaltlich und sprachlich Rechnung. Daher stellt das SBGG den Begriff der "Geschlechtsidentität" in den Vordergrund (vgl. §§ 1,2 SBGG-Entwurf) und verzichtete auf Begrifflichkeiten, die als Ausdruck eines fremdbestimmten Blicks auf die eigene Geschlechtlichkeit empfunden werden könnten.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB