Frage an Marco Bülow von Gerhard R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Mdb Marco Bülow, in Ihrer Funktion als Mitglied des Ausschusses für Arbeit und Soziales erlaube ich mir, mich mit dieser Fragestellung an Sie zu wenden. Hierzu interessiert mich auch die Position der Fraktion dazu im vorgenannten Ausschuß, insbesondere, da es sich ganz offenbar nicht um ein regionalen sondern bundesweiten Rechtskonflikt handelt
Anwendung des SGB IX im Rechtsumfeld des SGB II
Festzustellen ist in vielen regionalen Bereichen im Zuge der beruflichen Rehabilitation, ja der beruflichen Erstausbildung Behinderter, so diese in den Rechtsbereich des SGB II geraten, dass durch die ARGEn/JobCenter weder eine qualifizierte Integrationsberatung noch angemessene Maßnahmen zur Eingliederung zu verzeichnen sind (§ 24 – 37, 97 ff SGB III i. V. M. §§ 33 ff SGB IX), ganz im Gegensatz zum Grundanliegen des SGB IX! So wird nahezu regelmäßig rechtswidrig Leistungsentzug gem. § 7 (5) SGB II vollzogen, sobald betroffene Behinderte Maßnahmen im Sinne der §§ 6a, 33 ff SGB IX in Anspruch nehmen!
Dazu beispielhaft Urteile:
L 3 AS 61/11 B
L 6 AS 168/08
S 38 AS 4463/10
Insofern ist mit Einführung des SGB II für den betroffenen Personenkreis nach § 2 SGB IX eine z. T. existenzgefährdende und menschenunwürdige Verschlechterung der Situation festzustellen.
Wie stellen Sie, wie stellt Ihre Fraktion sowie die betroffenen Ausschüsse sicher, das sowohl Rechtseinheitlichkeit im Sinne des Art. 3 (1) GG i. V. m. SGB IX sichergestellt ist;
als auch dem Grundrechtsanspruch aus Art 3 Abs. 3 letzter Halbsatz auch nur im Kern vollzogen wird..
Es ist m. E. nicht nachvolziehbar, das wiederum die Rechtsprechung, im Zweifel die der höchsten deutschen Gerichtsbarkeit wesentliche Entscheidungs- und Handlungsunzulänglichkeiten von Mandatsträgern im Rahmen eindeutiger Rechtssetzung auszugleichen haben.
Mit freundlichen Grüßen,
, ehrenamlt. Berater SGB I, II, III, IX,...
Diese Anfrage richte ich gleichlautend an weitere Amtskolleginnen
(Pothmer, Högl, Humme)
Sehr geehrter Herr Roloff,
zunächst vielen Dank für Ihre Anfrage. Bei dem Thema, das Sie ansprechen, bin ich kein Fachexperte. Ich habe mich daher mit Ihrem Anliegen an die Behindertenbeauftrage der SPD-Bundestagsfraktion Silvia Schmidt gewandt. Frau Schmidt hat vor kurzem eine Anfrage an die Bundesagentur für Arbeit (BA) zum Thema "Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 5 SGB II bei behinderten Menschen" gerichtet. Die Antwort der BA möchte ich im folgenden wiedergeben. Sollten Sie weitere Fragen zu dem Thema haben, würde ich Sie bitten sich direkt an Silvia Schmidt (Tel. 030/ 227 73109, Mail silvia.schmidt@bundestag.de ) zu wenden.
Im Folgenden die Antwort der BA im Wortlaut:
Anfrage der MdB Frau Silvia Schmidt, Behindertenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion vom 08.08.2012 zum Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 5 SGB II bei behinderten Menschen
1. Ausgangslage
MdB Schmidt bittet um Stellungnahme zu einem Anliegen eines Bürgers, der bei behinderten Menschen, die im Rechtskreis SGB II betreut werden, einen rechtswidrigen Leistungsausschluss feststellt, sofern die betroffenen Menschen Leistungen nach § 33 ff SGB IX erhalten.
In diesem Zusammenhang beanstandet der Bürger, dass Jobcenter in den genannten Fällen ihre Beratungs- und Förderleistungen einstellen.
Aus den hier vorliegenden Informationen, wird angenommen, dass der Bürger einen möglichen Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II bei Rehabilitanden beanstandet, die aufgrund der Förderung mit Leistungen der Berufsvorbereitung oder der beruflichen Ausbildung nach § 33 ff SGB IX Ausbildungsgeld beziehen. Die fachliche Bewertung ist auf dieser Annahme begründet.
2. Fachliche Bewertung
Anspruch auf Ausbildungsgeld:
Nach § 6a SGB IX ist die Bundesagentur für Arbeit zuständiger Träger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Sie erbringt für Rehabilitanden unter anderem Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs. 3 Nr. 2 oder 4 SGB IX in Form von Maßnahmen der Berufsvorbereitung (BvB) oder für Ausbildungen. Aus einer Teilnahme an einer solchen Leistung ergibt sich ein Anspruch auf Ausbildungsgeld sowie ggf. ein Anspruch auf Leistungen zur Unterbringung nach §§ 122, 123 SGB III. Nach § 122 Abs. 2 SGB III werden die Regelungen für Berufsausbildungsbeihilfe analog angewendet.
Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II:
Für die Jobcenter bedeutet dies, dass bei Aufnahme einer Ausbildung zu prüfen ist, ob ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II vorliegt. Hiernach haben Auszubildende, deren Ausbildung dem Grunde nach durch Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) förderfähig ist - über die Leistungen für Auszubildende nach § 27 SGB II hinaus - grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.
§ 7 Abs. 5 SGB II erfasst auch diejenigen Fälle, in denen für eine dem Grunde nach durch BAB förderfähige Ausbildung ein Anspruch auf Ausbildungsgeld nach § 122 SGB III besteht. Die Sicherung des Lebensunterhaltes wird durch das Ausbildungsgeld - analog BAB - sichergestellt.
Auszubildende, die von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen sind, können Leistungen nach § 27 SGB II beim zuständigen Jobcenter beantragen. Diese umfassen unter anderem Mehrbedarfe, Darlehen in besonderen Härtefällen oder Übernahme von Schulden - diese Leistungen gelten nicht als Arbeitslosgengeld II.
In den Fällen, in welchen der im Ausbildungsgeld pauschaliert enthaltende Satz für die Kosten der Unterkunft nicht ausreicht, um die tatsächlichen Kosten zu decken, können die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung beim zuständigen Jobcenter beantragt werden (vgl. § 27 Abs. 3 SGB II).
Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II - aufgrund des Bezugs von Ausbildungsgeld - bedeutet jedoch nicht unbedingt einen Wegfall der Hilfebedürftigkeit.
Sofern der Auszubildende weiterhin hilfebedürftig ist, können auch beim Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts Eingliederungsleistungen vom Jobcenter gewährt werden.
Ausnahmen vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 6 SGB II:
Es gibt jedoch auch Fallkonstellationen, bei denen § 7 Abs. 6 SGB II greift - d. h. der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II wird nicht angewandt bei Auszubildenden, die keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben (vgl. § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II) oder deren Bedarf sich nach
§ 12 Abs. 1 Nr. 2 BAföG oder § 62 Abs. 1 SGB III (vgl. § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II) - "kleines" BAB von 216,- Euro - bemisst.
Da nach § 122 Abs. 2 SGB III beim Ausbildungsgeld die Regelungen für Berufsausbildungsbeihilfe analog angewendet werden, erhalten Auszubildende in diesen Fällen sowohl Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als auch Eingliederungsleistungen. Das Ausbildungsgeld ist auf die Leistungen nach dem SGB II anzurechnen.
3. Fazit
- Beim Bezug von Ausbildungsgeld ist der grundsätzliche Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II gesetzlich normiert. Insoweit handelt es sich um die Gewährung der gesetzlich festgelegten vorrangigen Leistung. Liegt weiterhin Hilfebedürftigkeit vor, können ergänzend Leistungen nach dem SGB II gewährt werden. Die Feststellung des Bürgers, dass bei behinderten Menschen, die im Rechtskreis SGB II betreut werden , ein rechtswidriger Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II vorliegt, sofern die betroffenen Menschen mit Leistungen nach § 33 ff SGB IX gefördert werden, ist somit nicht richtig.
- Zur Feststellung des Bürgers, dass Jobcenter in den genannten Fällen auch ihre Beratungs- und Förderleistungen einstellen, wird darauf verwiesen, dass beiuszubildenden nach § 7 Abs. 5 SGB II und nach § 7 Abs. 6 SGB II, die Ausbildungsgeld erhalten und weiterhin hilfebedürftig sind, das zuständige Jobcenter weiterhin Beratungs- und Förderleistungen gewähren kann.
Eine Einzelfallprüfung ist mangels personenbezogener Daten nicht möglich.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen. Viele weitere Informationen zu meinen politischen Inhalten finden Sie auf meiner Internetseite http://www.marco-buelow.de .
Mit freundlichen Grüßen
Marco Bülow