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Marco Böhme
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Frage von Norbert S. •

Soziale Gerechtigkeit Die Linke will eine ausbeutungsfreie Gesellschaft, welche sie demokrat. Sozialismus nennt. Haben sie eine Begriffsdefinition von Ausbeutung und von deren Größen für Sachsen?

Es gibt bisher von Seiten der Linken keine Begriffsdefinition von Ausbeutung und auch keine Aufstellung wie viel Ausbeutung es gibt.
Wie will die Linke zur einer ausbeutungsfreien Gesellschaft bzw. politischen Mehrheiten dafür kommen, wenn sie den Menschen nicht erklären kann, was sie davon haben bzw. was es konkret für Sachsen bedeutet?
Wie viel Geld geht den Menschen verloren, welche Arbeits- und Lebenszeit müssen die Menschen dafür aufwenden? Wie hoch ist der Resourcenverbrauch dafür?
Wieso kommt in Wahlprogrammen von Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen die Begriffe Ausbeutung und Umverteilung nicht vor, obwohl dies ja in jedem Dorf, in jeder Stadt, in jeden Landkreis und in jeden Bundesland tagtäglich stattfindet?

Wie ist ihre Einschätzung dazu?
Für mich sind z.B. „leistungslose Einkommen“ Ausbeutung, weil der erzielte Gewinn/Reichtumszuwachs ohne persönliches Risiko bzw. eigene Arbeit entsteht.
Monopolgewinne/Ausbeutung z.B. d. Immobilien- und Bodenspekulation u.v.a.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr S.,

 

Sie werfen mit Ihrem Beitrag große Fragen auf – ich will versuchen, übersichtlich meine kurze Einschätzung dazu darzustellen. Mit den Büchern, die zu Ihren Fragen bereits geschrieben worden sind, lassen sich Bibliotheken füllen – angefangen mit den „Kapital“-Bänden von Karl Marx. Dementsprechend sind auch viele verschiedene Sichtweisen und Definitionen möglich.

Meine Sicht: Ausbeutung entsteht, wenn Menschen andere Menschen für sich arbeiten lassen, ohne den so entstandenen Mehrwert mit ihnen zu teilen. Wer die Produktionsmittel besitzt, die zur Herstellung einer Ware oder zu Erbringung einer Dienstleistung erforderlich sind, beschäftigt Menschen damit, Waren herzustellen oder Dienstleistungen zu erbringen. Den Gewinn – also der Betrag, der nach Abzug der Kosten etwa für den Lohn übrig bleibt – eignen sich diejenigen, die andere für sich arbeiten lassen, selbst an. Dieser Umstand besteht auch, wenn die Beschäftigten für ihre Arbeit gut bezahlt werden und gute Bedingungen geboten bekommen. Ein Wirtschaftssystem, in dem diese Abhängigkeit nicht mehr besteht, bleibt unser Ziel. Wir wollen deshalb andere Eigentumsformen fördern, etwa Genossenschaften und Belegschaftseigentum.

Da es sich hierbei um eine systemische Eigenschaft des bisherigen Wirtschaftssystems handelt, kann ich leider keine Gesamtzahl liefern. Klar ist aber: Gerade in Sachsen werden sehr viele Menschen für ihre Arbeit so schlecht bezahlt, dass sie noch nicht einmal davon leben können. Der Niedriglohnsektor ist hier erschreckend groß. Schon ist der Umstand, dass berufstätige Menschen ihr Einkommen mithilfe des Staates aufstocken müssen, zeigt: Dieses Wirtschaftssystem kann nicht das Ende der Geschichte sein. Das Grundgesetz erlaubt es, ein demokratisches – sozialistisches – Wirtschaftsmodell anzustreben und schrittweise umzusetzen. 

Sie haben völlig Recht, wenn Sie es als Ausbeutung kritisieren, dass Menschen sich mit Spekulation und Monopolgewinnen bereichern. Das hat immer auch konkrete Auswirkungen abseits der Finanzbewegungen auf dem Papier, etwa weil dann weniger bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht. Auch hier vertreten wir die Linie, dass der Staat regulierend eingreifen muss. Mit Privateigentum kann kein Blankoscheck verbunden sein, weil wir alle nicht alleine auf der Welt leben und jeder Reichtum nur innerhalb der gesellschaftlichen Bedingungen, die uns umgeben, zustande gekommen sein kann.

Sie merken: Es ist komplex und schwierig, derart komplex zu argumentieren, und wir müssen konkret erklären, welchen Nutzen die Menschen aus unseren Forderungen ziehen würden. Das tun wir beispielsweise in unserer aktuellen Kampagne „Umverteilen“: https://www.die-linke.de/mitmachen/kampagnen/umsteuern/