Sehen Sie eine Notwendigkeit, sich für stärkere Mitwirkungsrechte der Senioren einzusetzen?
Sehr geehrter Herr. L. ,.
die Lebensphase Alter gewinnt als eigenständige Lebensphase zunehmend an Bedeutung. Nicht zuletzt angesichts der gestiegenen Lebenserwartung und vor allem der gestiegenen Anzahl an „gesunden“ Jahren, die sinnstiftend gestaltet werden wollen. Dabei spielen Mitwirkung und Teilhabe eine große Rolle und umfassen verschiedene Bereiche.
Eine gleichberechtigte Teilhabe und Mitwirkung umfasst auch eine diskriminierungsfreie Teilhabe und ein Verbot der Altersdiskriminierung. Allein wegen des Alters darf kein Mensch benachteiligt werden. Für uns ist die Bekämpfung von Altersdiskriminierung in allen gesellschaftlichen Bereichen ein wichtiges Anliegen. Altersbilder orientieren sich in unserer Gesellschaft immer noch zu stark an den Defiziten der Menschen - hier muss endlich ein Umdenken stattfinden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kann dazu beitragen, Benachteiligungen und Diskriminierung zu beseitigen. Dazu muss es aber dringend reformiert werden, um die Betroffenen in der Durchsetzung ihrer Rechte wirkungsvoll zu unterstützen und echten Rechtsschutz zu gewährleisten. Wir wollen das AGG zu einem echten Bundesantidiskriminierungsgesetz weiterentwickeln. Auch die Kodifizierung der Rechte älterer Menschen im Rahmen einer UN-Konvention kann einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Menschenrechte leisten und damit Diskriminierung im Alter entgegenwirken. Das Gesundheitswesen muss inklusiv ausgestaltet werden, z.B. durch verpflichtende Vorgaben zur Barrierefreiheit bei der Bedarfsplanung, eine Reform der Heilmittelversorgung und bei der Aus- und Fortbildung.
Auf Kommunal- und Landesebene können ältere Menschen Mitwirkung und Mitbestimmung über Senior*innenbeiräte und Senior*innenvertretungen erfahren und ausüben. Diese sichern die aktive Teilhabe von Senior*innen an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und beraten die politischen Gremien auf den verschiedenen Ebenen. In einigen Bundesländern gibt es dafür sogenannte Seniorenmitwirkungsgesetze, die auch die Beratung der Landespolitik sicherstellen. Auf Bundesebene gibt es keine vergleichbare Einrichtung. Aber auch noch nicht in allen Kommunen bestehen Senior*innenvertretungen. Um in politische Entscheidungen einbezogen zu sein, sind auch Anhörungs-, Rede- und Abstimmungsrechte wichtig, um mitbestimmen zu können. In wenigen Kommunen, wie beispielsweise in Berlin, wählen die Älteren selbst demokratisch die Mitglieder ihrer Senior*innenvertretung – unabhängig vom Stadtparlament. Diese guten Erfahrungen aus einigen Kommunen und Ländern wie Berlin sollten evaluiert und eine bundesgesetzliche Regelung geprüft werden.
Aber auch ganz grundsätzlich wollen wir die Bürger*innenbeteiligung in Deutschland stärken. Wir haben dazu als erste Fraktion im Bundestag ein Beteiligungsgesetz vorgeschlagen, das die Einführung zufallsgeloster Bürger*innenräte auf Bundesebene ermöglicht. Diese sollen nach unseren Vorstellungen von Regierung, Parlament oder Bevölkerung beantragt werden können und die Bundespolitik zu wichtigen Themen beraten. Hier werden nicht nur Senior*innen aufgrund der Zufallsauswahl repräsentativ zur Gesamtbevölkerung beteiligt sondern es könnten bspw. auch besonders für Ältere hoch relevante Themen Gegenstand dieser konsultativen Bürger*innenräte werden, also z.B. eine bessere Altenpolitik, wie wir die wachsende Altersarmut bekämpfen, Generationengerechtigkeit und vieles mehr. Dadurch wollen wir das Alltagswissen, die Expertise und Erfahrung der Bürger*innen noch stärker in die Politik integrieren.
Mit freundlichen Grüßen
Marcel Emmerich