Reichen die letzten Reformen im UWG aus oder sehen Sie Nachbesserungsbedarf?
Sehr geehrte Frau Rottmann,
der Gesetzgeber hat im Jahre 2020 das UWG an zahlreichen Stellen reformiert, um dem Problem mit rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen zu begegnen. Sehen Sie die Reformen als ausreichend an oder würden Sie in der kommenden Legislaturperiode gerne nachbessern?
Vielen Dank
ein interessierter Wähler
Sehr geehrter Herr. D.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Das System der zivilrechtlichen Kontrolle des Wettbewerbs einschließlich verbraucherschützender Gesetze hat sich im Grundsatz bewährt. Abmahnungen informieren niedrigschwellig über aufgedeckte Rechtsverstöße und entlasten die Justiz von der Befassung mit Rechtsproblemen, die sich von den Beteiligten auch einvernehmlich beilegen lassen. Zudem stellen Abmahnungen eine vergleichsweise zugängliche Handhabe dar, um Regeln des Wettbewerbs- und Urheberrechts durchzusetzen und damit insgesamt zu einem Wettbewerb unter fairen und vorhersehbaren Rahmenbedingungen beizutragen. Gleichzeitig ist festzustellen, dass zivilrechtliche Rechtsdurchsetzungsbefugnisse missbraucht werden können. Unseriöse Abmahnpraktiken haben das Instrument der Abmahnung in Verruf gebracht. Daher ist es auch folgerichtig, jeden Missbrauch gesetzgeberisch eindämmen zu wollen. Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (BGBl. I 2020 S. 2568) löst die bestehenden Probleme unseriöser Abmahnpraktiken aber nicht.
Diese Reform der Bundesregierung hatte drei wesentliche Schwachstellen: Sie verfolgt ein unklares Ziel, will allgemeingültig regeln, was nur im Einzelfall feststellbar ist und knüpft an unbekannte Tatsachen und an unbestimmte Rechtsbegriffe an. Dies hat zur Folge, dass das Instrument der Abmahnung insgesamt geschwächt wird, ohne schutzbedürftige Abgemahnte besserzustellen. Der Gesetzentwurf berücksichtigt bisher kaum die Perspektive der Abmahnungsempfänger*innen. Um die Lage der von Abmahnungen betroffenen Personen und Unternehmen wirksam zu verbessern, muss gesetzgeberisch aber gerade deren Perspektive eingenommen werden. Es gilt, die Abmahnungsempfänger*innen zu stärken, indem Rechtsunsicherheiten und Informationsdefizite abgebaut werden. Ferner sollten nachträgliche Lösungsmöglichkeiten von vorschnell unterzeichneten Unterlassungserklärungen klar geregelt werden. Darüber hinaus sollten die in Abmahnungen und dort anliegenden strafbewehrten Unterlassungserklärungen oftmals vorgeschlagenen Vertragsstrafen für neuerliche Rechtsverstöße nach Leistungsfähigkeit abgestuft sein. So lässt sich Einzelfallgerechtigkeit sicherstellen.
Wie wir Grüne mehr Transparenz und Rechtssicherheit bei Abmahnungen erreichen wollen, haben wir detailliert in diesem Antrag aus der vergangenen Legislaturperiode festgehalten: https://dserver.bundestag.de/btd/19/064/1906438.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Manuela Rottmann