Macit Karaahmetoglu
Macit Karaahmetoğlu
SPD
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Frage von Jonas S. •

Wie stehen Sie zu einer stringenteren Wahrung des Versicherungsprinzip durch eine Adaptierung der monatlichen Rentenauszahlung auf Basis des Lebenszeiteinkommens?

Selbst in konservativen Statistiken unterscheidet sich die Lebenserwartung der niedrigen und hohen Einkommensschichten um mehrere Jahre, aktuell wird dieser relevante Unterschied bei der Berechnung der Rentenhöhe nicht berücksichtigt (Nowossadeck et al., 2019). Dieser Fehler im Versicherungsprinzip (gegenüber Marktstandardmodellen privater Versicherungsanbieter) fällt zu Lasten niedriger Einkommensschichten und Personen in arbeitsintensiver Berufe an. Gleichzeitig leistet der Staat zunehmend hohe Zuschüsse um das Rentenniveau primär mit Verweis auf niedrige Renten nahe der Grundsicherung zu stützen. Durch die Verabschiedung des Rentenpaket II, würden primär intergenerationale Verteilungskonflikte entstehen ohne, dass intragenerationale Spielräume ausgeschöpft sind.

Nowossadeck E, von der Lippe E, Lampert T. Developments in life expectancy in Germany. Current trends. J Health Monit. 2019 Mar 14;4(1):38-45. doi: 10.25646/5873. PMID: 35146242; PMCID: PMC8822249.

Macit Karaahmetoglu
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

 

vielen Dank für Ihre Frage.

Grundsätzlich gilt in der gesetzlichen Rentenversicherung das Prinzip der Beitragsäquivalenz. Danach gilt also, dass jeder Euro, der während eines Erwerbslebens eingezahlt wird, später, in der Rente, zu einem gleich hohen Rentenanspruch führen wird. Es besteht also eine Verbindung zwischen dem Verdienst im Erwerbsleben und der Rentenhöhe, die zu einem auskömmlichen Lebensstandard im Alter beitragen soll.

 

Dass Menschen, die besser verdienen, nicht nur einen höheren Rentenanspruch haben als Menschen, die weniger verdienen, sondern auch länger leben und deshalb im Alter länger Rente beziehen, ist in empirischen Studien nachgewiesen worden. Neben dem Einkommen gibt es aber zudem auch weitere Merkmale, die darauf einen Einfluss haben wie beispielsweise das Geschlecht, die Wohnregion, das Bildungsniveau, der Beruf, die berufliche Belastung.

 

Der Unterschied der Lebenserwartung von niedrigen und hohen Einkommensschichten kann nicht so einfach berücksichtigt werden in der gesetzlichen Rentenversicherung. Es gibt Studien, die zeigen, dass die Daten, die der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegen, fehlleiten können. Die beitragspflichtigen Einkommen zeigen keine eindeutige Korrelation mit der Lebenserwartung. Eine geringe Anzahl an Entgeltpunkten kann dabei beispielsweise auch auf Teilzeit oder auf den Wechsel aus einem sozialversicherungspflichtigen Einkommen in eine verbeamtete Beschäftigung zurückgeführt werden. Zudem kann eine individuelle Lebenserwartung nicht von Anfang an erkannt und ausgeglichen werden. Ich bezweifle auch, dass in der privaten Altersvorsorge bei der Lebenserwartung nach niedrigen und hohen Einkommen bei den Annahmen zur Lebenserwartung unterschieden wird. 

 

Aber schon jetzt wird in der Rentenversicherung implizit ein Ausgleich geschaffen. Das Äquivalenzprinzip wird durch soziale Elemente, die es in der gesetzlichen Rentenversicherung gibt, schon jetzt durchbrochen, so z.B. bei Kindererziehung, Arbeitslosigkeit, Krankheit. Es gibt beispielsweise auch die Rente für besonders langjährig Versicherte oder die Grundrente, die Ansprüche von Menschen mit niedrigen Renten unter bestimmten Voraussetzungen aufwertet. Darauf wollen wir als SPD aufbauen und diese sozialen Elemente stärken. Zudem sind wir deshalb auch gegen eine Erhöhung der Regelaltersgrenze, denn das würde für Menschen mit einer geringeren Lebenserwartung und deshalb unterschiedlicher Rentenbezugsdauer wie eine Rentenkürzung wirken.

 

Wichtig ist, dass wir grundsätzlich Prävention und Reha stärken genauso wie auch das betriebliche Eingliederungsmanagement und den Arbeitsschutz, damit überhaupt gesund das Renteneintrittsalter erreicht werden kann. Und auch Maßnahmen, wie beispielsweise Investitionen in Bildung, Teilhabe am Arbeitsleben, ein guter Zugang zu Gesundheitsleistungen etc. sollten gestärkt werden. So fördern wir Gerechtigkeit und Chancengleichheit und tragen dazu bei, die unterschiedliche Lebenserwartung auszugleichen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Macit Karaahmetoglu, MdB

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