Frage an Maaret Westphely von axel s. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Ich war froh, dass in Niedersachsen ein Regierungswechsel mit den Grünen stattgefunden hat. Nunmehr sind einige Tage vergangen. Da ich unter anderem die Grünen gewählt habe, um die Massentierhaltung einzuschränken oder völlig zu verbieten (je nach politischer und rechtlicher Möglichkeiten)sowie endlich die Kleinbauern zu fördern statt die Großkonzerne, hätte ich gerne mal einen Zwischenstand:
Wo in welchen Bereichen wurde bereits etwas in dieser Richtung erreicht oder ist in der Umsetzung?
Ich bin bevorzugter Einkäufer von demeter Produkten und was Fleisch angeht(sehr selten mal im Sommer zum grillen)kaufe ich ausschließlich Fleisch von demeter-Höfen. Und genau das ist das Problem. Bei mir in der Nähe gibt es einen solchen Betrieb, der leider schwer damit zu kämpfen hat den Hof kostendeckend inklusive Einkommen zu bewirtschaften, es sei denn, man erhöht ständig die Preise. Damit ist der Preisabstand zur Massenware jedoch immer höher und immer weniger Bürger sind bereit, für die viel kostenintensivere Landwirtschaft dieser Biobetriebe so viel mehr zu bezahlen. Außerdem werden Landwirte, die konventionell arbeiten kaum dazu bereit sein, auf biodynamische Wirtschaftsweise umzustellen, denn das ist viel zu teuer ohne Subventionen, die endlich höher sind als bisher.
Der von mir beschriebene demeter-Hof ist am überlegen aufzugeben.
Also, was tut sich da in Niedersachsen?
Zweite Frage:
Die Vermaisung Niedersachsens ist erschreckend!Wie sieht es mit der Überförderung und zusätzlicher Genehmigungen in diesem Bereich aus gegenüber der CDU geführten Landesregierung?
Wichtig: Es wäre gut, wenn häufiger Ergebnisse und Veränderungen seit dem Regierungswechsel veröffentlicht würden, sonst keimt der allgemeine Glaube, es ändert sich sowieso nichts!Das ist meiner Meinung auch das Hauptproblem nach einer Wahl.
Wo bleiben die Ergebnisse?Was hat sich seitdem wegen der Grünen geändert?Hat es sich gelohnt, grün zu wählen?(Beispiele wie Dosenpfand-was ich gut finde-bleiben im Gedächtnis!)
Sehr geehrter Herr Schmidt,
zunächst vielen Dank, dass Sie uns bei der letzten Landtagswahl Ihr Vertrauen vor allem dahingehend geschenkt haben, dass Sie von uns Grünen eine andere Agrarpolitik erwarten. Wir werden uns nach Kräften bemühen, dieses Vertrauen in den kommenden Jahren zu rechtfertigen.
Wie Sie sicherlich wissen, sind gerade in der Agrarpolitik die Zuständigkeiten zwischen der EU, dem Bund und dem Land verteilt.
Auf europäischer Ebene wird – selbstverständlich unter Mitwirkung der Bundesregierung – der Rahmen für die Agrarförderung gesetzt. Der Bund ist für wesentliche Rechtssetzungen – etwa im Bau-, Immissionsschutz-, Pflanzenschutz oder Düngerecht zuständig. Hierbei haben die Länder über den Bundesrat Mitwirkungsrechte, sind aber – sofern sie etwas aktiv durchsetzen und nicht „nur“ verhindern wollen – immer auf die Zustimmung des Bundes angewiesen. Außerdem obliegt den Ländern überwiegend die Umsetzung des Bundesrechts.
Ich stelle dieses voran um deutlich zu machen, dass wir auf Landesebene politisch nur innerhalb des gesteckten Rahmens agieren können.
Umgesetzt wurde bisher folgendes:
• Ein Erlass, nach dem Schweineställe ab einer bestimmten Größe mit Filteranlagen auszustatten sind. Für Geflügel ist Entsprechendes in Arbeit, wobei hier darauf zu achten ist, ob verfügbare Filteranlagen bereits als „Stand der Technik“ im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes anzusehen sind.
• Die Verpflichtung, bei Stallneubauten nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz den Schutz der Umgebung vor Keinem gutachterlich nachzuweisen.
• Ein Erlass, der die organische Düngung im Herbst im Rahmen der Möglichkeiten der Düngeverordnung des Bundes reglementiert.
• Die Ökolandbauprämie wurde – insbesondere für die ersten beiden Jahre der Umstellung – erheblich aufgestockt.
• Darüber hinaus hat Niedersachsen über den Bundesrat erheblich daran mitgewirkt, dass im Zuge der Novelle des Baugesetzbuches gewerbliche Stallbauten baurechtlich nicht mehr privilegiert sind.
Wir planen ferner u.a.
• Eine deutliche Verbesserung der Kontrolle der ordnungsgemäßen Düngung mit organischen Nährstoffen
• Eine Neuausrichtung und Aufstockung der Agrarumweltprogramme, um ökologische Leistungen der Landwirte entsprechend honorieren zu können.
• Eine Aufstockung der Flächenprämie für kleinere Betriebe um 100 €/ ha. Diese Mittel müssen durch eine Kappung bei großen Betrieben eingespart werden.
Die beiden letztgenannten Punkte sind derzeit Gegenstand von Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern um die Ausgestaltung der künftigen Agrarförderung in Deutschland innerhalb des von der EU gesteckten Rahmens.
Wir können selbstverständlich keine Bestandsgarantien für einzelne Betriebe abgeben. Das Einkommen der Betriebe wird immer zu einem Teil aus öffentlichen Transferleistungen und zu einem anderen Teil am Markt zu erwirtschaften sein. Was wir können ist, die Fördersätze im Rahmen des EU-rechtlich zulässigen zu erhöhen, was wir getan haben und die bescheidenen Agrarmarketingmittel des Landes entsprechend umzuwidmen.
Zum Thema Vermaisung:
Die Förderung der Stromproduktion aus Biogas ist im Erneuerbare Energie Gesetz geregelt und dafür ist der Bund zuständig. Wir Grünen treten dafür ein, den sog. NaWaRo-Bonus im EEG zu streichen, der zu Zeiten der schwarz-roten und schwarz-gelben Koalitionen im Bund zwei mal erhöht wurde und stattdessen ein Bonussystem für ökologisch zuträglichere Pflanzen einzuführen. Dafür werden wir bei den Beratungen über die sicherlich anstehende Novelle des EEG auch im Bundesrat eintreten.
In Niedersachsen haben wir die Möglichkeit, die Genehmigung von Biogasanlagen über das Wasserrecht einzuschränken, was wir getan haben: In Wasserschutzgebieten ist der Neubau von Biogasanlagen nicht mehr zulässig.
Außerdem müssen wir über ein vernünftiges Nährstoffmanagement (siehe oben) dafür Sorge tragen, dass die Ausbringung der Gärsubstrate aus Biogasanlagen auf landwirtschaftliche Nutzflächen nicht zu deren Überdüngung führt.
Ich hoffe, Ihnen hiermit zumindest in Ansätzen nahe bringen zu können, wie wir die Möglichkeiten für andere Agrarpolitik in Niedersachsen nutzen wollen.
Erlauben Sie mir abschließend folgendes Bild: Die Agrarpolitik ist – wie viele andere Politikfelder auch – ein Tanker. Der Versuch, diesen radikal zu wenden kann nur scheitern. Es wird eine Agrarwende in Niedersachsen geben. Die wird aber nur erfolgreich sein, wenn dabei auch ein gewisser Wendekreis in Kauf genommen wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Maaret Westphely