Warum haben Sie die Abgabe von Nein-Stimmen bei der Ministerpräsidenten-Wahl im Land Sachsen als "Destruktion" gekennzeichnet?
Sehr geehrter Herr Richter,
vor und zu der diesjährigen Wahl des Ministerpräsidenten des Landes Sachsen wurde eine Änderung des Wahlzettels dahingehend beantragt, dass auch bei der Wahl des Ministerpräsidenten aus einer Reihe von mehreren Kandidaten außerdem eine Nein-Stimme (zu allen Kandidaten) hätte abgegeben werden können. Zu dem diesbezüglichen Änderungsantrag haben Sie dessen Ablehnung durch die BSW-Fraktion erklärt und die Ablehnung damit begründet, dass eine Nichtwahl eines Ministerpräsidenten "Destruktion" sei und nicht im Einklang mit der Landesverfassung und mit der langjährig im Land und im Bund geübten Praxis stünde. Da die Landesverfassung jedoch die Möglichkeit der Nichtwahl vorwegnimmt und da die bei der letzten MP-Wahl bereitstehende Personalauswahl von den jeweiligen Mehrheiten offensichtlich als ungeeignet angesehen wurde, bedarf die Übernahme des Begriffs "Destruktion" für die Eröffnung des verfassungsmäßigen Wegs zu Neuwahlen der Erläuterung.
MfG
G. K.

Sehr geehrte Fragesteller,
steht bei einer Wahl ein Kandidat zur Verfügung, so ist hinter dem Kandidaten ein Feld für die Antwortmöglichkeit "Ja" und ein Feld mit der Antwortmöglichkeit "Nein" zur Auswahl. Die Rückgabe eines leeren Stimmzettels entspricht einer Enthaltung.
Gibt es mehr als eine Kandidatur, so ist ein "Ja"-Feld hinter jeder Personalie ausreichend. Der Antrag der Grünen im Landtag sah vor, unter dem Namen von zwei, drei oder mehr Kandidierenden, ein extra "Nein" Feld einzuführen, mit dem man der Wahl aller Kandidaten widersprechen kann. Selbiges erreicht man auch durch die Abgabe keiner Stimme. Es ist dabei unerheblich, ob man sich bei der Wahl enthält, oder mit "Nein" stimmt - denn um gewählt zu werden, braucht ein Kandidat "Ja-Stimmen".
Grundsätzlich ist die Wahl des Ministerpräsidenten darauf ausgelegt, am Ende des Tages einen Kandidaten gewählt zu haben. Der Grundgedanke besteht nicht in der Verhinderung einer solchen Wahl.
Bis zur eigentlichen Ministerpräsidentenwahl im Sächsischen Landtag sind verschiedene Hürden eingezogen: Erstens müssen sich alle Parteien, mit ihren Spitzenkandidaten dem Votum der sächsischen Wahlberechtigten stellen. Zweitens müssen sich die im Landtag vertretenen Parteien, für ihren Wahlvorschlag eine Mehrheit suchen. Und Drittens muss diese Mehrheit auch erreicht werden.
Darüber hinaus ist es auch allen anderen Landtagsabgeordneten oder Fraktionen überlassen, eigene Vorschläge zur Ministerpräsidentenwahl einzureichen. Damit ist sichergestellt, dass jeder Mandatsträger seinem freien Gewissen entsprechend abstimmen kann.
Mit freundlichem Gruß
Lutz Richter