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Frage von Oliver T. •

Frage an Lutz Knopek von Oliver T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Knopek,

Politiker bedürfen als Privatperson des Schutzes der Privatsphäre. Ein Staat hat aber eine solche nicht, er ist von öffentlichem Interesse, eine res publica. Bürger sollten ohne Bevormundung wissen, was in ihrem Namen geschieht. Wieso wurden beispielsweise diejenigen nicht verhaftet, die einen Deutschen verschleppten? Warum wurde nicht über den Druck der USA auf Deutschland im El-Masri-Fall aufgeklärt?

WL kann nur publizieren, was WL zugespielt wird. Ist es demokratisch, wenn ein Land einen "collateral murder" vertuscht? Ist ein Land demokratisch, in dem seit Monaten versucht wird, eine Anklage gegen jemanden zu finden - erfolglos - denjenigen aber dennoch durch die Exekutive für schuldig befindet ([Un]Schuldsvermutung? Bruch der Gewaltenteilung?) und dieses "Urteil" nutzt, um Privatunternehmen zu repressiven Handlungen zu bewegen?

Abgesehen davon, dass Presseerzeugnisse trotz (hoffentlich) hoher Standards keine wissenschaftlichen Publikationen sind, ist deren wesentliches Gütekriterium die Überprüfbarkeit von Aussagen. WL stellt tatsächlich die Quellen bereit und ermöglicht dadurch erst die Überprüfung; anders die traditionelle Presse. Sehen Sie das anders?

Pakistanische Journalisten haben tatsächlich Geschichten veröffentlicht, die auf frei erfundenen Depeschen beruhten - die traditionelle Presse hat es also versäumt, bei ihren Recherchen ausreichend sorgfältig zu sein und hat sich auf Fälschungen berufen. Oder?

WL war nachlässig bei den Afghanistanunterlagen und bedachte die mögliche Gefährdung von Personen nicht. Sehen Sie bei den aktuellen Veröffentlichungen keine bedeutenden Lerneffekte, da man nun zur Abwägung der Effekte gar den Urheber der Daten um Hilfe gebeten hatte und nach dessen Weigerung renommierte Journalisten hinzuzog?

Ich sehe nicht, wie WikiLeaks das Vertrauen in andere zerstört, es sei denn, diese hätten das vermeintliche Vertrauen tatsächlich missbraucht. Führt nicht gerade Geheimniskrämerei zu Misstrauen?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Tacke,

vielen Dank für Ihre Nachfrage. Geheimniskrämerei führt, da haben Sie vollkommen recht, zu misstrauen. Das ist nicht nur in den Sphären von Politik oder Wirtschaft, sondern auch im privaten Bereich so. Deshalb sind die etwa die Sitzungen des Deutschen Bundestags öffentlich und deswegen müssen politische Mandatsträger, die vom Volkssouverän Vertrauen auf Zeit verliehen bekommen haben, ihre Politik und ihre Arbeit auch medial transportieren. Diese offene Kommunikation ist in einer repräsentativen Demokratie essentiell. Bis dato sind wir uns also einig.

Abgeordnete rechtfertigen sich daher regelmäßig in Gesprächen, auf Anfragen hin, in den Ausschüssen oder dem Plenum aber besonders auch in den Medien, warum sie wann wie gestimmt haben oder eine bestimmte Position einnehmen.

Da ich in der FDP-Fraktion für die Bereiche Umwelt- und Sportpolitik zuständig bin, möchte ich Sie bitten, sich bei speziellen rechts- sowie außenpolitischen Fragen gerne direkt an meine zuständigen Fachkollegen zu wenden. Für außenpolitische Fragestellungen ist etwa mein Kollege Dr. Stinner zuständig.

Über meine Partei und ihre Führungspersonen wurde in den Medien einiges aus den WikiLeaks-Veröffentlichungen rezitiert. Außenvorgelassen wurden in aller Regel die für die FDP positiven Befunde. Wenn die Amerikaner beispielsweise die Bürgerrechtspolitik der FDP kritisieren, so kann ich das nur als Ritterschlag für unsere Haltung in der Innen- und Rechtspolitik begreifen.

Dazu möchte ich Ihnen auch folgenden Link empfehlen:
http://www.patrick-doering.de/files/37282/Wikileaks_FDP.pdf

Sie haben allerdings recht, wenn Sie in der Frage der Verantwortung und Ausgewogenheit der Berichterstattung die Rolle der Medien kritisch hinterfragen. Deutlich wird das zum Beispiel, wenn Sie sich einmal das Interview mit Entwicklungshilfeminister Niebel und dem US-Botschafter Murphy aus der Berliner Morgenpost ansehen:
http://www.morgenpost.de/printarchiv/politik/article1471144/Reden-wir-ueber-Wikileaks-meine-Herren.html

In meinen Augen ist ein wesentliches Gütekriterium von journalistischen Medien die qualitativ hochwertige Aufbereitung von Informationen. WikiLeaks stellt Informationen zur Verfügung und bietet so eine Grundlage für weitere journalistische Arbeit. Dabei gilt es nicht nur die brisanten Perlen herauszuarbeiten, sondern auch auf Basis des Pressekodexes abzuwägen, in welchen Fällen eine Veröffentlichung Leib und Leben von Menschen in Gefahr bringt. Hier sind ausgebildete Journalisten gefragt wie nie zu vor, wobei diese Abwägung auch bei der Veröffentlichung durch WikiLeaks eine Rolle spielen sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Lutz Knopek