Frage an Lutz Knopek von Oliver T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Knopek,
ich sehe es als sehr bedeutsam für eine demokratischen Gesellschaft an, dass staatliche Informationen frei verfügbar sind. Bürger sollten Transparenz darüber haben, welche Handlungen in welcher Form in ihrem Namen durchgeführt werden. Wie stehen Sie diesbezüglich persönlich zum Thema WikiLeaks?
Ich bedanke mich vorab für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Tacke
Sehr geehrter Herr Tacke,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Informationsfreiheit und Transparenz politischer Entscheidungen sind wichtige Grundprinzipien unserer parlamentarischen Demokratie. Nur so bleiben politische Prozesse und Entscheidungen nachvollziehbar.
Auf der anderen Seite findet die Öffentlichkeit ihre Grenzen in der Vertraulichkeit zwischen Gesprächspartnern und der Privatsphäre von Politikern. Dabei verhält es sich wie im privaten Bereich: Nicht jedes vertrauliche Gespräch ist für die Öffentlichkeit bestimmt. Das muss auch in einem demokratischen Rechtsstaat gelten.
Zudem bitte ich Sie zu bedenken, dass weder die Auswahl von Informationen bei WikiLeaks noch deren Brisanz mit möglichen Gefahren für Leib und Leben von Menschen ohne jegliche demokratische Kontrolle von Statten geht. Zum Beispiel sind geheime Informationen aus undemokratischen Staaten, deren öffentlicher Zugang bei uns selbstverständlich wäre, kein Schwerpunkt von WikiLeaks. Des Weiteren bemängele ich, dass in der bestehenden Struktur von WikiLeaks offenbar auch wissenschaftliches Arbeiten deutlich zu kurz kommen. Jeder Historiker nimmt bei der Arbeit mit Quellen eine Quellenkritik vor, um das Fundstück einzuordnen und es auf seine Authentizität hin zu überprüfen. Bei WikiLeaks sind jedoch schon verschiedene Dokumente aufgetaucht, bei denen es sich nachweislich um Fälschungen handelt. Auch wenn diese teilweise als solche markiert wurden, ist der Eindruck doch verheerend.
Wie Sie sehen habe ich ein sehr starkes Interesse an transparenten politischen Strukturen. Deshalb stehe ich der Öffentlichkeit und vielen Bürgerinnen und Bürgern im Gespräch oder per Mail jederzeit gerne für Fragen zu meiner Arbeit zur Verfügung. Meine Antworten sind dabei vielfach einer größeren Öffentlichkeit zugänglich. Damit kann und muss ich als Abgeordneter leben, weil Öffentlichkeit zu einem politischen Mandat untrennbar dazugehört.
Andererseits sind nicht alle Teile von Gesprächen mit Bürgern, Journalisten oder staatlichen Stellen für die globale Öffentlichkeit bestimmt. Unser menschliches Miteinander steht und fällt mit dem gegenseitigen Vertrauen. Dieses würde durch eine totale Öffentlichkeit jedoch im Keim erstickt werden.
Es darf daher auch nicht übersehen werden, welche Macht die Verfügbarkeit von großen Informationsmengen mit sich bringt. Dabei entstehen durch Auswahl, Bewertungen, Nichtzugänglichkeiten und Interpretationen auch immer wieder neue Informationsasymmetrien. Auch für Betreiber besagter Websites und investigativen Journalismus gelten Werte wie Integrität, Verantwortungsbewusstsein und Verantwortung.
Ich kann dazu jeden von uns nur dazu aufrufen, mit Informationen sorgsam und zugleich kritisch umzugehen. Das gilt jedoch weit über das tagesaktuelle Thema WikiLeaks.org hinaus.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Lutz Knopek