Bild von Lukas Küffner in schwarzem Anzug mit braunem Gürtel und weißem Hemd. Lukas verschränkt seine Arme und lächelt
Lukas Küffner
PIRATEN
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Frage von Hendrik H. •

Wie stehen die Piraten zu Religion?

Sehr geehrter Herr Küffner,

Ich bin immernoch unentschlossen und bin durch Recherchieren auch auf Ihre Partei gestoßen.

Nach Lesen des Programms und Social Media Inhalten habe ich mich gefragt, wie die Piraten und Sie persönlich zum Thema Religion, säkularer Staat, Radikalisierung und im Angesicht aktueller Ereignisse auch zum politischen Islam stehen.

Sehen Sie ein Problem in einigen Interpretationen des Islams, gerade unter Jugendlichen? Was wäre Ihr Vorschlag, Ihre Maßnahmen dagegen? Sollten Salafisten ausgewiesen werden können, sofern sie eine andere Staatsbürgerschaft besitzen oder als Flüchtlinge gekommen sind? Wie stehen Sie zum Verhältnis von Staat und Kirche?

Ich würde mich freuen, wenn Sie das religionspolitische Bild der Piraten so gut wie möglich darstellen könnten!

Vielen Dank für Ihre Zeit und Antwort!

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Antwort von
PIRATEN

Vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Anliegen. Es ist in der Tat ein kompliziertes Thema, auf das es keine einfachen Antworten gibt.

Was die Säkularität des Staates und die Grundsätze der Trennung von Religion und Staat betrifft, so möchte ich Sie auf unsere ausführliche Stellungnahme hier https://www.piratenpartei.de/bundestagswahl-2021/wahlprogramm-2021/trennung-von-staat-und-religion/ verweisen. Darin wird deutlich erklärt, wie und was sich unserer Meinung nach in Deutschland ändern sollte, um eine angemessene Trennung von Staat und Religion durchzusetzen.

Was Ihre anderen Fragen in Bezug auf den Islam und den Salafismus betrifft, so würde dieses komplexe Thema mehr als nur ein paar Absätze benötigen, um angemessen behandelt zu werden. Lassen Sie mich dennoch versuchen, diese Fragen einzeln zu beantworten.

Zunächst einmal ist es wichtig, daran zu erinnern, dass die Piratenpartei das deutsche Recht auf Meinungs- und Religionsfreiheit unterstützt. Kein Mitglied einer religiösen Gruppe sollte wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe strafrechtlich verfolgt werden müssen, es sei denn, es verstößt aktiv gegen das Gesetz. Das gilt auch für die Meinungsfreiheit, die wir in den vom Verfassungsgericht definierten Grenzen nachdrücklich verteidigen.

Wenn es um die salafistische Bewegung geht, müssen wir ebenfalls präzise sein und versuchen, Lösungen zu finden, anstatt unsere Gesellschaft weiter zu spalten. Die salafistische Bewegung wird in der Regel in zwei Hauptgruppen unterteilt, die Quietisten und die Dschihadisten (oder Takfiristen). Der Quietist-Salafismus verfolgt keine bewaffneten Aktionen oder Kriege und steht im Konflikt mit der Takfir-Bewegung, da sie sich über die Auslegung des Korans uneinig sind. Die Quietisten bilden die Mehrheit der Anhänger des Salafismus.

Die dschihadistische Bewegung ist der Urheber schrecklicher Anschläge und Gewalttaten auf der ganzen Welt und Deutschland bekämpft wie viele andere Länder ihre Umsetzung und ihre Aktivitäten weltweit. Die Frage, wie man den islamischen Terrorismus und diese Art von Bewegung bekämpfen kann, ist sehr komplex. Die alleinige Abschiebung von Einzelpersonen kann eine schnelle Lösung sein, wird das Problem aber langfristig nicht lösen. Deutsche Staatsbürger können nicht abgeschoben werden, es sei denn, ihnen wird die Staatsangehörigkeit nach § 28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes entzogen. Nichtsdestotrotz sollte Deutschland sicherstellen, dass alle möglichen Sicherheitsdienste eingesetzt werden, um die Bewegungen und Aktivitäten von Dschihadisten im Lande zu stoppen.

Auch wenn der Quietistische Salafismus keine Bedrohung für die Sicherheit darstellt, so ist doch klar, dass er unsere Gesellschaft vor viele Herausforderungen stellt, was die Art und Weise betrifft, wie wir andere Meinungen und Überzeugungen betrachten. Diese Bewegung ist dank ihrer Anziehungskraft auf eine Generation, die sich abgelehnt und diskriminiert fühlt, stark gewachsen. Sie bietet eine einfache Antwort fernab vom Rest der Gesellschaft und kann zu größeren Spaltungen führen. Es ist wichtig, die Gefühle der jungen Generation zu berücksichtigen, aber auch die Mittel, mit denen sie sich radikalisiert.

Die Ursachen zu verstehen, ohne die Verhaltensweisen zu entschuldigen, ist der Schlüssel zur Wiedereingliederung dieser jungen Generationen. Durch die Bereitstellung der richtigen Ressourcen für Initiativen wie die Beratungsstelle Radikalisierung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oder Projekte wie "Wegweiser" können wir die Radikalisierung an der Wurzel packen. Eine weitere wichtige Herausforderung ist es, die Auswirkungen neuer Plattformen und deren Einfluss auf die Radikalisierung zu verstehen. Wir Piraten sind der festen Überzeugung, dass solche Plattformen stärker reguliert werden müssen, um Verantwortung für die Inhalte zu übernehmen, die sie zeigen, insbesondere für Minderjährige.

Insgesamt ist es zwar wichtig, die bestehenden Sicherheitsbedrohungen zu bekämpfen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit jeder sein Recht auf freie Meinungsäußerung und Religionsfreiheit ausüben kann, doch müssen diese Probleme auch aus einer sozialen Perspektive betrachtet werden. Unsere Justiz- und Sozialsysteme sollten zusammenarbeiten, um eine Gesellschaft mit stärkerem Zusammenhalt zu schaffen, in der es weniger wahrscheinlich ist, dass radikalisierte Diskurse jeglicher Art bei den Bürgern Anklang finden.