Frage an Lothar Hay von Jan L. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Lothar Hay
Ich bin von der Fachschule Agar aus Lüneburg.
Wir behandeln gerade im Unterricht das Thema die Biogasanlag und ich habe nun ein paar Fragen an Sie.
Wie weit haben sich die Gesetzte für Biogasanlagen in den letzten 10 Jahren verändert und wieso?
Wie lange werden Biogasanlagen noch bezuschusst und wäre es abzusehen das die Subventionen ganz eingestellt wird?
Wie viel Biogasanlagen darf es in Deutschland überhaupt geben kommt bald ein Limit?
Wo sehen Sie die Vor-Nachteile der Biogasanlagen?
Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Langhans
> Wie weit haben sich die Gesetzte für Biogasanlagen in den letzten 10 Jahren verändert und wieso?
Die grundlegenden Gesetze für Biogasanlagen sind zum einen das Bundesbaugesetz (BBauG), zum anderen das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (kurz: Erneuerbare Energien Gesetz, EEG).
Insbesondere das EEG, das im Jahr 2000 vom Bundestag beschlossen worden ist, wurde in den Jahren 2004, 2009 und 2011 geändert. Dabei wurden vor allem die Vergütung für eingespeisten Strom geändert. Mit der vorletzten Anpassung in 2009 hat der Gesetzgeber zwingend ein Einspeisemanagement vorgeschrieben, um die Einspeisung von regenerativ erzeugtem Strom zu regeln. Dazu steht der Netzbetreiber in der Pflicht. Wenn Anlagen vom Netz genommen werden, ist der Netzbetreiber verpflichtet, dem Anlagenbetreiber für den Ausfall eine Entschädigung zu zahlen. Die liegt momentan bei 95 Prozent der eigentlichen Vergütung.
Mit den Änderungen wurde ebenfalls die Höhe der Vergütung für Energie aus Biomasse angepasst. Ein besonderer Bonus berechnet sich je nach Anteil verschiedener Bereiche: eingesetzte Technik (Technologie-Bonus), Menge der nachwachsenden Rohstoffe (Nawaro-Bonus), Anteil Gülle (Gülle-Bonus), vorhandener Nutzung der Abwärme (KWK-Bonus) sowie Einhalten bestimmter Grenzwerte bei Formaldehyd (Formaldehyd-Bonus).
Die letzte Änderung des BBauG 2011 die Bemessung der Größe von Biomasse-Anlagen umgestellt von der Messgröße "elektrische Leistung" zu "Feuerungswärmeleistung". Allerdings sorgt eine Beschränkung der Normkubikmeter pro Jahr dafür, dass auch neue Anlagen kaum mehr als die vorherigen 500 kW elektrische Leistung erzeugen.
Die EEG Novelle 2012 wird von Energieverbänden zudem als Förderung der Direktvermarktung im Bereich der Bioenergie-Branche betrachtet.
> Wie lange werden Biogasanlagen noch bezuschusst und wäre es abzusehen, dass die Subventionen ganz eingestellt wird?
Die Vergütung ist im EEG festgeschrieben. Solange dort eine Vergütung für Biogasanlagen vorgesehen ist, werden Anlagen auch bezuschusst. Und wenn der Bundestag als das zuständige Parlament die Bezuschussung aus dem EEG streicht, haben alle bis dahin bestehenden Anlagen Bestandsschutz, bis ihre auf 20 Jahre zugesicherte Vergütung ausläuft.
> Wie viel Biogasanlagen darf es in Deutschland überhaupt geben? Kommt bald ein Limit?
Es gibt derzeit keine Höchstgrenze für die Anzahl von Anlagen. Wir haben derzeit schon den Höchstpunkt erreicht, weil die stark gestiegenen Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen, weite Strecken und damit verbundene hohe Kosten für den Transport von Silage und die Entwicklung neuer Techniken (z.B. Waschanlagen für Zuckerrüben etc.) einen wirtschaftlichen Betrieb einer solchen Anlage kaum noch ermöglichen.
Die SPD-Landtagsfraktion hat zudem gemeinsam mit den Fraktionen Die Grünen und dem SSW einen Antrag gestartet, um für Biogas eine ähnliche Handhabung zu ermöglichen wie bei der Windkraft. Analog zu den Windkrafteignungsflächen müsste dazu das Land die Möglichkeiten haben, Biogas-Eignungsflächen in den Regionalplänen auszuweisen. Damit wäre dann zwar kein Limit gesetzt, aber die Kommunen hätten dann zumindest eine Steuerungsmöglichkeit, um eine zu hohe Konzentration von Anlagen in bestimmten Bereichen zu verhindern. Dieses Instrument funktioniert allerdings nur in solchen Regionen, in denen es bisher noch keine so hohe Anlagendichte gibt wie beispielsweise im Kreis Schleswig-Flensburg. In SL-FL haben die bestehenden Anlagen Bestandsschutz.
> Wo sehen Sie die Vor-Nachteile der Biogasanlagen?
Biogas-Anlagen haben den Vorteil, dass sie dezentral Energie produzieren aus nachwachsenden Rohstoffen. Neben Strom erzeugen die Anlagen auch Wärme. Wenn also alle Energie genützt würde, könnten sich kleinere Regionen von den großen Energieerzeugern freimachen. Gleichzeitig bleibt die Wertschöpfung vor Ort, d.h. der Gewinn kommt in Form von Steuern letztendlich auch den Gemeinden wieder zugute.
Die Idee war ja ursprünglich, dass man biologische "Abfallprodukte" nutzt, um daraus Energie zu erzeugen. Inzwischen hat sich die Erzeugung von Energie aus Biomasse weit von dieser Grundidee entfernt. Mais hat sich als die Energiepflanze durchgesetzt. Durch das EEG ist es zu einem Verdrängungswettbewerb gekommen, der es Erzeugern von Lebensmitteln zunehmend schwer macht, mit Energiepflanzenwirten zu konkurrieren. Und da kann es nicht sein, dass wir durch den Anbau von Pflanzen für die Strom- und Wärmeerzeugung unsere Lebensmittel verteuern.
Der hohe Preisdruck hat auch dazu geführt, dass zunehmend mehr Grenzertragsflächen für den Anbau von Mais genutzt werden, ebenso wie dafür Grünland umgebrochen worden ist. Aus Sicht der Naturschutzes ist das eine dramatische Entwicklung. Zunehmende Monokulturen mit Mais bedeuten insgesamt einen erhöhten Eintrag von Düngemitteln und damit einen erhöhten Eintrag von Stickstoff in die Boden und letztlich auch in die Gewässer.
Betrachtet man die Frage, wo die Biomasse für die Anlagen herkommt, stellt man fest, dass sich inzwischen ein regelrechter "Maistourismus" im Norden Schleswig-Holsteins herausgebildet hat. Tonnenweise wird der Mais aus Dänemark in deutsche Biogasanlagen gefahren, zum Teil über zig Kilometer. Da stellt sich die Frage nach der CO2-Bilanz solcher Anlagen.
In der derzeitigen Situation überwiegen durch die hohe Dichte von Anlagen im bestimmten Regionen die Nachteile. Dann helfen uns Biogasanlagen auch nicht, die Energiewende nachhaltig voranzubringen, sondern schaden dem Klima am Ende mehr, als dass sie nützen. Statt mehr Flächen für den Maisanbau zu nutzen, sollten z.B. viel mehr Moore vor dem Trockenlegen bewahrt werden, um das dort gespeicherte CO2 nicht freizusetzen. Außerdem sind meines Erachtens die Potentiale zum Einsparen von Energie noch lange nicht ausgeschöpft.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Hay