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Frage von Olaf H. •

Frage an Lothar Bisky von Olaf H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bisky,

ich habe schon öfter überlegt Ihrer Partei beizutreten. Aber es bestehen für mich zu viele Unklarheiten. Jüngstes Beispiel: Innenminister Schäuble verbietet einen kurdischen Fernsehsender. Ihre Europaabgeordnete Frau Uca kritisiert das, aber Ihre Bundestagsabgeordneten schweigen, auch Sie selbst, obwohl offenbar für Medienangelegenheiten zuständig. Hinzu kommt, daß Lafontaine mal Verständnis für das Verbot eines regierungskritischen Senders in Venezuela geäußert hat.

Ja was denn nun? Wenn so ein Eingriff in die Medien erfolgt, dann findet die Linke das entweder okay oder nicht, und dann kann es nicht dabei bleiben daß sich eine einzelne EU-Parlamentarierin dazu äußert, aber nicht die Fraktion im Bundestag.

Man weiß bei Ihrer Partei einfach oft nicht woran man ist, vor allem, wenn es um internationale Angelegenheiten geht.

Mit freundlichen Grüßen

O. Hermes

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Hermes,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage. Das Verbot des mehrsprachigen Satellitensenders Roj TV durch das Bundesinnenministerium mit Verbotsbescheid vom 13.06.08 sehe ich sehr kritisch. Durch den Betrieb des Senders und die Auswahl des Programmes sehe ich weder „das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern und verschiedenen Ausländergruppen“, noch die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland gefährdet. Diese Argumente aus dem Verbotsbescheid des Schäuble-Ministeriums sind aus meiner Sicht nicht haltbar.

Als medienpolitischer Sprecher setze ich mich zusammen mit meiner Fraktion DIE LINKE seit vielen Jahren für die Pressefreiheit ein. Diese muss auch für Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland oder für in Deutschland empfangbare Programme uneingeschränkt gelten. Die Medien sind als vierte Gewalt schlechthin konstituierend für unsere Demokratie. Auch kritische Meinungen und möglicherweise ungewünschte Inhalte müssen davon umfasst sein. Das Verbot eines ganzen Senders stellt zudem einen massiven Eingriff in die Informationsfreiheit der kurdischsprachigen Bevölkerung in Deutschland dar.

Auch der komplizierte und seit Jahren andauernde Konflikt zwischen Kurden und Türken in der Türkei und Europa muss politisch und durch Verhandlungen gelöst werden. Durch einseitige Verbote von unerwünschten Strukturen, Inhalten und Angeboten löst man keinen Konflikt, sondern gießt Öl ins Feuer. Gerade in Deutschland sollte aber besonders sorgsam mit Verboten umgegangen werden. DIE LINKE lehnt Einschränkungen der Medien-, Presse-, und Informationsfreiheit grundsätzlich ab und setzt sich gegen solche Verbote und für die Meinungsfreiheit ein.

In dieser Frage sind sich die Abgeordneten meiner Partei sowohl auf europäischer Ebene (Fraktion GUE/NGL) als auch im Bundestag einig. Wir streiten für mehr Demokratie und uneingeschränkte Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten und für die Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger, sich durch verschiedene unabhängige möglicherweise auch kritische Quellen, nach ihren Interessen alle nötigen Informationen verschaffen zu können.

Sehr geehrter Herr Hermes, diese eindeutige Position ist nicht selbstverständlich. Auch in unserer Partei gab es einen langen Diskussionsprozess in dieser Frage. Ich kann Ihnen aber versichern, als Parteivorsitzender der Europäischen Linken, als Parteivorsitzender der LINKEN in Deutschland und in meiner Funktion als medienpolitischer Sprecher der Fraktion setze ich mich nachdrücklich für diese Ziele ein.

Ich würde mich freuen, Sie in unserer Partei begrüßen zu dürfen. Wir sind gespannt auf kritische Fragen und konstruktive inhaltliche Auseinandersetzungen!

In diesem Sinne und mit herzlichen Grüßen,
Ihr Lothar Bisky