Frage an Lothar Bisky von Peter E. bezüglich Kultur
Hallo Herr Bisky,
meine Frage bezieht sich auf den Bereich "Kultur und Medien". Wie ich gelesen habe, sind Sie Mitglied des betreffenden Ausschusses, der sich auch mit der Frage der Chancen und Risiken der sog. "neuen Medien" auseinandersetzt.
Wie schätzen Sie das ein: Wäre es möglich, über die weltweite Vernetzung der Menschen zu einem höheren Grad an "direkter Demokratie" zu gelangen? Vielleicht sogar zu einer Art "globalem Bewusstsein"? [Wird Ihre Partei dann irgendwann überflüssig?]
Und auf der anderen Seite: Welche Gefahren sehen Sie in der "digitalen Spaltung" der Menschheit? Welche neuen Formen der Ausgrenzung wird es geben? Wie kann man sie verhindern?
Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung dieser (wohl eher philosophischen, denn politisch-praktischen) Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter England
Sehr geehrter Herr England,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage. Zweifelsohne kann man festhalten, dass heute mit einfachsten Mitteln nahezu jegliche Information erhältlich ist und man sich - je nach Interessenslage - mit Gleichgesinnten zusammenschließen oder austauschen kann. Allerdings kann die aktualitätsbezogene Ursache eines gemeinsamen Interesses in seiner Singularität lediglich ein erster Schritt hin zu einem „gemeinsamen Bewusstsein“ bzw. Gewissen sein. Darüber hinaus kann bereits die Vorstellung, dass man mit Hilfe von Technik und Netzen die Möglichkeit hat, in einen Austausch zu treten, ein Gemeinschaftsgefühl darstellen. Ob allein daraus allerdings bereits ein „globales Bewusstsein“ oder Gewissen entsteht, bezweifle ich, da die Werte und Vorstellungen als Grundlage für ein gemeinsames Gewissen auf der Welt wohl doch zu unterschiedlich sind.
Der freie und ungehinderte Zugang zum Internet und die damit einhergehenden Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten stellen ohne Zweifel einen wichtigen Schritt hin zu mehr direkter Demokratie dar. Der immer weniger eingeschränkte Zugang zu Quellen aller Art und die Möglichkeit, Wissen und Meinungen von Expertinnen und Experten zu erhalten bieten gute Grundlagen, um sich politisch zu engagieren. Dies ist ein ganz wesentlicher Punkt demokratischer Beteiligungsmöglichkeiten. Immer wieder gibt es Bestrebungen, die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit einzuschränken. Das Internet ist davon in besonderem Maße betroffen. Meine Partei DIE LINKE tritt deswegen gegen jegliche Beschränkungen durch Filter oder andere technische oder politische Regulierungsmaßnahmen ein. Auch die zunehmende Macht und Kontrolle des Netzes durch private Unternehmen wie z.B. Google ist eine Gefahr für die notwendige Freiheit des Internet. Die Gefahr der weiteren digitalen Spaltung muss in Deutschland einerseits durch einen billigen, möglichst kostenfreien Zugang zum Internet verhindert werden. Andererseits ist dafür aber auch Medienkompetenz notwendig. Denn nur wer weiß, welche Möglichkeiten das Internet bietet und wie man damit umgehen kann, wird dieses auch als elementare Informations- und Bildungsquelle nutzen oder sich mit dessen Hilfe politisch engagieren. DIE LINKE kämpft gegen die weitere digitale Spaltung der Gesellschaft.
Sie sprechen auch die „digitale Spaltung der Menschheit an“. Hier sind die Probleme noch deutlich größer als in Deutschland. Bis heute haben viele Menschen weder das für die Anwendung nötige Wissen noch einen Zugang zu modernen Kommunikationsmitteln. Hier gibt es meines Erachtens dringenden Handlungsbedarf. In meinem Artikel „Die digitale Spaltung der Gesellschaft ( http://www.linksfraktion.de/wortlaut.php?artikel=1507355024 ) finden Sie noch weitere Informationen zu diesem Thema.
In diesem Sinne und mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Lothar Bisky