Frage an Lothar Bisky von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Prof. Bisky,
afghanische Dörfer werden von Amerikanern bombardiert und dabei Frauen und Kinder getötet.
Zeigen die Luftbilder der Tornados den Amerikanern, in welchem Dorf sich Terroristen aufhalten?
Es gibt bekanntlich in Afghanistan große unbewohnte Gebiete zwischen einzelnen Orten. Könnten die Terroristen auch außerhalb der Dörfer angegriffen werden?
Führt also der bekannte Mißbrauch der Tornadoaufklärung auch dazu, daß Deutschland sich an den Kriegsverbrechen der Amerikaner beteiligt?
Wird die Linke das Verhalten der Amerikaner und der Deutschen vor den Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte bringen?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
die Qualität der Luftbilder, die durch die deutschen Recce-Tornados gemacht werden, werden von der Bundeswehr als hervorragend bezeichnet. Kritiker hingegen bezweifeln die Qualität der Bilder und bezeichnen den Einsatz der Tornados eher als eine deutsche Alibi-Veranstaltung, womit Deutschland sein scheinbares Engagement demonstriere. DIE LINKE ist – und da bitte ich um Ihr Verständnis – nicht in der Lage, die technische Aufklärungsqualität der Tornados eindeutig zu bestimmen. Faktisch tragen die afghanischen Kämpfer keine Uniformen im westlichen Sinne, sondern ihre typischen Landestrachten, was eine Unterscheidung von "normalen" Afghanen unmöglich macht. Selbst das Tragen einer Waffe ist kein Ausweis dafür, dass es sich um einen Taliban handeln könnte, da der Waffenbesitz in der afghanischen Gesellschaft zur alltäglichen Normalität gehört. Mit anderen Worten: Kein noch so technisch gutes optisches Aufklärungssystem kann eine solche Unterscheidung treffen.
Die Frage, ob Deutschland sich an den – mit Ihren Worten – "Kriegsverbrechen der Amerikaner" durch die Entsendung der Tornados beteiligt hat, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Tornado-Urteil mit Nein beantwortet. Allerdings werden nach unserer Einschätzung sehr wohl die beiden Operationen OEF und ISAF vermischt. In der Antwort auf eine Kleinen Anfrage der Linksfraktion im Bundestag („Koordination militärischer Operationen von ISAF und OEF“, Drucksache 16/6158) versucht die Bundesregierung mit nebulösen Worten diese Vermischung zu verneinen. Leider hat das Bundesverfassungsgericht im Sinne der Argumentation der Bundesregierung entschieden. Wenn Sie unter www.linksfrakton.de in der Maske „Schnellsuche“ das Wort „Afghanistan“ eingeben, erhalten Sie eine Übersicht über alle Aktivitäten und Initiativen der LINKEN im Bundestag zu diesem Thema.
Die Frage, ob DIE LINKE vor dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte klagen wolle, ist derzeit nicht zu beantworten. Dieser Aspekt müsste zunächst in der Bundestagsfraktion der LINKEN beraten und entschieden werden.
Mit freundlichen und friedlichen Grüßen,
Ihr
Lothar Bisky