Frage an Lothar Bisky von Wolfgang B. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Prof. Bisky,
Gibt es irgendwelche Planungen an der Struktur des Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunks etwas zu ändern?
Die immer noch bestehenden Gesetze stammen immer noch aus der Besatzungszeit und sollten damals eine unabhängige, propagandafreie Presse sicherstellen und sind daher sozusagen dreifach gesichert; mir wäre zumindest kein anderes Land mit dermaßen überkontrollierten, staatlichen Sendeanstalten bekannt.
Unabhängige Nachrichten, politische Talkshows und ein Sprachrohr für Minderheiten sind zwar auch heute noch genauso wichtig und sollten auch bestehen bleiben, aber trotzdem wird es doch mal langsam Zeit diesen unglaublichen Wasserkopf einzusparen.
Ich bin selbst als Musikproduzent tätig und habe daher (wenn auch großteils aus zweiter Hand) etwas besseren Einblick und die in der gesamten Branche vorherschende Meinung ist überspitzt formuliert: Ein unflexibeler, unfähiger und unkreativer Haufen von Wichtigtuern, die sich aus einer zwangssteuer deren Höhe sie auch noch selber bestimmen, selbst am leben halten.
Ich bin sicher es gibt viele sehr gute Leute im öffentlich Rechtlichen Rundfunk und Fehrnsehen, aber es gibt schon unsägliche punkte:
-die GEZ verbraucht einen großen Teil des eingenommenen Geldes für die eingene Verwaltung (und das Heer von Geldeintreibern)
-die Bevorzugung von bei der Vergabe von Sendefrequenzen, die kleinere Spartensender verhindert
-durch die herrschende Budgetierungspraxis werden überflüssige Anschaffungen provoziert, da sonst nächstes Jahr weniger zur verfügung steht etc.
-Warum laufen müssen sender die sich, außer durch schlechtere Qualität kaum von den privaten unterscheiden, staatlich subventioniert werden?
-Durchschnittsalter um die 60 sagt eigentlich alles...
Es wäre doch schön die Sender zusammenzuschrumpfen und den Politischen- von dem Unterhaltungsteil zu trennen um letzteren dem ganz normalen Wettbewerb zu unterwerfen....
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Birnbacher
Sehr geehrter Herr Birnbacher,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 20. Februar 2007. Sie haben darin mehrere, zu unterscheidende Aspekte aufgegriffen. Ich will versuchen, auf diese wie folgt zu antworten:
Auch ich sehe erheblichen Reformbedarf beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dieser hat sich seit den 1990er Jahren vor allem in der Ausrichtung des Programms verstärkt den von den Privaten vorgegebenen Kommerzialisierungsmustern angenähert. In Bereichen wie Sportberichterstattung, Nachmittags- und Vorabendprogramm, zunehmend aber auch in der Nach-20.00-Uhr-Zeit ist bereits eine weitgehende Konvergenz der Systeme zu beobachten. Sie hat nicht nur zur Folge, dass anspruchsvollere Filme und Dokumentationen erst spät nachts ausgestrahlt werden und dass allgemein bildende, kulturelle Sendungen in Spartenkanäle abgedrängt werden, sondern bewirkt auch einen schleichenden Legitimationsverlust von ARD und ZDF. Denn: Wer das Eine ohne die Kosten des Anderen haben kann, wird auf Dauer nicht bereit sein, an einem gebührenfinanzierten Fernsehen festzuhalten.
Ein nüchterner Blick auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten zeigt aber auch, dass von einer Überkontrolle nicht die Rede sein kann. Gerade die seit geraumer Zeit bestehende Praxis, sowohl Fernsehfilmproduktionen als auch Verträge mit bekannten Talkmastern und Sportlern nach dem Geschäftsmodell der kommerziellen Konkurrenz zu organisieren, ist es, die diese Produktionen nahezu jeglicher Kontrolle entzogen hat. Die aktuelle Debatte um verdeckte Sponsorenverträge und Schleichwerbung belegt, dass die Gremienaufsicht notwendig, aber auch dringend reformbedürftig ist.
Über die Rundfunkgebühr und die GEZ lässt sich stets wohlfeil streiten. Nicht richtig allerdings ist die Auffassung, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten würden über ihren Finanzbedarf selbst entscheiden. Vielmehr unterliegt die Ermittlung des letzteren mit der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) einem unabhängigen Expertengremium. Reformbedarf besteht hier vor allem in einer größeren Transparenz des von ARD und ZDF zur Anmeldung des Finanzbedarfs aufbereiteten Zahlenmaterials.
Auch für den Vorwurf, einen großen Teil der Gebühreneinnahmen benötige die GEZ für Verwaltungsaufgaben, liegen mir keine Anhaltspunkte vor. Laut Geschäftsbericht lag der prozentuale Anteil der GEZ-Aufwendungen an den Gesamterträgen aus Rundfunkgebühren im Jahr 2005 bei 2,27 %. Ob andere Institutionen die dargebrachten Dienstleistungen günstiger anbieten können, ist mir nicht bekannt.
In Hinsicht auf Ihren Wunsch nach strukturellen Reformen gilt folgendes zu beachten: In Deutschland ist das Rundfunkrecht maßgeblich durch die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt. Es gesteht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sowohl Rundfunkfreiheit und Staatsferne als auch eine Finanzierungsgarantie zu, beauftragt diesen im Gegenzug mit der Sicherung der Grundversorgung – die ausdrücklich nicht als eine Minimalversorgung verstanden wird – und der Offenheit des Programmangebots für neue Formen und Inhalte. Dieses sind, um nur einige Punkte zu nennen, die verfassungsrechtlichen Grundvoraussetzungen, auf denen jegliche Reformbemühungen aufsetzen sollten.
Ihren Vorschlag, den Politischen- vom Unterhaltungsteil zu trennen, sehe ich durch die bestehende Verfassungsrechtsprechung nicht gedeckt.
Dennoch sind (siehe oben) Reformen dringend notwendig. Die Diskussion darüber sollte aber sachlich und ernsthaft erfolgen. Wir sind momentan dabei, sie unter den genannten rechtlichen und politischen Bedingungen zu führen.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Bisky