Frage an Lothar Bisky von Martin M. bezüglich Deutsche Einheit / Innerdeutsche Beziehungen (bis 1990)
eine kurze frage:
haben sie konkrete projekte, mit denen sie direkt ihren wahlkreis fördern wollen, bzw. die ihnen speziell für ihren wahlkreis sehr wichtig sind umzusetzten ?
ps: haben sie persönliche sprechzeiten,auch als MdB ?
Sehr geehrter Herr Müller,
Ostbrandenburg hat ein Recht auf eine selbstragende Entwicklung, so dass grundlegend über Industrie- und Wissenschaftsförderung hinaus ein Augenmerk auf kleine und mittelständische Unternehmen und auf die Investitionskraft der Kommunen gelegt werden muss. Hartz IV selbst ist ein dramatischer Kaufkraftverlust für die Region und zugleich ein weiteres Entvölkerungsprogramm. Deshalb geht es uns auch darum, von dieser Seite eine Förderung der Nachfrage zu betreiben, Hartz IV zu überwinden, denn Wirtschaftspolitik als ausschließliche Förderung der Unternehmen ergibt eine nachweisbare Milchmädchenrechnung, wenn Dienstleistungen vom Handwerk bis zur Musikschule nicht mehr abgerufen werden.
Man muss auf die Stärken Ostbrandenburgs setzen, im Logistikbereich, in der Elektronik, in der Zusammenarbeit zwischen Viadrina und kleinen innovativen Unternehmen, im EKO, in der Touristik, im Landhandel. In unseren neuesten Überlegungen zum Aufbau Ost „Aus dem Osten etwas Neues“- zu finden unter:
http://www.sozialisten.de/sozialisten/nachrichten/view_html?zid(995 geht es uns um Folgendes:
Die dringende wirtschaftliche Stabilisierung muss bei dem ansetzen, was Menschen wollen und können, bei den zu lang ignorierten Potentialen des Ostens: Erfahrungen mit Genossenschaften in der Landwirtschaft, im Handwerk und in der Gebäudebewirtschaftung.
Die Berufstätigkeit von Frauen hat Spuren hinterlassen, sowohl in den Ansprüchen an gute Bildung, als auch in der Ausstattung an Kinderbetreuungsangeboten. Das müssen wir jetzt nicht alles auf das veraltete Westniveau zurückfahren.
Ostdeutschland hat in der Bildung und im Gesundheitswesen längst Erfahrungen mit alternativen Organisationsstrukturen, die für mehr Qualität und Effizienz bürgen und nicht die Kosten in die Höhe treiben. (Polikliniken, Polytechnische Oberschule) So etwas ist beim Reformbedarf von Bildung und Gesundheit im ganzen Land wertvoll! Wichtig ist mir auch, dass Grenzregionen – so wie in meinem Wahlkreis Frankfort/Oder Spree ihren Standortvorteil zu den osteuropäischen Märkten, die Sprachkenntnis, den Kulturaustausch wirklich nachhaltig für die regionale Wirtschaft nutzen können.
Selbst der Problemdruck ist ein Potential, dass zu Lösungen für eine moderne Infrastruktur in unseren Gemeinden führt: von der Kultur bis zur Altenpflege. In naher Zukunft ist das für ganz Deutschland enorm wichtig. Statt den Osten als Testgebiet für Lohndumping und Sozialabbau zu nutzen, es bringt nachweislich keinen Erfolg, plädiere ich für diesen Blickwechsel und auch für die besondere politische Aufmerksamkeit gegenüber den Problemen in Ostdeutschland, auch als bundesweite Herausforderung.
Es ist Zeit:
1. für eine Bundes- und Landesförderung für kapitalschwache kleine Unternehmen,
2. für ein Länder-Bankenprogramm „Zweite Chance“ nach schwedischem und finnischem Vorbild, damit die anhaltende Kapitalschwäche - die sogenannte zweite Investitionsschwelle auch gefördert werden kann. Die Förderung von Start-Up-Unternehmen gehört in eine Hand. Die Linkspartei.PDS in Mecklenburg-Vorpommern hat da erste erfolgreiche Erfahrungen gemacht.
3. Förderinstrumente müssen von der Bürokratisierung befreit werden.
4. Wir fordern, das Kofinanzierung für Förderungen auf 25% reduziert wird, damit sich Kommunen das auch leisten können.
5. Statt Mehrwertsteuererhöhungen brauchen wir halbe Mehrwertsteuern im Handwerk und bei Medikamenten und natürlich eine gerechte Steuerpolitik, die das möglich macht.
6. Gerade auch wegen der enormen Mobilität der Ostdeutschen ist die "Pendlerpauschale" auf 40 Cent je km zu erhöhen.
7. Hartz IV - so wie einleitend beschrieben, muss nach vorn überwunden werden.
8. Mit den Erfahrungen aus meinem Wahlkreis in Ostbrandenburg werde ich mich für gezielte Förderprogramme für ältere Arbeitsuchende nach dem Vorbild von "Aktiv zur Rente" einsetzen. Auch das stärkt Kaufkraft, ist sozial geboten und verbessert Chancen in der Region.
Die Linkspartei steht für eine neue soziale Idee. Deshalb müssen wir den Blick auf die Grenzregionen richten. Ihre Zukunft ist wichtig für einen europäischen Weg des Friedens.
Ich denke, so wird deutlich, dass Wirtschaftspolitik Gesellschaftspolitik ist und als MdB soll sie konkret und vor Ort passieren. Sollte ich das Mandat als Direktkandidat in den Bundestag bekommen, so wird in einem Wahlkreisbüro selbstverständlich regelmäßig Sprechzeit, Zeit für Begegnungen und Informationsaustausch sein.
Vielen Dank für Ihr großes Interesse.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Bisky