Frage an Lothar Bisky von Frank B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Bisky,
im Moment betteln die deutschen Wirtschaftseliten im Stundentakt bei Bundespolitikern um Staatsgeld und Bürgschaften, obwohl sie wissen, dass es dem Staat selbst auch nicht besonders gut geht.
Ein Wirtschaftsminister der nach dem Opeldeal öffentlich ausdrückt, sich nicht gut mit diesem Kompromiss zu fühlen erinnert sehr stark an einen Lungenkranken, der trotzdem weiter raucht.
Was hätten Sie an Stelle von zu Guttenberg getan, wenn Einkommensmillionäre angesichts jahrelangen Missmanagements und bestehender Überkapazitäten im Autosektor Steuergelder verlangen würden um Marktgesetze von Angebot und Nachfrage zu manipulieren ?
Meinen Sie, dass dieser Anstrichsozialismus eine Lösung über den Wahltag hinaus darstellt ?
Hätte man die Milliarden nicht besser den Opelbeschäftigten als Mobilitätshilfe für den Wechsel in andere Branchen oder andere Standorte der Pkw- Produktion zukommen lassen sollen, um sie langfristiger als in einer gescheiterten Firma als Steuerzahler zu erhalten ?
Das hat doch im Zusammenhang nach dem Untergang der DDR- Wirtschaft mit den ehemaligen Werktätigen der Kombinate auch funktioniert, indem sie millionenfach Umschulungen und Wohnortwechsel zur Sicherung ihrer Existenz in Kauf nahmen.
Sehr geehrter Herr Blaufuss,
Ihre Meinung, dass das Opel-Konzept der Bundesregierung nur darauf ausgelegt ist, die Probleme bis zur Zeit nach den Wahlen zu verschieben, erscheint mir einleuchtend. Die Rettung von Opel, die jetzt verkündet wird, steht noch auf tönernen Füßen. Letztlich gibt es noch keine bindende Vereinbarung über den Einstieg der Firma Magna. Die Verträge werden in den nächsten Wochen und Monaten erst verhandelt werden. Auch eine Insolvenz ist noch nicht endgültig vom Tisch. Unser größter Kritikpunkt an dem Agieren der Bundesregierung ist, dass sie 1,5 Milliarden Euro an Steuergeldern zugesagt und 300 Millionen Euro auch bereits an Opel überwiesen hat, ohne sich einen Einfluss auf die Entscheidungen zu sichern. Ganz im Gegenteil, das wichtigste Anliegen der Regierung bei den Verhandlungen in den vergangenen Wochen war, auf keinen Fall eine Beteiligung an Opel übernehmen zu müssen und damit mitbestimmen zu können. Die Regierung gibt somit einen Blankoscheck über 1,5 Milliarden Euro für die Vernichtung von Tausenden von Arbeitsplätzen. Ihre Meinung, dass die Bundesregierung im Wesentlichen ein Weiter-So beim Geschäftsmodell von Opel anstrebt und naiv darauf vertraut, dass nach der Krise der Absatz wieder Fuß fassen wird, halte ich für plausibel. Eine Opel-Insolvenz wäre aus unserer Sicht aber auch der falsche Weg gewesen - selbst, wenn versucht worden wäre, die Situation für die zigtausend Beschäftigten möglichst abzufedern. DIE LINKE hat von Anfang an gefordert, dass die Arbeitsplätze bei Opel nicht einfach gestrichen werden dürfen, dass die Rettung aber auch nicht ohne einen grundlegenden Umbau des Konzerns vor sich gehen darf. Und zwar aus ökonomischen und ökologischen Gründen. Die einzig sinnvolle Lösung ist nach unserer Meinung der direkte Einstieg der Bundesländer bei Opel und eine Absicherung durch den Bund. An dieser Lösung können Zulieferer und Händler beteiligt werden, die ja schon ihre Bereitschaft dazu signalisiert haben. Gemeinsam mit den Beschäftigten muss Opel dann zu einem sozialen und ökologischen Mobilitätskonzern umgebaut werden. Das heißt, es darf nicht weiter auf Überproduktion und die Verdrängung von Konkurrenzunternehmen gesetzt werden, sondern es müssen neue, umwelttaugliche Verkehrsmittel, -konzepte und Fahrzeuge entwickelt werden. Nur so lassen sich aus unserer Sicht die Arbeitsplätze dauerhaft sichern.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Bisky