Frage an Lothar Bisky von Wolfgang Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Lieber Lothar Byski,
als Gewerkschafter interessieren mich deine Positionen zur Sozialpolitik ebenso wie eine nachhaltige friedliche und demokratische Entwicklung in Europa in der Welt. Wie können DIE LINKE in Deutschland und andere linke europäische Parteien zu einer solchen Politik beitragen ?
Welche Entwicklung müssen wir auch in Europa in Gang setzen bzw. unterstützen, damit die einseitige Abwälzung der Krisenlasten auf Beschäftigte, Rentner, Arbeitslose u.v.a. gebremst bzw. gar verhindert werden kann ?
Bist du für Volksabstimmungen, z.B. bezüglich einer sozialeren europäischen Verfassung und anderen wichtigen europäischen Fragen, in allen EU-Ländern ?
Mit kollegialen Grüßen
Wolfgang Ziller
Sehr geehrter Herr Ziller, lieber Wolfgang,
hab Dank für Deine Fragen. Meine Positionen zur Sozialpolitik und auch zur Friedenspolitik unterscheiden sich nur marginal von denen, die wir in unseren Programmatischen Eckpunkten, im Europawahlprogramm und in vielen Parlamentarischen Initiativen der Fraktion DIE LINKE im Bundestag niedergelegt haben. Insofern habe ich die beiden Dokumente dieser Antwort beigefügt und erlaube mir, Dich auf www.linksfraktion.de hinzuweisen, wo Du eine Fülle von linken sozial- und friedenspolitischen Positionen finden wirst. In aller Kürze gesagt, streite ich für eine Gesellschaft in der nicht die einen im Champagner baden und die anderen ihr Essen in der Mülltonne suchen müssen. Armut zu bekämpfen und Chancengleichheit herzustellen, das sind mir besonders wichtige Anliegen. Dazu gehört aktuell unter anderem:
• Die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes,
• die Überwindung von Hartz IV in allen Dimensionen,
• die Abschaffung der Rente ab 67,
• die Wiederherstellung der Rentenformel und eine armutsfeste Mindestrente und
• eine solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung, deren Aufgabe es ist, die Gesundheitsversorgung für alle sicher zu stellen und die Zwei-Klassen-Medizin zu beenden.
DIE LINKE und die Europäische Linkspartei kämpfen innerhalb und außerhalb der Parlamente, auf der Straße am 16. Mai und in Berlin und Strasbourg/Brüssel für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit und der sozialen Sicherheit. Je mehr Stimmen für DIE LINKE am 07. Juni bei der Europawahl, bei den Kommunal- und Landtagswahlen und am 27. September bei der Bundestagswahl abgegeben werden, und je mehr Menschen friedlich und gewaltfrei immer wieder von ihrem grundgesetzlich verbrieften Demonstrationsrecht Gebrauch machen, umso mehr Druck kann DIE LINKE gemeinsam mit Gewerkschaften und Verbänden entfalten, damit LINKS wirkt, in Deutschland und in Europa.
Die Kosten der Krise dürfen nicht einseitig auf dem Rücken der Beschäftigten, der Arbeitslosen und der Rentnerinnen und Rentner abgewälzt werden. Es ist viel die Rede von einem Schutzschirm für die Banken. Wir brauchen einen Schutzschirm für die Menschen und ein Antikrisenprogramm. Du findest es ebenfalls in der Anlage, genauso wie den Antrag der Linksfraktion dazu (DS 16/12292).
Zu Deiner letzten Frage: Selbstverständlich bin ich für Volksabstimmungen. Ich habe selbst einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht und im Plenum des Parlamentes wiederholt ein Referendum in allen Ländern der EU gefordert. In der abschließenden Lesung sagte ich dazu: "Wir Linken wollen eine Volksabstimmung. Hier sind wir nicht allein. Alle in der Europäischen Linkspartei zusammengeschlossenen 28 Parteien fordern Volksabstimmungen über das Fundament des europäischen Hauses. Wir verweisen da auf Irland; das ist ein vernünftiger Weg. Nicht nur die Linksparteien, auch die Friedenskoordination Berlin, die Initiative Mehr Demokratie und weitere Initiativen haben Unterschriften für ein Referendum in Deutschland zum Vertrag von Lissabon gesammelt. Diese Unterschriften werden heute dem Bundestag übergeben."
Mit freundlichen Grüßen, Dein
Lothar Bisky