Frage an Lothar Binding von Ingrid R. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Binding,
in Ihrer Antwort vom 19.4.12 auf meine Frage argumentieren Sie wieder recht einseitig anhand eines Beispiels zur Vermietung unter Angehörigen. Meine Frage bezog sich aber nicht nur darauf. Schließlich soll nach Willen der SPD auch bei einer Neuvermietung die Anpassung dieser Neumiete reglementiert werden. Und gerade deshalb, kann es sich kein Vermieter mehr leisten, Mietsteigerungsmöglichkeiten während der Mietzeit ausfallen zu lassen!
Mit Ihrem Vorhaben beschwören Sie Nachteile für viele Mieter mit loyalen Vermietern, nur um Mietwucher in einigen Teilen einzudämmen. Haben Sie denn dagegen kein besseres, punktgenau wirkendes Mittel? Sie können doch nicht immerzu, hier wie in anderen Bereichen, wegen einiger schwarzer Schafe eine bestimmte Gruppe (hier die Vermieter) diffamieren!
Auch bleibt die Frage offen, wie es nach der verbilligten Vermietung, gleichgültig ob diese Angehörigen oder Fremden gewährt wurde, mit der Mietfestsetzung für einen Neumieter weitergeht? Wird derjenige, der beispielsweise zu 80 % der ortsüblichen Miete an die eigene Tochter vermietet hatte anders behandelt bei anschließender Fremdvermietung als der Vermieter eines Langzeitmieters, der auch nur 80 % der ortsüblichen Miete zahlen musste? Wie viel darf dann die Neumiete aufgeschlagen werden: streng nach den SPD-Sätzen von der gezahlten Altmiete oder dann doch vom Mietspiegel ausgehend, was dann einen höheren Prozentsatz bedingt?
Danke, und mit freundlichen Grüßen
Ingrid Rust
Sehr verehrte Frau Rust,
um die Zuordnung zwischen Fragen und Antworten etwas zu erleichtern, zitiere ich nachfolgend zunächst immer ihre Fragen oder Annahmen und füge meine Antwort an.
Sie schreiben: „in Ihrer Antwort vom 19.4.12 auf meine Frage argumentieren Sie wieder recht einseitig anhand eines Beispiels zur Vermietung unter Angehörigen.“
Hier irren Sie, denn ich gehe auf die spezielle Steuergestaltung am Beispiel von „Angehörigen“ nur ein, weil Sie in Ihrer Frage „Angehörige“ speziell – oder wie Sie schreiben „einseitig“ - hervorheben. Sie verstärken diesen Aspekt noch durch Ihre Formulierung „Aber sind Angehörige nicht auch Menschen, die sich über eine niedrige Miete freuen dürfen?“
Sie schreiben: „Schließlich soll nach Willen der SPD auch bei einer Neuvermietung die Anpassung dieser Neumiete reglementiert werden“.
Ja, Sie haben Recht, wir wollen die Mietpreisspirale bremsen und den Anstieg der Mieten bei bestehenden Mietverträgen stärker begrenzen. Bei der Wiedervermietung von Wohnungen haben die Vermieter nach geltendem Recht weitgehend freie Hand, die Miete zu vereinbaren. Die Folge sind häufig deutliche Mietsteigerungen. Deshalb soll eine Obergrenze für Mieterhöhungen bei Wiedervermietungen von maximal 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeführt werden. Erstvermietungen von neugebauten Wohnungen sind davon grundsätzlich ausgenommen. So steht es in unserem Wahlprogramm.
Sie schreiben: „Und gerade deshalb, kann es sich kein Vermieter mehr leisten, Mietsteigerungsmöglichkeiten während der Mietzeit ausfallen zu lassen!“
Das verstehe ich nicht. In Ihrer ersten Frage haben Sie damit argumentiert, dass jemand „jahrelang keine Mieterhöhungen vornimmt“ – aber für diesen Fall kommen Sie doch mit der 10% Regel wunderbar zurecht. Gerade weil Sie schreiben das Sie „ordentliche Mieter… honorieren“ wollen. Wieso müssen Sie dann jährlich 10 % anheben, wenn Sie bisher jahrelang nicht angehoben haben? Sie schrieben in Ihrer ersten Frage sogar „Vermietung unter Mietspiegel“.
Sie schreiben: „Mit Ihrem Vorhaben beschwören Sie Nachteile für viele Mieter mit loyalen Vermietern…“
Ihre falsche Annahme erklärt diese Formulierung ein wenig – aber wieso sollte ein Gesetz stören, das regelt, was ein „loyaler Vermieter“ sowieso schon immer macht? Ein solcher Vermieter merkt doch nichts von einem solchem Gesetz.
Sie schreiben: „Haben Sie denn dagegen kein besseres, punktgenau wirkendes Mittel?
Wie Sie gesehen haben, ist die geplante Regelung punktgenau – sie verhindert Mietwucher und lässt die fairen Vermieter unberührt.
Sie schreiben: „Sie können doch nicht immerzu, hier wie in anderen Bereichen, wegen einiger schwarzer Schafe eine bestimmte Gruppe (hier die Vermieter) diffamieren!“
Hier haben Sie Recht – und deshalb machen wir das auch nicht. Vielleicht unterliegen Sie auch einem kleinem Denkfehler: Wenn wir z.B. ein Gesetz machen, das Steuerhinterziehung unter Strafe stellt, dann gilt das Gesetz natürlich für alle – aber betroffen sind nur die Straftäter.
Sie schreiben: „Auch bleibt die Frage offen, wie es nach der verbilligten Vermietung, gleichgültig ob diese Angehörigen oder Fremden gewährt wurde, mit der Mietfestsetzung für einen Neumieter weitergeht? Wird derjenige, der beispielsweise zu 80 % der ortsüblichen Miete an die eigene Tochter vermietet hatte anders behandelt bei anschließender Fremdvermietung als der Vermieter eines Langzeitmieters, der auch nur 80 % der ortsüblichen Miete zahlen musste? Wie viel darf dann die Neumiete aufgeschlagen werden: streng nach den SPD-Sätzen von der gezahlten Altmiete oder dann doch vom Mietspiegel ausgehend, was dann einen höheren Prozentsatz bedingt?“
Sie möchten ja nicht „einseitig anhand eines Beispiels zur Vermietung unter Angehörigen“ reflektieren… deshalb wiederhole ich hier meine allgemeine Antwort: wir wollen die Obergrenze für Mieterhöhungen bei Wiedervermietungen auf maximal 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzen.
Ich möchte Sie noch an meine Frage bzw. meinen letzten Absatz in meiner ersten Antwort erinnern:
Dort heißt es: „Sie schreiben: „Tatsache ist, dass die Finanzämter streng darauf achten, dass Mieterhöhungen regelmäßig vorgenommen werden und mit dem "Tatbestand der "Liebhaberei" schnell zur Hand sind, um Vermietern den Abzug von Werbungskosten zu beschneiden.“ Da ich diese Erfahrung nicht machen konnte, bitte ich Sie mir doch mitzuteilen, welches Finanzamt in einem Mietverhältnis Einfluss auf die Mieterhöhungen nimmt – Steuergestaltungszwecke natürlich ausgenommen.“ Vielleicht wäre es von Vorteil, wenn Sie Ihre Antwort nicht hier, sondern direkt in meinem Bürgerbüro abgeben. Meine Kontaktdaten finden Sie leicht unter http://www.lothar-binding.de/
Hoffentlich helfen Ihnen meine Antworten weiter und hoffentlich ist gut zu sehen, wie positiv die programmatischen Überlegungen der SPD auf den Wohnungsmarkt - gesetzgeberisch umgesetzt - wirken: Sie begegnen dem unfairen und fördern das faire Mietverhältnis.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Binding