Was wollen Sie dafür tun, dass der Individualverkehr in den Städten reduziert und der Verkehrsraum für Autos, Radfahrer und Fußgänger neu aufgeteilt wird?
Lieber Herr K.,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Verkehrswende ist eine der grünen Herzensprojekte. Sie ist nicht nur notwendig, um Berlin und Deutschland dem Ziel der Klimaneutralität näher zu bringen – auf den Verkehrssektor entfällt der zweitgrößte Anteil an Gesamt-Emissionen – sondern auch um Großstädte wie Berlin für alle Verkehrsteilnehmerinnen und –teilnehmer sicherer zu machen.
Grünes Ziel ist es Berlin so umbauen, dass niemand mehr ein privates Pkw benötigt, um mobil sein zu können. Ein große Herausforderung dabei ist: Fahrradwege, Trams, U-Bahnen lassen sich nicht über Nacht bauen. Es gibt lange Planungs- und Vorlaufzeiten. Trotzdem wurde in den letzten 4 Jahren unter der grünen Verkehrssenatorin einiges angeschoben: Berlin hat Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz mit hohen Standards für eine moderne und gut ausgebaute Radinfrastruktur verabschiedet. 100 Kilometer Radwege wurden bereits gebaut oder modernisiert, 15.000 Fahrradständer/Abstellplätze für Fahrräder aufgestellt und der Radverkehr durch 25 Kilometer Pop-up-Radwege sicherer gemacht.
Die finanziellen Mittel für den Ausbau der Radwege wurden seit 2016 von 5 Millionen auf 30 Millionen Euro versechsfacht und die Stellen für Radverkehrsplanung von einer Handvoll auf über 60 Planer*innen aufgestockt. Damit haben wir jetzt gute Voraussetzungen, um in der nächsten Wahlperiode weitere 100 Kilometer Radschnellwege zu schaffen, an allen Hauptstraßen sichere Radstreifen einzurichten und die Pop-up-Radwege in reguläre Radwege umzuwandeln.
Neben einer besseren Radverkehrinfrastruktur sind aber auch im ÖPNV neue Strecken, engere Takte und barrierefreie Nutzung notwendig. Hierfür hat die Berliner Landesregierung unter grüner Beteiligung die Ausgaben für die BVG um fast 80 Prozent, von rund 310 Millionen Euro 2017 auf rund 550 Millionen Euro 2021 erhöht. Auf dieser Grundlage soll die U-Bahn- und Busflotte der BVG modernisiert und das Angebot ausgebaut werden. Neue Fahrzeuge, mehr E-Busse, mehr Strecken, dichtere Takte und mehr Verlässlichkeit sollen den Öffentlichen Personennahverkehr in Berlin attraktiver machen und mehr Menschen überzeugen, ihr Auto stehen zu lassen. Dafür wurden die Mittel noch einmal auf durchschnittlich 800 Mio. Euro/Jahr erhöht. Grünes Ziel ist es bis 2035 28 Milliarden Euro für den Ausbau des ÖPNV zur Verfügung zu stellen und die Taktung von Bus und Bahn verdichten: In dicht besiedelten Quartieren, soll alle fünf Minuten und in weniger dicht besiedelten Quartieren alle zehn Minuten einen Anschluss bereit stehen.
Parallel dazu erweitern wir kontinuierlich das Liniennetz der Tram: z.Z. sind über 10 Tramlinienverlängerung in Planung bzw. Bau. Außerdem setzen wir uns für autofreie Kieze und Kiezblocks ein: Wir wollen Autos aus Straßenzügen und Kiezen rausholen und Platz schaffen. Weniger Abgase und Lärm, mehr Platz zum Spielen und Flanieren.
Und auch im Bund wollen wir Grünen mit einem Bundesmobilitätsgesetz nach der Bundestagswahl die Grundlagen für eine Verkehrswende schaffen. Statt eines Verkehrsmittels, des Autos, stellen wir den Menschen und seine vielfältigsten Bedürfnisse in den Mittelpunkt, vor allem die der Verletzlichsten in unserer Gesellschaft, also der Kinder, Jugendlichen, Senior*innen und Menschen mit Handicaps. Mobilitätspolitik wird konsequent an den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen, an Sicherheit, Klimaschutz, Verkehrsvermeidung, Flächengerechtigkeit, Lärmschutz und Luftqualität, sozialer Teilhabe und Geschlechtergerechtigkeit ausgerichtet. Statt wie seit Jahrzehnten einen Verkehrsträger einseitig zu bevorzugen, sorgen wir für eine faire Balance – mit einer starken Bahn, einem modernen ÖPNV und besten Bedingungen für Radfahrende und Fußgängerinnen und Fußgänger. Um diese Ziele zu erreichen, wollen wir die Pro-Kopf-Investitionen gemeinsam mit Ländern und Kommunen deutlich erhöhen.
Ich bin überzeugt: Von einer grünen Verkehrswende profitiert nicht nur das Klima. Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt ihre Ziele erreichen können. Deswegen hoffen wir auf ein starkes grünes Ergebnis in Berlin und im Bund, um möglichst viele unserer Ideen durchsetzen zu können.
Herzlichst
Ihre
Lisa Paus