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Frage von Michael H. •

Frage an Lisa Paus von Michael H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Paus,

ich habe eine Frage zum Thema des § 144 SGB XII. In vorbezeichneter Angelegenheit hat die bundesdeutsche Legislative durch Verabschiedung von § 144 SGB XII einen pandemiebedingten finanziellen Mehrbedarf von Grundsicherungsempfänger/innen grundsätzlich anerkannt.

Als betroffener Bürger hege ich allerdings größte verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich der Höhe der betreffenden Einmalzahlung, da ich weder im betreffenden Gesetzestext, noch in den diesbezüglichen Plenarsitzungen Hinweise auf die kausale Ermittlung der Beihilfenhöhe anhand von statistischen Daten und/oder zeitlichen Variablen zu entdecken vermochte.

Vielmehr erscheint der betreffende Betrag willkürlich gewählt, und gleicht somit mehr einem "freiwilligen Almosen" als einer realen Existenzsicherung auf Grundlage verifizierbarer Daten, wobei ein solches Vorgehen doch insbesondere im Bezug auf eine grundsätzliche Existenzsicherung unzulässig erscheinen müsste?

Nach jetziger Gesetzeslage fiele nach Auffassung der Legislative beispielsweise der pandemiebedingte finanzielle Mehrbedarf für einen erwachsenen, aufgrund von Schwerbehinderung und vollständiger Erwerbsminderung im gesamten Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 31.05.2021 kindergeldberechtigten, Grundsicherungsempfänger nach SGB XII exakt so hoch aus, wie der Mehrbedarf eines erst Ende April 2021 neugeborenen - und somit im Mai 2021 KG-berechtigten - Kindes, da bei Ersterem nach § 144 SGB XII Satz 3 der anerkannte Mehrbedarf durch die pandemiebedingte Familienbeihilfe als pauschal abgegolten gilt, obwohl nach bisheriger Sozialgesetzgebung die bedarfsorientierten Regelsätze eines erwachsenen Leistungsempfängers idR höher ausfallen als bei einem Kind.

Ich befürchte nun einen sozialrechtlichen Präzedenzfall, nämlich die Bedarfshöhe der Existenzsicherung zukünftig prinzipiell überhaupt nicht mehr anhand von statistischen Erhebungen ermitteln und belegen zu müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Hanke

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hanke,

vielen Dank für Ihre Frage.
Wir teilen Ihre Meinung, dass die Corona-Einmalzahlung von 150 Euro, die im Mai 2021 - über ein Jahr nach dem Anfang der Pandemie - ausgezahlt wurde, nicht ausreichend war und die durch die Pandemie entstandenen Bedarfe nicht gedeckt hat.

Deswegen haben wir Grüne wiederholt einen monatlichen Krisen-Zuschlag auf die Regelsätze von 100 Euro für Erwachsene und 60 Euro für Kinder gefordert – leider ohne Erfolg.
Da es sich bei der Einmalzahlung um einen Bonus handelt, dessen Ermittlung nicht an die Regelbedarfe gekoppelt ist, kann man hier allerdings nicht von einem sozialrechtlichen Präzedenzfall sprechen, auch wenn die niedrige Einmalzahlung willkürlich bzw. realitätsfern ist.
Dass die Regelsätze - selbst ohne Pandemie - vorne und hinten nicht zum Leben reichen, bemängeln wir Grüne und alle Wohlfahrtsverbände seit Langem. Deswegen ist es an der Zeit, Hartz IV abzulösen und durch eine sanktionsfreie Garantiesicherung mit angemessenen Regelsätzen zu ersetzen. Mit unserem Antrag „Garantiesicherung statt Hartz IV – Mehr soziale Sicherheit während und nach der Corona-Krise“ haben wir gezeigt wie das geht (https://dserver.bundestag.de/btd/19/257/1925706.pdf).

Darin fordern wir unter anderem die Weiterführung des vereinfachten Zugangs zur Grundsicherung auch nach der Corona-Pandemie, die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie eine Neuermittlung und deutliche Anhebung der Regelsätze. Denn wir wollen eine Garantiesicherung schaffen, die nicht stigmatisiert, sondern die Menschen auf Augenhöhe unterstützt, ihre gesellschaftliche Teilhabe garantiert und verdeckte Armut verringert.

Wir hoffen auf eine neue politische Mehrheit nach der Bundestagswahl im September, damit wir in Richtung einer sanktionsfreien Garantiesicherung gehen können. Dafür wird sich die Grüne Bundestagsfraktion in der neuen Legislaturperiode weiterhin einsetzen.

Herzliche Grüße
Lisa Paus

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