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Lisa Paus
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Frage von Dieter V. •

Frage an Lisa Paus von Dieter V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Paus,

ich habe erfahren, dass das zuständige Berliner Finanzamt der Petitionsplattform change.org die Gemeinnützigkeit aberkennen will. Damit würde ein wichtiges Instrument der Bürgerbeteiligung und der politischen Willensbildung stark beeinträchtigt. Ich bin ein politisch interessierter Bürger, der durch change.org die Möglichkeit hat, von Missständen zu erfahren und darauf aufmerksam zu machen, in nicht wenigen Fällen mit Erfolg. Es ist mir völlig unverständlich, warum hier die Gemeinützigkeit überhaupt in Frage gestellt werden kann. Was werden Sie tun, um diese drohende Einschränkung demokratischer Bürgerbeteiligung zu stoppen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr V.,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ihre Beunruhigung kann ich sehr gut nachvollziehen. Die Liste der zivilgesellschaftlichen Organisationen, die ihre Gemeinnützigkeit verlieren, wird leider mit jedem Monat länger. Dies ist eine Folge des sogenannten "Attac"-Urteils. In diesem entschied der Bundesfinanzhof im Februar 2019 zur Gemeinnützigkeit von attac e.V., dass gemeinnützige Organisationen, deren Vereinszweck und Geschäftstätigkeit sich nicht klar einem der in § 52 Abgabenordnung aufgeführten Zwecke zuordnen lässt, sich nicht politisch äußern und an der politischen Willensbildung teilnehmen dürfen. Die Grüne Bundestagsfraktion verlangte daraufhin, schnellstmöglich Rechtssicherheit für andere Vereine, wie change.org, zu schaffen ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/074/1907434.pdf ), doch das Bundesfinanzministerium blieb bis heute untätig.

Den Preis der Untätigkeit der Bundesregierung muss weiter die Zivilgesellschaft zahlen. Wir Grünen wollen hingegen eindeutig regeln, dass grundsätzlich auch die Einflussnahme auf die politische Willensbildung zu gemeinnützigen Zwecken erfolgen darf. Nicht nur Förderung des demokratischen Staatswesens, sondern auch die Förderung ihrer tragenden Grundsätze, wie Demokratie, zivilgesellschaftlichen Teilhabe, Gewaltenteilung, Rechts- und Sozialstaatlichkeit, soziale Gerechtigkeit sowie eine faire und gerechte Beteiligung an der Finanzierung des Gemeinwesens sollten klar gemeinnützig sein. Wir brauchen daher schleunigst eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts.

Auf der anderen Seite sollten die Transparenz von gemeinnützigen Organisationen verbessert werden. Dafür soll ein bundesweites Gemeinnützigkeitsregister eingerichtet werden, in dem jede und jeder sehen kann, ob einer Organisation der Status der Gemeinnützigkeit zuerkannt wurde. Darüber hinaus wollen wir - angepasst an die Größe und dem Umfang der Betätigung - einfach handhabbare, standardisierte Transparenzpflichten für gemeinnützige Organisationen und Regeln zur Offenlegung der Spenderstruktur einführen.

Herzliche Grüße
Lisa Paus

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