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Lisa Paus
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Heinrich S. •

Frage an Lisa Paus von Heinrich S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Paus,

auch der zweite Diesel-Gipfel zeigt, dass meine Gesundheit als Bürger Charlottenburgs nicht ernst genommen wird. Gleichzeitig hat Ihre Partei zusammen mit der SPD und der Linken Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz verhandelt und nun als Senatsentwurf vorgelegt. Da Sie meine Wahlkreis-Kanadidatin sind, würde ich gerne von Ihnen wissen, für was Sie sich einsetzen werden:

Kann ich mir sicher sein, dass Sie das Mobilitätsgesetz in Ihren Berliner Grünen- und Politik-Kreisen unterstützen werden?

Kann ich erwarten dürfen, dass Sie als mögliche Abgeordnete sich für eine ähnlich geartete Mobilitätspolitik auf Bundesebene einsetzen, die durch sichere und attraktive Radwege Autofahrer zum Umstieg aufs Rad animiert und dadurch Fahrverbote gegenstandslos macht?

Würden Sie einen industriepolitischen Kurs mitverfolgen, der ähnlich wie Kalifornien mit scharfen Umwelt- und Klimastandards die eigene Automobilindustrie vorbeugend fit für den Weltmarkt von morgen macht?

Ich wäre Ihnen sehr dankbar über Ihre Antworten, muss ich doch am 24. September mich bei meiner Erststimme noch entscheiden.

Mit freundlichen Grüßen

H. S.
Berlin/Charlottenburg aus der Galvanistraße

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage. Schön, dass sie sich auch weiterhin ihrem Herzensanliegen – dem Radverkehr- widmen.

Das neue Mobilitätsgesetz hier in Berlin, einschließlich des deutschlandweit einzigartigen Radverkehrsgesetzes, ist ein großer Erfolg grüner Politik und wurde selbstverständlich auch auf Bundesebene bei den Grünen durchweg positiv aufgenommen. Ich finde es wichtig und sehr gut, dass gerade Berlin hier vorausgeht und Alternativen aufzeigt, denn der Verkehrssektor stellt eine enorme Herausforderung für die deutsche Klimapolitik dar. Das stetig steigende Verkehrsaufkommen im Güter- und Personenverkehr und eine fast vollständige Abhängigkeit von Mineralölprodukten zeigen die dringende Notwendigkeit die Treibhausgasemissionen in diesem Sektor zu reduzieren. Die CO2-Emissionen sind heute nicht niedriger als vor zehn Jahren. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur sterben hierzulande jedes Jahr mehr als 10.000 Menschen vorzeitig aufgrund der Luftbelastung durch Stickstoffdioxid (das sind mehr als doppelt so viele Opfer wie von Verkehrsunfällen). Diesel-Pkw sind für zwei Drittel dieser Emissionen verantwortlich.

Das Radverkehrsgesetz hier in Berlin, sowie das vor kurzem vorgestellte Mobilitätsgesetz werden dazu beitragen, den Autoverkehr zu entlasten und den Verkehr in Berlin bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Wenn mehr Menschen ihr Auto stehen lassen und auf alternative Angebote ausweichen, dann ist für alle mehr Platz für die Fahrradfahrer, Fußgänger und die Autofahrer. Immer mehr Menschen sind bereits in meinem Bezirk mit dem Fahrrad unterwegs. Dafür brauchen wir eine bessere Infrastruktur mit Abstellanlagen, Fahrradparkhäusern, sicheren Radspuren und abgetrennten Radwegen. Dafür stellt Charlottenburg-Wilmersdorf im Bezirk zwei Planer*innen ein, um die vom Senat für Berlin bereitgestellten Mittel von 10 Millionen Euro in diesem Jahr verbauen zu können. Die Koalition in Berlin hat sich darauf verständigt, in diesem Jahr zusätzlich zehn Millionen Euro zum Ausbau der Radinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Im kommenden Jahr sollen es 40 Millionen sein, 2019 51 Millionen. Dadurch sollen unter anderem schrittweise ein lückenloses Radverkehrsnetz mit Fahrradstraßen und Vorfahrt für Radfahrer*innen an bestimmten Kreuzungen, Radverkehrsanlagen an allen Hauptverkehrsstraßen, 100 Kilometer Radschnellverbindungen und 100.000 Fahrradabstellplätze bis 2025 finanziert werden.

Ähnlich wie in Berlin ist die Verkehrswende in ganz Deutschland dringend nötig. Wir brauchen wir neue, grüne und intelligente Verkehrs- und Mobilitätskonzepte, die zur Entlastung des klassischen Individual – und Autoverkehrs beitragen. Die Zukunft fährt elektrisch mit erneuerbarem Strom und ist intelligent vernetzt. Wir wollen mit einer Investitionsoffensive „Grüne Mobilität“ den Bahnverkehr stärken und neben dem Deutschlandtakt im Schienenverkehr alle Verkehrsangebote nahtlos und nutzerfreundlich in Form eines benutzerfreundlichen und einfachen Grünen Mobilitätspasses miteinander verknüpfen. Auf Bundesebene arbeite ich derzeit an der Idee Grüne Mobilpass mit. Idee ist es die Verkehrsangebote zu vernetzen: Bahn, ÖPNV, Radverkehr und Carsharing alles mit einem Zugang per App oder Karte nutzen. 130 Verkehrsverbünde miteinander verbinden, endlich den Tarifdschungel zu lichten, sodass man mit einem Ticket von Haustür zu Haustür kommt. All das und gleichzeitig günstiger Angebote schaffen, für Schüler*innen, Senior*innen, junge Familien und Menschen mit wenig Einkommen. Der MobilPass würde nicht nur das Klima und den Geldbeutel, sondern auch noch Nerven schonen.

Sie haben vollkommen Recht, wir sollten unbedingt in die neue Mobilität und Zukunft investieren, um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge noch abzuwenden. Es muss jetzt etwas passieren, denn keiner kann doch ernsthaft solche Fahrverbote für Innenstädte wollen! Das Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts, dass Diesel-Fahrverbote bei entsprechender Überschreitung der Grenzwerte als letzte Lösung zulässig sind, hat der Bundesregierung und der Autolobby klare Grenzen aufgezeigt. Die Gesundheit der Menschen ist ein höheres Gut als die Gewinne der Automobilkonzerne. Es zeigt sich erneut: die Arbeitsverweigerung vom Bundesverkehrsminister wird den Menschen im Land zum Verhängnis. Wenn jetzt auch die Besitzer von Dieselfahrzeugen nachhaltig verunsichert sind und tatsächlich Fahrverbote erlassen werden müssen, geht das in erster Linie auf die Kappe von Alexander Dobrindt. Anstatt sich als Schutzheiliger der Automobilbranche zu verstehen, wäre es die Aufgabe von Dobrindt und der ganzen Bundesregierung gewesen, sich für eine ökologische Industriepolitik, saubere Luft in den Städten und die Interessen der geschädigten Verbraucherinnen und Verbraucher frühzeitig einzusetzen.

Das gleiche gilt auch für die langfristige Ausrichtung des deutschen Automobilstandorts. Es geht um die Leitindustrie schlechthin, an der 800.000 Jobs mitsamt den Familien hängen. Herr Dobrindt hat sich als zuständiger Minister die letzten vier Jahre praktisch ausschließlich mit der absurden Maut beschäftigt, anstatt hier die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen. Es reicht nicht ein bisschen am Diesel rumzudoktern, sondern wir müssen uns damit beschäftigen, was nach dem Verbrennungsmotor kommt. Es ist ein Armutszeugnis, was wir an Elektromobilitätspolitik in den letzten Jahren erlebt haben. Die Kanzlerin musste ihr Ziel eine Million E-Fahrzeuge aufgeben. Wir fallen hinter Ländern wie Norwegen, China, Kalifornien deutlich ab. Wir brauchen in Deutschland einen wirklichen Aufbruch zur Mobilität, zur E-Mobilität. Wenn in Zukunft hier noch Autos produziert werden sollen, dann muss jetzt etwas passieren. Deshalb schlagen wir unter anderem die Einrichtung einer „Zukunftskommission Umweltfreundliche Mobilität“ unter Vorsitz von Klaus Töpfer, dem ehemaligen Umweltminister unter Helmut Kohl, vor.

Ich hoffe Ihnen all Ihre Fragen, zumindest teilweise, beantwortet zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Ihre
Lisa Paus

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