Frage an Lisa Paus von Thea S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Paus,
was sagen Sie hierzu? Vor vier Jahren wurde bei mir eine äußerst seltene, nicht heilbare Krankheit diagnostiziert, die mich erwerbsunfähig machte. Noch habe ich das gesetzliche Rentenalter nicht erreicht, also legte man mir nahe, zusätzlich zur zu niedrigen EU-Rente auch Grundsicherung zu beantragen. Gesagt, getan. Seit Jahren vegetiere ich - nach vielen Jahren der Berufstätigkeit, oft auch sehr gut bezahlt, aber auch mit Lücken - auf Hartz-IV-Niveau. Denn die Differenz zwischen meiner Rente und der Grundsicherung ist genau so "hoch", dass ich bis auf zwei Stellen hinterm Komma letztlich nichts anderes erhalte als Hartz IV. Mit diesem "Schicksal" stehe ich absolut nicht allein. Es macht mich aber wütend zu sehen, wie hier im Kiez immer mehr Menschen um die 20 sich keinen Kopf machen: "Was ich vom Amt bekomme, reicht mir..." Mir und vielen anderen reicht das nicht.
Bei der Verkündung der "Agenda 2010" stand Ihre Parteikollegin Göring-Eckardt lächelnd neben den Herren Schröder und Hartz. Irgendwann habe ich ihr eine Mail geschrieben (mindestens drei Jahre her) und nie eine Antwort erhalten.
Wie sehen Sie diese Ungleichbehandlung per Gesetz?
Viele Grüße, T.S.
Sehr geehrte Frau S.,
es tut mir leid, dass Sie einen solch schweren Schicksalsschlag verkraften und ihren Beruf aufgeben mussten. Und ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass unser derzeitiges Rentensystem gerade Menschen, die vorzeitig oder für eine gewisse Zeit aus dem Berufsleben ausscheiden müssen, nicht ausreichend vor Altersarmut schützt. Das ist ein Missstand, der dringend angegangen werden muss!
Menschen, die einen großen Teil ihres Lebens rentenversichert waren, gearbeitet, Kinder erzogen oder andere Menschen gepflegt haben, sollen auch angemessen von ihrer Rente leben können. Deswegen möchten wir Grüne mit der Garantierente ein Mindestniveau in der Rentenversicherung einführen. Die Garantierente ist steuerfinanziert und die Höhe wird oberhalb der Grundsicherung liegen. Private und betriebliche Vorsorge werden auf unsere Garantierente nicht angerechnet. Das heißt dass alles, was fürs Alter angespart wurde, bei Inanspruchnahme der Garantierente behalten werden kann. Und die private oder betriebliche Altersvorsorge kommt zusätzlich auf die Garantierente oben drauf.
Wenn Menschen aufgrund von Krankheit, eines Unfalls oder eines anderen Schickschalschlags nicht mehr arbeiten können, sollen sie nicht länger auch noch dafür bestraft werden. Deshalb wollen wir die Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente abschaffen.
Wichtig ist es aber auch, unser Rentensystem grundsätzlich auf eine solide Basis zu stellen. Um sicherzustellen, dass das Rentenniveau in Zukunft nicht weiter absinkt und gleichzeitig Rentenniveau und Beitragssatz in einem angemessenen Verhältnis bleiben. Um die gesetzliche Rente finanziell besser aufzustellen, will Bündnis 90/Die Grünen den ersten Schritt hin zu einer Bürger*innenversicherung gehen – einem solidarischen Rentenversicherungssystem, das alle miteinschließt und alle abdeckt. Hierfür wollen wir die nicht anderweitig abgesicherten Selbständigen, Minijobber*innen, Langzeitarbeitslose und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. In einem späteren Schritt sollen dann auch Freiberufler*innen und Beamt*innen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlen. Versicherungsfremde Leistungen wollen wir aus Steuermitteln bezahlen. So stärken wir die gesetzliche Rente, indem wir dafür sorgen, dass sie solidarisch finanziert wird.
Auch wenn ich an Ihrer persönlichen Situation nichts ändern kann, hoffe ich Ihnen mit meiner Antwort vermittelt haben zu können, dass das Problem der Altersarmut von Bündnis 90/Die Grünen erkannt wurde und wir uns viele Gedanken darüber machen, wie die Rente wieder sicher und verlässlich gemacht werden kann.
Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen
Ihre
Lisa Paus