Frage an Lisa Paus von Thomas S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Paus,
ich finde es sehr löblich, dass Sie sich im Fall von Herrn Reeger persönlich um eine Lösung bemühen möchten. Diese individuelle Regelung führt sicherlich zu einer Verbesserung der Versorgung des Sohnes von Herrn Reeger, was ich ihm auch neidlos gönne.
Wenn ich mir jedoch die in Vollzeit arbeitenden Kollegen in meiner Firma betrachte, welche schon bei geringfügigen Veränderungen der Regelarbeitszeit (nicht immer kann man pünktlich Feierabend machen) in Panik auf die Uhr schauen um rechtzeitig ihre Kinder aus der Kita und den Schulen abzuholen, drängt sich in mir der Verdacht auf, dass es sich hier nicht um einen Einzelfall handelt.
Deshalb die Frage, ohne Ihr Engagement für Herrn Reeger in Abrede zu stellen, sollte nicht eine Lösung angestrebt werden, welche dieses Problem generell löst ? Mir sind z.B. noch keine Kitas und Schulen bekannt, die auf die Bedürfnisse von Schichtarbeitern oder Verkäufern Rücksicht nehmen. Bleibt für diese Arbeitnehmer nur noch die Entscheidung Job oder Kinder ?
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Schwede
Sehr geehrter Herr Schwede,
ich freue mich, von Ihnen zu hören, dass jedenfalls in Ihrem Betrieb die Väter ihre Erziehungspflichten sehr gerne und engagiert wahrnehmen. Das hört man/frau ja leider nach wie vor viel zu selten. Und das schien ja auch das Problem von Herrn Reeger zu sein, nämlich dass er der einzige in dieser Schule ist, der eine mit Berufstätigkeit vereinbare Kinderbetreuung benötigt.
Ich gebe Ihnen ansonsten nicht nur im Grundsatz völlig Recht, sondern kann an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir Grünen (im übrigen als einzige Partei) im Zusammenhang mit der Debatte um die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten immer darauf hingewiesen haben, dass diese Liberalisierung viele VerkäuferInnen plötzlich vor ein kaum lösbares Betreuungsproblem ihrer Kinder stellen würde und wir deshalb die Liberaliserung der Ladenöffnungszeiten an die Bedingung knüpfen, dass für ein entsprechendes Betreuungsangebot der Kinder Sorge getragen wird - sei es durch die Unternehmen selbst oder durch eine Vereinbarung mit der öffentlichen Hand. Die gesellschaftlichen Kosten der Flexibilisierung der Arbeitszeit sollten zumindest zum Teil aufgefangen werden. Schließlich leben wir nicht um zu arbeiten, sondern arbeiten, um zu leben!
Lisa Paus, MdA